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Das Herz Der Zeit
Das Herz Der Zeit

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Das Herz Der Zeit

Язык: Немецкий
Год издания: 2019
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„K.L. University.“ Seine alte Stimme klang zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder überrascht, als er las, dass alles zur Gänze bezahlt werden würde, auch die Kosten für das Studentenheim, wo sie untergebracht werden sollte. Der Brief war unterschrieben vom Gründer der Universität mit den Initialen K.L.

Opas gealtertes Gesicht erhellte sich mit dem strahlendsten Lächeln seit langer Zeit. Kyoko würde überglücklich sein. Er wusste, dass sie Angst gehabt hatte, dass sie dadurch, dass sie so viel von der Schule verpasst hatte, überhaupt keinen Studienplatz bekommen würde, und nun würde sie auf eine Universität gehen, die alle anderen in der Region übertraf.

Er runzelte nachdenklich die Stirn... Es war die Uni wo es am schwersten war, hinein zu kommen, denn er kannte niemanden, der sich dort jemals mit Erfolg beworben hatte. Es wurde auch erzählt, dass sie nur sehr wenige Studenten hatte, aufgrund der extrem hohen Bewerbungsanforderungen. Wie hatte sie es geschafft, an einer Uni angenommen zu werden, wo sie sich nicht einmal beworben hatte?

Seine Gedanken wanderten zwei Jahre zurück in die Vergangenheit. Kyoko hatte eine Weile gebraucht, bevor sie sich wieder richtig eingelebt hatte, nachdem sie so völlig desorientiert von dem Schreinhaus zurückgekommen war. Sie waren alle verwirrt gewesen, als sie plötzlich zurückgekehrt war, denn sie hatte kaum Erinnerungen an die Zeit gehabt, in der sie weg gewesen war.

Die Hogo-Familie wusste ungefähr, wo sie hingegangen war, denn sie war schon früher durch das Zeitportal gegangen und wieder zurückgekommen... Kyoko war die einzige, die dadurch plötzlich einen Gedächtnisverlust erlitten hatte.

Sie hatte sich nicht einmal an Toya erinnert. Aber für Opa war das in Ordnung, denn es war das Beste, wenn sie diesen Beschützer, der durch die Zeit reiste, einfach vergaß. Es war das Beste, wenn sie alles von der anderen Seite vergaß, und von den Gefahren, die sie brachte.

Seine Augen wurden einige Sekunden lang traurig. Ja, die Familie hatte beinahe alles gewusst, was passiert war, denn Kyoko war regelmäßig zwischen den Welten hin und her gegangen. Und wenn sie auf dieser Seite war, dann hatte sie ihnen alles erzählt, was gerade passiert war. Er hatte auch bemerkt, dass sie eine Menge Dinge, von denen sie nicht wollte, dass die Familie sie kannte, verschwiegen hatte. Dinge, die sie nun nie erfahren würden, denn Kyoko hatte diese Geheimnisse vergessen.

Selbst nachdem ihr jüngerer Bruder, Tama, ihr viel von dem erzählt hatte, was er wusste; sie hatte nur ihren Kopf geschüttelt und zu Boden geschaut. Sie erinnerte sich nur daran, in der anderen Welt alleine gewesen zu sein. Eine Welt voller Monster.

Opa biss sich auf die Lippen, als er nachdachte. Er wusste, dass alles gut gegangen war, denn Kyoko hatte gesagt, sie erinnerte sich daran, dass der Schützende Herzkristall wieder in sie zurückgekehrt war, und dass es vorbei war. Nach ein paar Wochen hatte sie sich wieder in ihre Schularbeiten vertieft und hatte ausgezeichnete Noten bekommen, und nun machte sich das bezahlt. Opa hörte, wie sich die Haustür öffnete, und sein Lächeln wurde breiter.

Nachdem er den Brief geküsst hatte, als wäre er ein heiliger Glücksbringer, sah er seiner Enkelin zu, wie sie in die Küche kam... Kyoko würde sich so freuen.

Drei Wochen später...

