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Hannibals Elefantenmädchen Buch Eins
Hannibals Elefantenmädchen Buch Eins

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Hannibals Elefantenmädchen Buch Eins

Язык: Немецкий
Год издания: 2021
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Ich wollte zustimmen und wusste bereits, welchen Namen ich gerne hätte, aber ich hielt den Mund. Obwohl ich mich nicht daran erinnerte einen Namen zu haben, war ich mir bewusst, dass Kinder, besonders Mädchen, nicht den Mund aufmachen sollten.

Woher weiß ich das?

Jedes Mal, wenn ich versuchte mich an irgendetwas zu erinnern, entglitt mir meine Erinnerung wie eine verängstigte Taube, die in und aus einem nebligen Dunst huschte.

Yzebel beobachtete mich, wartete augenscheinlich auf eine Antwort, aber sie behielt auch ihre Geduld, als ob sie wusste, dass ich mit meinen Gedanken kämpfte.

Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.

Vielleicht sollte ich Yzebel von dem Namen erzählen, den ich für mich will.

Mein Magen fühlte sich besser an, aber mein Kopf schmerzte. Als ich blinzelte, wirbelten kleine schwarze Punkte vor meinen Augen, verschwanden, erschienen dann wieder mit dem Schmerz. Ich schüttelte meinen Kopf, versuchte meine Sicht zu klären.

»Möchtest du eine Geschichte hören, während ich koche?«, fragte Yzebel.

»Ja.« Ich griff nach meiner Schüssel Contu Luca. »Bitte.«

»Diese Geschichte ist über unsere Muttergöttin, Königin Elissa. Vor vielen, vielen Sommern, sogar vor der Lebzeit des Großvaters meines Vaters, kam Königin Elissa, welche die Römer Dido nennen, von ihrem alten Heimatland weit im Osten an die Gestade von Byrsa. Sie fragte dasVolk, das hier lebte, nach einem kleinen Stück Land, wo sie sich mit den wenigen Gefolgsleuten, die mit ihr über das Meer gewandert waren, niederlassen konnte. Das Oberhaupt dieser gewitzten und betrügerischen Menschen sagte zu Königin Elissa: ›Du kannst die Menge Land haben, die durch die Haut eines einzelnen Ochsen umschlossen werden kann, und der Preis wird ein Talent Silber sein.‹«

»Talent?« Ich stand auf, um meine leere Schüssel auf den Tisch zu stellen. »Was ist …?«

Alles, um mich herum verschwamm und wirbelte. Der letzte Blick, an den ich mich erinnerte, war Yzebel, die nach mir griff.

* * * * *

Als ich aufwachte, lag ich auf weichen Tierfellen am Feuer, wobei Tendaos Umhang über mir ausgebreitet war. Die graue Planeoberhalb flatterte sanft in der Brise und eine Frau saß an meinen Füßen, beobachtete mich.

»Wie fühlst du dich?«, fragte die Frau.

Ich setzte mich langsam auf, versuchte zu verstehen, was passiert war. Das Innere meines Kopfs summte wie ein Schwarm wütender Bienen. Als ich mich umblickte, klärte sich mein Verstand, aber alles schien seltsam; das knisternde Feuer, der strenge Rauch, der sich in meine Richtung verflocht, und die Tische, die das Kochfeuer wie steifbeinige Tiere umringten, die geduldig darauf warteten gefüttert zu werden. Gelbes Sonnenlicht neigte sich tief über die Baumspitzen, badeten alles in Gold und Bernstein. Das Gesicht der Frau leuchtete im Schein des späten Nachmittags.

Ich erinnerte mich daran, dass sie Yzebel war.

Ich zog den Umhang über meine Schultern, streckte meine Arme, berührte dann meinen Hinterkopf. Die Beule war zurückgegangen und war nicht so schmerzhaft wie zuvor.

»Gut«, sagte ich. »Ich fühle mich gut.« Ich hielt für einen Moment inne, hatte Mühe mich zu erinnern. »Du hast mir eine Geschichte über eine Königin und einen Ochsen erzählt, aber ich erinnere mich nicht an das Ende.«

»Erinnerst du dich gefallen zu sein?«

»Nein.«

»Du hast den ganzen Tag geschlafen«, sagte Yzebel.

»Es tut mir leid.«

»Es muss dir nicht leidtun. Du warst ausgelaugt.«

»Bitte, kannstdu mir die Geschichte noch einmal erzählen?«

»Werde ich.« Yzebel erhob sich. »Aber zuerst will ich, dass du aufstehst, so dass ich sehen kann, ob du ins Feuer purzeln wirst, wie du es beinahe heute Morgen getan hast.«

Als ich aufstand, nahm mich Yzebel bei den Schultern, beobachtete meine Augen.

»Wirst du hinfallen?«, fragte sie.

Ich schüttelte meinen Kopf, blickte dann auf meine leere Schüssel auf dem Tisch.

»Hungrig?«

»Ja.«

Yzebel füllte die Schüssel zu Hälfte mit dem Contu Luca und reichte sie mir. Ich setzte mich ans Feuer, während sie den großen Topf umrührte und mir die Geschichte von Königin Elissa von Anfang an erzählte.

Als sie zu dem Teil über das Silber kam, fragte ich: »Talent? Was ist …?«

Yzebel schaute mich mit einem Ausdruck der Besorgnis an, dachte vielleicht, dass ich wieder in Ohnmacht fallen würde, aber dann grinste ich sie an. Sie lächelte und fuhr fort.

»Ein Talent ist ein großer Barren Silber.« Sie nahm ihr Messer. »Zweimal die Länge meines Messers und gleicht dem Gewicht, das ein Mann einen Tag lang tragen kann. Sein Wert ist der von sechs Kriegselefanten, oder vielleicht sieben.« Sie nahm eine Karotte aus dem Korb und schnitt sie scheibenweise in den riesigen Topf. »Unsere Elissa war sehr schön, mit langen, fließenden Locken und einem liebreizenden Lächeln, aber sie war nicht so begriffsstutzig, wie sie diesen einfachen Eingeborenen vielleicht erschienen sein mochte. Nach etwas Nachdenken nahm sie ihr Angebot an. Dann, mit der Hilfe ihrer Dienerinnen, fuhr sie damit fort eine Ochsenhaut in viele dünne Steifen zu schneiden. Königin Elissa legte dann diese Streifen Ende an Ende in einem breiten Bogen, der sich vom Meeresufer um einen Hügel herum und auf der anderen Seite zurück zum Ufer erstreckte.

»›Ich werde dieses Land haben, das jetzt von der Haut eines einzigen Ochsens umschlossen ist‹, sagte Elissa zum Oberhaupt dieses Volkes.

»Da sie sahen, dass sie überlistet wurden, gaben die Eingeborenen ihr widerwillig das Land und wünschten ihr Glück dabei eine Siedlung aufzubauen. Sie gingen mit dem Talent Silber weg, um über ihrem Verlust zu brüten.

»Elissa hatte sich einen Abschnitt des Küstenstreifens ausgesucht, der einen der ausgezeichnetsten natürlichen Häfen enthielt, den es entlang der ganzen südlichen Küste des Thalassa Meeres, von den Römern Mare Internum genannt, gab. Das würde sich später als sehr vorteilhaft für Königin Elissa und die Siedlung, die sie Neue Stadt benannte, was unser Karthago ist, erweisen.«

Der Junge, der mich mit seinem Stock im Wald bedroht hatte, kam zu Yzebel. Ich war überrascht ihn zu sehen und wunderte mich, warum er an ihr Feuer kam.

Er griff in den Topf für einen Fleischbrocken, aber Yzebel packte seine Hand und schob sie weg.

»Schau, wie dreckig deine Hände sind. Du weißt es besser.«

»Ich bin hungrig.«

»Du kannst wie der Rest von uns warten. Hast du das Feuerholz zu Bostar gebracht, wie ich es dir gesagt habe?«

Er nickte, aber seine Augen lagen auf mir und meiner Schüssel Contu Luca. »Sie hat Tendaos Umhang gestohlen.«

»Nein, hat sie nicht.«

Ich nahm ein großesFleischstück aus meiner Schüssel und biss hinein. Ich studierte den Jungen, der älter als ich zu sein schien, vielleicht einen Sommer. Im Gegensatz zu Yzebels braunen Augen waren seine ein seichtes Grau.