Goldene Augen beobachteten die Frau aus der Vergangenheit, als sie sich der Akademie näherte. Er hatte sie gefunden und irgendwie würde er alles wieder in Ordnung bringen. Er fühlte, wie sein menschlicher Schutzschild einen Moment lang verblasste, als seine Augen in flüssigem Gold glänzten, in der Erinnerung an alles, was an jenem beängstigenden Tag mitten auf dem tödlichen Schlachtfeld passiert war.

Die Strahlen der Morgensonne, die durch das Fenster schien, warfen einen eigenartigen Schatten in der Form von Flügeln hinter ihn. Er hob seine Klauen-besetzte Hand und zog seine Augen zu Schlitzen zusammen, sein Blick wachsam, als seine Klauen sich wieder in seinen menschlichen Mantel zurückzogen.

Als er seine ruhelosen Augen wieder auf die Priesterin richtete, beruhigte er seine inneren Mächte. Es war Zeit, und mit der Reinheit von Kyoko fühlte er auch, wie das Böse um ihn herum erwachte. Der noch nicht beendete Krieg würde bald beginnen. Dieses Mal... würde er nicht denselben Fehler machen.

Kyoko starrte hinauf zu dem riesigen Gebäude. Für sie sah es beinahe wie ein gewaltiges Schloss aus einer unbekannten Vergangenheit aus. Sie lächelte in sich hinein. Sie konnte es nicht verhindern. Sie war noch immer erfüllt von dem Glück seit sie von dem Stipendium erfahren hatte, und der Tatsache, dass sie nun tatsächlich hier leben würde.

Sie drehte sich zu Tama um. Er war eine große Stütze gewesen, hatte ihr mit ihren Taschen und dem Einzug geholfen. Kyoko war froh, dass sie ihre Mutter und ihren Opa dazu überreden hatte können, dass sie zuhause blieben, und sich dort von ihr verabschiedeten. Nun fühlte sie sich fast leichtsinnig durch diese riesige Freiheit, atmete tief durch und genoss sie.

„Kyoko, wirst du hier den ganzen Tag stehen, oder wollen wir dein Zimmer suchen gehen?“, knurrte Tama, obwohl auch ihn der Anblick beeindruckte. Er sah überrascht hoch zu dem gigantischen Torbogen, der zu den Eingangstüren führte.

Kyoko hielt den Plan in ihrer Hand hoch und wies auf das gewaltige Gebäude, das an der rechten Seite der Universität angebaut worden war. „Das müsste das richtige Gebäude sein.“ Sie drehte sich um und zwinkerte Tama zu. „Danke, dass du mir heute hilfst.“

Tama grinste ein wenig verlegen. „Klar doch, Kyoko, schließlich werde ich dich so ja eine Weile los, das ist schon Belohnung genug.“ Er duckte sich und rannte davon, während er vor Lachen kaum Luft bekam.

Kyoko machte sich auf um die Verfolgung aufzunehmen, aber blieb plötzlich mitten im Schritt stehen, als sie Augen auf sich fühlte.

Als ein Windhauch ihr kastanienbraunes Haar aus ihrem Gesicht blies, sah sie hoch zu dem Gebäude und fragte sich, welche Augen sie so streichelten, aber sie konnte niemanden sehen. Sie hatte in den vergangenen paar Jahren die Fähigkeit entwickelt, komische Dinge wahrzunehmen, und sie hatte keinerlei Zweifel, dass jemand da war... und sie beobachtete. Es fühlt sich an, als würde jemand sie berühren.

Sie bildete sich ein, eine Bewegung in einem Fenster weit oben zu sehen, aber als sie genauer hinsah, war dort nur Leere. Kyoko seufzte innerlich als sie bemerkte, dass das komische Gefühl nun weg war. Sie biss sich leicht auf die Unterlippe und wartete, dass die Enttäuschung verging. Schließlich gab sie auf und erreichte Tama gerade, als er durch die Türen schritt. Sie beide erstarrten, als sie sich umsahen.

„Dieser Ort ist fantastisch“, flüsterte Tama als er hinauf sah und sich dann ihr zuwandte und mit ernster Stimme hinzufügte: „Du solltest den Plan wohl behalten... So wie ich dich kenne, wirst du dich hier verlaufen.“

Kyoko schien ihn nicht zu hören, so sehr waren ihre Augen beschäftigt die Innenausstattung der Eingangshalle zu betrachten. Der Raum, in dem sie standen, war zumindest drei Stockwerke hoch, mit Treppen, die in Spiralen nach oben zu den anderen Etagen führten. Auf einer Seite gab es eine riesige Bibliothek, während die andere Seite aussah wie der Freizeitbereich, und direkt in der Mitte war ein gigantischer Armleuchter, der von der hohen, gewölbten Decke hing.