Was ist die Farbe meiner Augen? Ich hoffe, dass sie braun wie ihre sind.

»Warum trägt sie ihn dann?«, fragte der Junge mit weinerlicher Stimme. Sein Verhalten Yzebel gegenüber war unwirsch und er grinste mich spöttisch an, als ob ich ihn anwiderte.

Yzebel schlug ihren Holzlöffel so heftig auf den Rand des Topfs, dass ich dachte, er würde zerbrechen. Sie blickte dann den Jungen finster an, bis er seine Augen senkte.

»Wenn du nicht lernst deine Zunge im Zaum zu halten, wird jemand diesen gehässigen Dolch aus deinem Mund schneiden. Hast du mich verstanden?«

»Ja«, sagte er, während er mich aus den Augenwinkeln anfunkelte.

Glaubt er, dass ich die Schuld an seiner Schelte habe? Er hat eine gemeine Zunge und verdient, was er bekam. Ich nahm eine weitere Rübe aus dem Korb. Möglicherweise hat er nichts aus Yzebels Worten gelernt, aber ich. Und von der Art und Weise, wie sie ihn behandelte,denke ich, dass er ihr Sohn sein könnte, möglicherweise Tendaos Bruder. Zu schade, dass er absolut nicht wie der junge Mann war.

Ich wollte mehr von Königin Elissa und ihren fließenden Locken, ihrem liebreizenden Lächeln und schlauen Gepflogenheiten hören, aber wollte nicht, dass Yzebel ihre Geschichte weiterführte, wenn der Junge anwesend war. Ich wollte, dass sie mir allein erzählt wurde, dass ich sie hatte, um sie bis zu dem Tag zu behalten, wenn ich sie an ein anderes törichtes kleines Mädchen weitergeben konnte, das kein Wissen über schöne Dinge hatte.

Ich war damit fertig die Schale der Rübe abzuschneiden, und nachdem ich sie in den Topf geschnitten habe, blickte ich zu Yzebel hoch und deutete auf den Korb. Sie nickte und ich nahm eine weitere heraus, um daran zu arbeiten.

Der Junge wischte seine Hände an seiner Tunika ab, nachdem er sie gewaschen hatte, und kniete sich in den Schmutz. Er griff nach einer Rübe und schälte sie mit einem Messer, das er aus einer Scheide an seinem Gürtel zog.

»Jabnet«, sagte Yzebel. »Siehst du, wo die Sonne ist?«

Sein Name ist also Jabnet. Ein dummer Name für einen dummen Jungen. Der Name, den ich für mich ausgesucht habe, ist viel besser und auch nobel, vielleicht sogar majestätisch.

Jabnet schaute nach Westen, wo die Sonne am entfernten Ende des Lagers bereits hinter die Baumkronen gefallen war. »Ja, Mutter.«

Er war beinahe so groß wie seine Mutter und, wenn er gelegentlich lächeln würde, könnte er vielleicht sogar ansehnlich sein. Aber sein bitterer Gesichtsausdruck verdarb seine ganze Person.

»Was ist jeden Tag deine Aufgabe, wenn die Sonne untergeht?«

»Die Tische säubern.« Seine Schultern sackten zusammen und er starrte zu Boden. »Und die Trinkschalen, den Wein und die Lampen herausstellen.« Er ließ die zum Teil geschälte Rübe wieder in den Korb fallen und wischte sein Messer an seinem Ärmel ab.

»Muss ich dir jeden Tag zu dieser Zeit sagen, was du tun sollst?«

»Nein, Mutter.«

Jabnet schaute mich finster an und schob das Messer wieder in seine Scheide. Als er sich umdrehte, um seinen Pflichten nachzugehen, trat er mit seiner Sandale absichtlich auf meinen nackten Fuß. Der Rand seiner Sandale schnitt in die Oberseite meines Fußes, aber ich weigerte mich ihm die Genugtuung zu geben mich aufschreien zu hören oder mich bei seiner Mutter zu beschweren.

»Nachdem die Soldaten kommen«, sagte Yzebel, »werden wir für dich einen Platz zum Schlafen machen. Würdest du heute Nacht gerne in meinem Zelt bleiben?«

»Soldaten?«

Ich mochte sie nicht. Sie waren gemein und abstoßend. Ich wusste, dass sie sich über mich und den armen Obolus, den Elefanten, lustig machen würden. Ich konnte all den Hohn wegstecken, den sie über mich häufen wollten, aber Obolus konnte sich nicht länger verteidigen. Sie schnitten ihn gerade wahrscheinlich auseinander und kochten sein Fleisch über ihren Feuern, während sie sich gut über seine Dummheit amüsierten. Das große Tier tat mir leid und es machte mich traurig darüber nachzudenken, dass ich der Grund seines Todes war.

»Ja«, sagte Yzebel. »Am Abend kommen die Männer in das Lager, suchen nach … ähm … Vergnügen, dann kommen ein paar hierher für etwas zu essen. Ich mache immer Essen für sie, und wenn sie es mögen, lassen sie mir ein paar Kupfermünzen oder Schmuckstücke von ihren Eroberungen auf dem Schlachtfeld da.«

»Und wenn sie dein Essen nicht mögen?«

»Nun ja, dann werfen sie Dinge herum und zerbrechen meine Töpferwaren.« Sie schaute mich an und muss meinen gedankenvollen Ausdruck gesehen haben. »Ich scherze nur«, sagte sie. »Sie wissen es besser, als Ärger an Yzebels Tischen zu machen.«

Ich war nicht sicher, was das bedeutete, aber ich wollte sicherlich nicht, dass sie jemals wieder wütend auf mich wäre, wie sie es das erste Mal war, als sie mich Tendaos Umhang tragen gesehen hat.

»Jetzt«, sagte Yzebel, »zeig mir all deine Finger.«

Ich legte die Rübe ab und hielt meine Hände mit ausgestreckten Fingern hoch. Yzebel tat das Gleiche, senkte dann die Finger ihrer rechten Hand, ließ nur den Daumen oben. Ich imitierte sie. Jetzt hatte ich alle Finger einer Hand oben, plus dem Daumen der anderen Hand.

»Das«, sagte Yzebel, »ist, wie viele Laibe Brot ich brauche.«

»Sechs.«

Sie hob eine Augenbraue. »Sehr gut. Ich bin froh, dass du Zahlen kennst.« Sie deutete auf einen großen getöpferten Krug, der in der Nähe der geöffneten Zeltklappe stand. »Nun, kannst du diese Flasche Rosinenwein zu Bostar bringen und ihm sagen, dass es von seiner guten Freundin Yzebel im Tausch für sechse Laibe seines frischesten Brots ist?«

»Ja.« Ich war begierig darauf auf jegliche Weise zu helfen, die ich konnte. »Wo ist Bostar?«

»Das Zelt des Bäckers ist nur einen Pfeilflug von hier entfernt.« Sie deutete nach Osten. »Diese Richtung. Du wirst das Brot riechen, wenn du näherkommst.« Sie zögerte, bevor sie fortfuhr. »Sei vorsichtig mit dem Krug. Ich will nicht, dass du auch nur einen einzelnen Tropfen verschüttest. Dieser Wein ist kostbar. Verstehst du …?« Sie vergaß offenbar, dass ich keinen Namen hatte.

»Obolus«, sagte ich.

Yzebels Augen wurden groß. Vielleicht verstand sie das Wort nicht. »Hast du Obolus gesagt? Er ist der große Elefant.«

»Das ist der Name, den ich für mich will.«

Jabnet lachte hinter mir und ich begriff, dass er alles gehört hatte.

»Sie ist zum Teil Elefant«, sagte er. »Ich wusste, dass etwas mit ihr nicht stimmt. Wahrscheinlich ist ihr Vater ein Elefant und ihre Mutter –«

Yzebels vernichtender Blick brachte ihn zum Schweigen. Er ging dazu zurück die Lampen mit Olivenöl zu füllen und sie mit frischen Baumwolldochten auszustatten.

»Du darfst jeden Namen wählen, den du willst«, sagte sie. »Aber denkst du, dass der Name eines Elefanten ein guter Name für dich ist?«

»Ja.«

Ich hob den schweren Krug auf und ging, um Bostar zu suchen.