„Ja, ich hoffe wirklich, dass der nicht herunter fällt“, bestätigte sie der Luft mit einem Nicken.

Unten gab es einige Sofas und Polsterstühle. Es waren schon Studenten auf und geschäftig an der Arbeit, obwohl es sehr früh am Morgen war. Sie hatte so früh wie möglich hier sein wollen, und nun war es 7:30 Uhr früh. Sie sah schnell wieder auf das Papier um herauszufinden, wohin sie gehen sollte.

Stöhnend sah sie über ihre Schulter auf Tama und deutete auf die Wendeltreppe vor ihnen. Sie hatten insgesamt vier Koffer, da Kyoko hier fest einziehen würde, und sie waren sehr schwer.

Tamas Gesichtsausdruck verdüsterte sich. „Du machst Scherze.“ Er ließ den Griff des größten Koffers los, in dem Wissen, dass die Räder an dessen Unterseite ihm diesmal nicht helfen würden. „Ich bin doch erst 12.“

Mit Überzeugung richtete sie sich hoch auf.

Kyoko erschrak als eine männliche Stimme hinter ihr fragte: „Bist du Fräulein Kyoko Hogo?“

Sie drehte sich sofort um und sagte: „Ja.“

Ihre Augen wurden groß, als sie direkt in das Gesicht eines sehr gutaussehenden Mannes sah. Er hatte auffällige, eisblaue Augen und langes, dunkles Haar, das zu einem Pferdeschwanz gebunden war. Als sie ihn ehrfürchtig anstarrte, fühlte sie einen merkwürdigen Luftzug, der ihr Gesicht streichelte. Die Spitzen ihres weichen Haares kitzelten ihre Wangen, als die Brise sie erfasste.

Er schenkte ihr ein sehr charmantes Lächeln. Dann schnippte er zu ihrer Überraschung seine Finger und zwei Männer erschienen fast wie aus dem Nichts, nahmen ihre Koffer und machten sich damit auf den Weg die Treppen hoch. Kyokos Augen wurden noch größer, als sie ihnen zusah, aber bevor sie etwas sagen konnte, hatte der andere Mann ihre Hand in die seine genommen und, indem er sie zu seinen Lippen führte, gab er ihr einen hoheitlichen Kuss.

„Mein Name ist Kotaro, und ich möchte jemanden, der so schön ist wie du, nicht etwas so Schweres tragen sehen. Nun, wenn Sie mir folgen möchten, dann zeige ich dir dein Zimmer.“ Mit ihrer Hand immer noch in der seinen, drehte Kotaro sich selbstbewusst um und begann, die Treppen zu erklimmen.

Die plötzliche Hitze, die durch seine Finger strömte und sich über seinen Arm auf seinen ganzen Körper ausdehnte... erweckte sein Beschützerblut. Es war sein Geheimnis, das er bewahren musste. Kotaro drückte ihre Hand sanft, wissend, dass sie diejenige war, auf die er so geduldig gewartet hatte. Er hatte es in dem Moment gefühlt, als sie den Raum betreten hatte.

Kyoko hob eine dünne Augenbraue und sagte zu sich selbst: 'Ihr Götter, schützt mich vor ritterlichen Männern. Wo bin ich hier nur gelandet?'

Sie drehte sich mit einem Schulterzucken zu Tama um, der mit offenem Mund dastand. Kyoko legte ihren Kopf schräg und zwinkerte kurz. „Tama, pass auf, du könntest eine Fliege verschlucken.“ Dann, bevor er sich erholen konnte, drehte sie sich zurück und folgte der geschmeidigen Form des Mannes, den sie nur als Kotaro kannte.

Auf ihrer imaginären Kreidetafel, auf der sie insgeheim ihre und Tamas Punkte zählte, machte sie einen Strich für sich selbst. Sie hörte, wie er hinter ihnen her schnaubte, als sie die Treppen hoch gingen und wusste, dass sie den Wettkampf nun gewinnen würde.

Sie passierten einen anderen Mann, der auf seinem Weg hinunter war, und als sie an ihm vorbei kamen, fühlte sie, ohne dass er sie auch nur ansah, einen Blitz in ihrem Herzen und ihr blieb der Atem weg. Jedes Geräusch erlosch, als er beinahe in Zeitlupe vorüber kam. Dann wurde alles wieder normal, während ihr Herz einen Schlag aussetzte und dann schneller schlug.

Ein Gefühl der Verunsicherung kroch über ihre Haut, als würde sie etwas vermissen... oder noch eher als hätte sie etwas verloren und vermisste es schrecklich. In dem Versuch, die merkwürdige Reaktion abzuschütteln, drehte sie sich nicht einmal um, um zu sehen wer an ihr vorbei gegangen war. Sie dachte, dass es im Moment besser war, wenn sie es nicht wusste.

„Nun, zumindest gibt es hier genug Jungs, denen du nachsabbern kannst“, flüsterte Tama und ließ Kyoko innerlich knurren.

Oben an der Treppe angekommen, folgte sie Kotaro entlang eines langen Ganges mit vielen Türen an beiden Seiten. Sie nahm an, dass dies die Studentenzimmer waren, aber er blieb vor keiner von ihnen stehen. Am Ende des Korridors gab es eine Doppeltür auf der stand BETRETEN VERBOTEN. Sie war etwas verwirrt, als Kotaro und die beiden, die ihr Gepäck trugen, selbstbewusst durch sie durch gingen, als würden sie dorthin gehören, nur um dann wieder auf ein Treppenhaus zuzusteuern.

Tama schloss zu Kyoko auf und stichelte: „Ich glaube, sie schicken dich in den Kerker.“

Kyoko grinste über ihre Schulter zu ihm: „Wir gehen hinauf, du Dummkopf.“

„Ein leeres, kaltes Zimmer in der Turmspitze dann“, warf ihr Tama von hinten an den Kopf.

'Nun, zumindest werde ich fit bleiben', dachte sie, als sie das obere Ende von wieder einer eleganten Treppe erreichten, dann bogen sie in noch einen Korridor, aber dieser war wunderschön. Es sah aus, als wäre selbst der Boden aus Marmor. Die Türen waren weit voneinander entfernt. Es gab in diesem Gang nur drei Zimmer und sie machte sich im Stillen Sorgen, dass Kotaro vielleicht doch gar nicht wusste, wo er hin musste.

Kotaro ging zur letzten Tür, wissend, dass sie sehr speziell sein musste, denn nicht vielen Menschen war es überhaupt gestattet, diesen Gang zu betreten und er wusste, dass dies das beste Zimmer am gesamten Campus war. Er blieb vor der Tür stehen und wartete auf sie und ihren jungen Freund.

Kotaro grinste, sie war nervös. Er konnte es riechen. Er sah in ihre stürmischen, smaragdgrünen Augen und fühlte schon, wie sein Herz aussetzen wollte, aber im Moment musste er tun, was ihm aufgetragen worden war.

Er streckte seine Hand mit der Fläche nach oben aus. „Ich werde dich nun alleine lassen, aber wenn ich noch etwas für dich tun kann...“ Er gab ihr den Schlüssel zu ihrem Zimmer und schenkte ihr einen Blick, der sie erröten ließ. Er verbeugte sich tatsächlich galant und bedeutete den beiden Männern, ihm zu folgen.

Kyoko und Tama drehten sich beide um und sahen ihnen mit erhobenen Augenbrauen nach, bis sie außer Sichtweite waren, dann blickte Kyoko zurück auf die Tür und sog scharf die Luft ein. Hier, an der Tür, hing ein Namensschild mit dem Namen Kyoko Hogo in goldenen Lettern.

Tama tippte seiner Schwester auf die Schulter und kicherte: „Weißt du... so könntest du eine Fliege verschlucken.“

Kyoko verdrehte die Augen während sie in Gedanken den Punkt, den sie sich vorhin gegeben hatte, wieder löschte. Sie sperrte die Tür mit dem Schlüssel auf, öffnete sie zaghaft und blickte vorsichtig hinein.