Kapitel Drei


Ein weicher Holzstopfen, an Ort und Stelle gedrückt und mit einem Stück Baumwollstoff fest versiegelt, verpropfte den Ausguss von Yzebels Weinkrug. Ich drückte die schwere Flasche an mich, legte beide Hände unter die Unterseite.

Die ganzen Pfade entlang zu Bostars Zelt zog eine Vielfalt an Aktivitäten meine Aufmerksamkeit auf sich: Ein Schmied formte ein Stück schwarzen Metalls in eine Klinge; ein Gerber punzte eine Schlachtfeldaufmachung auf einen ledernen Brustharnisch; und ein Töpfer bearbeitete einen Klumpen Lehm zu einer großen Amphore.

Ein Sklavenmädchen, etwa in meinem Alter oder ein wenig jünger, stand vor einem schwarzen Zelt, benutzte eine Spinnvorrichtung, um aus Baumwolle Garn zu machen. Ein Zeichen des Besitzers war auf der Seite ihres Gesichts eingebrannt. Sie lächelte und sagte etwas, aber ich verstand ihre Worte nicht.

»Ich muss gehen und Bostar den Bäcker suchen, aber das nächste Mal werde ich anhalten, um zu reden.«

Sie gab keinenHinweis, dass sie mich gehört hat. Ich wartete, aber sie machte sich wieder an ihre Arbeit, also ging ich weiter, um den Bäcker zu besuchen.

Ich kam an eine Kurve auf dem Pfad, wo ein Weg in einem Winkel davonlief und ein weiterer sich scharf in die entgegengesetzte Richtung wand. Das Zelt des Bäckers lag irgendwo entlang des Pfads zur Linken, aber ich sah den erstaunlichsten Anblick entlang des anderen Pfads, der durch die Bäume führte.

»Elefanten!«

Gefesselt von dem Anblick und den Geräuschen so vieler Elefanten, verlagerte ich den Krug in meinen Armen und schlenderte auf sie zu. Hunderte Elefanten, groß und klein, säumten jede Seite des sich schlängelnden Pfads. Die meisten waren grau, aber manche waren dunkel, beinahe schwarz. Ein paar hatten kleine Ohren, aber viele von ihnen hatten gewaltige Ohren, welche sie wie Fächer hin und her schwenkten. Die großen Elefanten waren an Metallpfosten gekettet, die in den Boden getrieben waren, während die Elefantenbabys frei herumrannten.

Einige der Tiere fraßen Heu von Haufen in der Nähe. Ein Führer schob eine Melone in den offenen Mund seines Elefanten. Das Biest zerdrückte diese, während es seinen Kopf neigte, um die Säfte aufzufangen, schluckte dann das ganze Ding, Schale, Samen und alles. Andere brachen grüne, blättrige Zweige, die dicker als mein Arm waren, in mundgerechte Stücke, indem sie ihre Rüssel und Stoßzähne benutzten. Einige Jungen huschten mit Schläuchen mit Flusswasser vorbei, welche sie in die Kuhlen zwischen jedem Elefantenpaar gossen, die in leichter Reichweite zum Trinken waren. Ich kicherte, als ein Elefant Wasser in seinen Rüssel saugte und sich dann duschte, um sich abzukühlen.

Starke, stechende Gerüche von der großen Ansammlung von Tieren füllten die Luft, aber für mich schien es überhaupt nicht unangenehm.

Die Elefanten sahen schön aus und ihre Rüssel waren immer in Bewegung – fraßen, tranken oder packten Objekte in der Nähe.

So hat mich Obolus aus dem –

Eines der Tiere erregte meine Aufmerksamkeit. Ein langer Weg entlang der Reihe auf der Rechten stand ein Elefant, der größer als die anderen war. Er fraß von einem kleinen Heuhaufen, während er gelegentlich eine Melone nahm, die von einem Führer angeboten wurde. Ich erkannte etwas an der Artwieder, wie er sich bewegte, wenn er einen Armvoll Heu fasste und es schüttelte, bevor er es in seinen Mund stopfte. Die Form seines Kopfs und seiner Ohren sah vertraut aus.

Kann es sein?

Ich beschleunigte meinen Schritt und je näher ich dem Tier kam, desto mehr hatte ich das Gefühl, dass es Obolus sein könnte. Aber es gab so viele Elefanten, und war Obolus denn nicht tot, umgehauen von dem fallenden Stamm des alten Baums beim Fluss, hatte sich dann seinen Kopf an einem Felsblock angeschlagen, als er zusammengebrochen war? Diese Stoßzähne, die aus seinem Mund kamen – sie waren sehr lang und anmutig nach oben gebogen, was ihn von den anderen abhob.

Er war es!

»Obolus!« Ich ließ den Krug mit Wein fallen und rannte den Pfad hinab. »Obolus! Obolus!«

Die Führer, Wasserjungen und Helfer hielten an, um mich anzustarren. Der große Elefant riss seinen Kopf in meine Richtung, seine riesigen Ohren stellten sich auf. Die Melone, die er gerade zerquetscht hatte, fiel aus seinem offenen Mund. Einer der Führer trat heraus, breitete seine Arme weit aus, um mich aufzuhalten, aber ich zog meinen Kopf ein und rannte um ihn herum.

Als ich einmal mehr rief: »Obolus!«, wurden seine Augen groß und er bäumte sich auf, hob seinen Kopf hoch in die Luft und trompetete durch seinen Rüssel.

»Obolus, du lebst.«

Er versuchte von mir wegzukommen, aber sein linker Vorderfuß war an einen Metallpfosten gekettet, der in den Boden getrieben war. Er wich auf die Länge der Kette zurück, schüttelte noch immer seinen gewaltigen Kopf und brüllte.

»Ich bin so froh dich zu sehen.«

Er stampfte auf die Erde und entließ ein tiefes Rumpeln, was all den anderen Elefanten Angst machte und sie dazu brachte an ihren Ketten zu ziehen und zu brüllen. Die Führer schrien und rannten herum, versuchten sie zu beruhigen. An der Straße hoch und runter breitete sich von einem verängstigten Tier zum nächsten Schrecken aus und bald war der ganze Ort in Aufruhr. Die nicht angeketteten Elefantenbabys rannten herum, wobei ihre kleinen Rüssel in die Luft erhoben waren, quiekten und trappelten umher, als ob Baal, der Gott der Stürme, hinter ihnen herjagte.

Ich stand wie gelähmt da. Das riesige Biest stampfte und brüllte, schickte Wellen der Furcht durch mich, aber sein Verhalten schien wie eine gekünstelte Machtdemonstration. Als ich meine Hand ausstreckte und auf ihn zutrat, schüttelte er seinen gewaltigen Kopf und versuchte zurückzuweichen. Der Metallpfosten lockerte sich, als er an der Kette zog, und es schien, dass er vielleicht nachgeben könnte, aber dann ließ er ab und streckte seinen Rüssel in Richtung meiner Hand aus. Ich hörte, wie er Luft holte, dachte, dass er vielleicht meinen Geruch untersuchte, zu verstehenversuchte.

In dem Wissen, dass seine riesigen Füße mich wie eine Maus unter einem umfallenden Baum zerquetschen könnten oder er mich mit seinem Rüssel niederschlagen könnte, holte ich tief Luft, ging zu ihm und tätschelte sein Bein.

»Ich dachte, du wärst tot, und ich habe dir niemals dafür gedankt, dass du mich aus dem Fluss gezogen hast. Du hast mein Leben gerettet.«

»Weg von meinem Elefanten!«, schrie jemand.

Ich ignorierte den Mann und blickte zu einem von Obolus’ großen braunen Augen hoch. Er war so groß, dass zwei Männer, die auf den Schultern des anderen standen, kaum die Oberseite seines Kopfs berührenkönnten. Er machte weiterhin drohende Geräusche, aber sie wurden sachter, als er seinen Kopf drehte, um auf mich herabzuschauen. Wenn er es wollte, könnte er einfach seinen Fuß heben und mich über den Pfad treten, aber er bewegte das Bein nicht dorthin, wo ich stand. Er stampfte mit dem angeketteten Fuß jedoch weiter auf den Boden und zog gegen die metallene Einschränkung.

Grobe Hände packten meine Schultern, zogen mich weg.