Tamas Augen wurden so groß wie Untertassen, als er sie vor sich herschob, um etwas zu sehen. „Nicht wahr! Dieses Zimmer ist fast so groß wie unser ganzes Haus.“ Seine ehrfürchtige Stimme erzeugte ein Echo in der Stille. „Du könntest hier ernsthaft einen Tanzclub eröffnen.“

„Also gefällt dir mein Kerker?“ Kyoko fügte den Punkt wieder hinzu, wo er hin gehörte.

*****

Zwei Stunden später, lange nachdem sie Tama gedankt und ihn nach Hause geschickt hatte, stand Kyoko im Badezimmer und ordnete ihre Sachen in die Regale ein. Sie blickte noch einmal zu der Badewanne hin, die groß genug für fünf Menschen wäre.

Stöhnend machte sie die Worte ihres kleinen Bruders nach: „Nicht wahr!“

Sie konnte die Haare in ihrem Nacken zu Berge stehen fühlen, als sie sich wieder einmal fragte, ob es nicht einen Fehler gegeben hatte. „Ja“, flüsterte sie vor sich hin. Jemand würde jeden Moment auftauchen und ihr sagen, dass sie wieder ausziehen musste. Sie wusste einfach, dass dies das falsche Zimmer sein musste.

Kyoko kam wieder aus dem Bad und sah sich im Schlafzimmer um. Das Bett war das größte, das sie jemals gesehen hatte, und war schon perfekt gemacht, inklusive flaumiger Steppdecke und allem. Das Zimmer war hübsch mit weichen Lila-und Blautönen, die den Wollteppich und das Bett bestimmten. Es gab hier und da tiefrote Farbtupfer und einen Schrank, der so groß war, dass man sich darin verlaufen konnte.

Sie ging in das Wohnzimmer, das ganz schwarz und golden war, ausgestattet mit allem, was sich ein Mensch nur wünschen konnte. Sie hatte die Küche schon begutachtet. Sie war voll mit Vorräten. Kyoko schüttelte zum x-ten Mal ihren Kopf. „Nicht wahr.“ Sie kaute auf ihrer Unterlippe und fragte sich, was sie jetzt tun sollte. Es war Samstagmorgen und ihr Unterricht begann erst am Montag.

„Nun, ich kann mich hier nicht den ganzen Tag verstecken“, murmelte sie vor sich hin.

Mit dem Gefühl, wo herumzustöbern, wo sie nicht sein durfte, machte sich Kyoko auf den Weg zur Tür und streckte ihren Kopf hinaus in den Gang. Nachdem sie niemanden sehen konnte, trat sie auf den Korridor und schloss die Tür hinter sich, dann lief sie leise zurück zu den Treppen, die nach unten führten.

Wieder hatte sie das Gefühl, dass sie beobachtet wurde, und es jagte ihr Schauer über den Rücken, aber sie blieb nicht stehen, hatte Angst, sich umzudrehen.

'Sie kann mich fühlen', dachte Kyou innerlich. Vielleicht waren ihre Mächte nicht so tief vergraben, wie er befürchtet hatte. Er hatte es sofort gewusst, als sie ihr Zimmer verließ und er atmete den Geruch, der zurückblieb, ein... kostete ihn aus.

Die Erinnerung an ihren Geruch schien andere Erinnerungen aufzufrischen. „Bald, Priesterin, werden wir deine Mächte wieder ausgraben. Du kannst sie verstecken wollen... aber nicht zu lang.“ Er lehnte sich an die Wand des Korridors, seine goldenen Augen folgten ihr bis sie außer Sichtweite war.

*****

Kyoko konnte etwas leichter atmen, als sie wieder in der Eingangshalle stand. Sie erkannte, dass diese nun voll mit Leuten ihres Alters war, die dort hin und her liefen, standen und plauderten. Seufzend und indem sie das letzte Bisschen Merkwürdigkeit von oben abschüttelte, stand Kyoko da noch einige Sekunden gedankenverloren.

Sie hasste es, wenn ihre Gefühle sie so plötzlich übermannten. Manchmal wünschte sie sich, dass sie diese Dinge überhaupt nicht fühlen könnte. Sie schob es zurück in ihren Hinterkopf, als sie sich im großen Parterre des Gebäudes umsah. „Ich brauche einen Schalter, um dies aus-und einzuschalten“, murmelte sie und dachte immer noch an die seltsamen Vibrationen, die sie eine Sekunde zuvor gefühlt hatte.