»Lass mich in Ruhe!«, brüllte ich.

»Du erschreckst die ganzen Tiere«, schnauzte der Mann mich an. »Ein nutzloses Mädchen hat kein Recht darauf hier herunter zu rennen, ihnen Angst zu machen. Sieh, was du getan hast. Der ganze Ort ist in Aufruhr.«

Als er mich zurückzerrte, trat und kämpfte ich. »Lass mich los!«, brüllte ich.

»Ich werde deinen dünnen, kleinen Hals brechen, wenn du nicht aufhörst zu schreien.«

Er packte mich mit beiden Händen, verengte seine Finger um meiner Kehle, würgte mich. Ich krallte nach seinen Handgelenken, versuchte seine Hände wegzuziehen, aber er war zu stark. Mein Herz hämmerte und meine Brust hob sich schwer, während ich darum kämpfte zu atmen.

Der Mann drehte mich herum, wandte Obolus seinen Rücken zu. »Warum kommt ein dummes Kind hierher, schreit und –«

Seine Worte wurden abgeschnitten und seine Finger lockerten sich um meine Kehle. Obolus’ Rüssel schlang sich dann um die Taille des Mannes und hob ihn vom Boden.

»Nein, Obolus!«, krächzte ich. »Setz ihn ab.« Ich rieb meine Kehle und spürte die Handabdrücke des Mannes, wo er meinen Hals umklammert hatte.

Obolus hielt den brüllenden Mann kopfüber, hoch in der Luft. Die Tunika des Mannes fiel über seinen Kopf herunter und ein Stock stürzte aus seinem Gürtel, während er trat und versuchte den Rüssel des Elefanten zu packen.

Ich blickte auf den Stock. Er hatte die Länge meines Unterarms, war mit Gold besetzt und hatte komplizierte Reben und Blätter eingeschnitzt. Das Gold an einem Ende war in einen kleinen stumpfen Haken geformt und das gegenüberliegende Ende war flach. Der Stock sah wie eine Art von Schlagstock aus. Ich bemerkte, dass ein paar andere Männer ähnliche Stöcke hatten, aber ihre waren mit Silber oder Kupfer anstatt Gold besetzt.

Einige Männer rannten mit ihren langstieligen Haken herbei, aber anstatt Obolus dazu zu bringen den Mann loszulassen, begannen sie zu lachen. Das brachte den Mann sogar noch mehr auf.

»Schlagt ihn!«, brüllte er. »Tötet ihn. Holt mich hier runter.«

Die Männer lachten nur und zeigten auf den baumelnden Mann. Sogar die Wasserjungen kamen, um den Spaß zu beobachten.

»Obolus!«, brüllte ich und klatschte gegen sein Bein. »Bitte tu ihm nicht weh.«

Der Elefant kippte seinen Kopf, um mich anzuschauen. Ich streckte meine Hand weit nach oben und tätschelte den unteren Teil seines Ohrs. Er blinzelte, schaute den Mann für einen Moment an, dann zu mir herunter.

Ich wusste, dass es nur ein wenig Druck von Obolus riesigem Rüssel brauchte, um das Leben aus dem Mann zu drücken.

»Setz ihn ab.« Meine Stimme brach, klang überhaupt nicht kraftvoll.

Obolus senkte den Mann zu Boden, gab seinen Griff frei. Der Kerl fiel in den Schmutz, landete schwer auf der Hüfte, fiel dann flach auf seinen Rücken. Zwei Arbeiter knieten sich hin, versuchten ihm aufzuhelfen.

»Das ist besser«, sagte ich zu Obolus und nahm das Ende seines Rüssels in meine Hände, blickte dann zu ihm hoch. »Ich danke dir noch einmal, dass du mein Leben gerettet hast, aber dieser Mann war nur wütend, weil ich dich und die anderen Elefanten aufgebracht habe.«

Der Mann auf dem Boden keuchte nach Atem, während der Aufruhr entlang des Pfads sich beruhigte. Die Elefantenbabys hörten auf zu rennen und senkten ihre Rüssel, um mich und Obolus zu beobachten, der das Ende seines Rüssels an meine Wange legte, um mein Gesicht und meine Haare zu beschnüffeln.

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