Sie sah zu der Bibliothek und drehte sich dann schnell in die andere Richtung, nachdem sie entschied, dass sie erst diesen Bereich besser kennenlernen wollte. Sport zu treiben war schon immer ihre Angewohnheit gewesen, und sie wollte das beibehalten. In den letzten beiden Jahren hatte sie Kampfsportarten jeder Art betrieben und ihr gefiel die Bewegungsfreiheit, die sie ihrem geschmeidigeren Körper verliehen.

Als sie durch die Aufenthaltsräume ging, fielen ihr verschiedene Turnhallen auf. In eine der größeren Hallen konnte sie durch das Glas sehen. Sie konnte nicht widerstehen und blieb stehen, um einen Moment zuzusehen. Zwei Menschen kämpften mit Schwertern. Als sie das Klingen von Metall auf Metall hörte, hob sie eine Augenbraue. Sie näherte sich der Tür der Halle, schaute hinein und lauschte.

„Du konzentrierst dich nicht, Suki.“ Die Gestalt, die in Schwarz gekleidet war, sprach in einer stichelnden, männlichen Stimme als er parierte, und der anderen Gestalt lachend auf das Hinterteil klatschte.

Kyoko konnte keines der beiden Gesichter erkennen, da sie Schutzmasken trugen.

„Shinbe!“, kam eine sehr verärgerte aber weibliche Stimme. Dann, ohne jede Warnung, schoss die Person vorwärts und klopfte ihm auf den Kopf, na gut, schlug ihm eher auf den Kopf mit dem Fechtschwert, dann riss sie ihre Gesichtsmaske herunter.

Kyoko war überrascht, als sie langes, braunes Haar auf den Rücken der Frau fallen sah, während sie auf den anderen zu marschierte und ihm mit einem Augenzwinkern hart mit dem Finger in die Brust stieß. „Es ist nicht einfach, ernsthaft zu kämpfen, wenn du so ein Lustmolch bist.“

Shinbe nahm grinsend seinen Gesichtsschutz ab. In gespielter Kapitulation warf er beide Hände in die Luft und machte zwei Schritte zurück. „Es tut mir leid, Suki, aber es war da... und du hast es nicht geschützt.“ Als er ein kitzelndes Gefühl spürte, das sich in Wellen über seine Haut ausbreitete, runzelte er die Stirn, dann richtete er seinen violetten Blick langsam auf die Frau, die in der Tür stand. „Ähm, es scheint, wir haben eine Besucherin.“

Kyoko sah zu, wie die Frau mit dem Namen Suki tatsächlich errötete und dann, während sie noch wütend auf ihren Gegner starrte, sich von ihm weg drehte und mit einem breiten Lächeln auf sie zu kam.

„Männer“, sagte sie und verdrehte dabei die Augen, bevor sie ihre Hand freundlich ausstreckte. „Hallo, ich bin Suki, und diese armselige Andeutung eines Mannes ist Shinbe.“ Sie zeigte mit dem Daumen auf den Mann, der, immer noch grinsend, zu ihnen kam.

„Suki“, rief der junge Mann namens Shinbe aus. „Du brichst mein Herz.“ Er verlieh seinem Ausruf Nachdruck, indem er beide Hände vor die Brust schlug.

Suki runzelte die Stirn: „Shinbe... wenn ich dich verletzen könnte, würde dein Gehirn mittlerweile aus deinen Augen tropfen nach all den Schlägen, die du mich gezwungen hast, auszuteilen.“

Shinbe zwinkerte: „Du weißt, ich mag die derbe Liebe, mit der du mich verehrst.“

„Ich würde dir derbe Liebe hier und jetzt zeigen, aber ich möchte die Neue hier nicht verängstigen“, gab Suki barsch zurück.

Kyoko mochte sie schon, und ergriff ihre Hand und schüttelte sie fest. Sie lächelte: „Hallo, ich bin Kyoko Hogo, aber bitte nur Kyoko.“

Sie wandte sich zu dem Mann, der hinter Suki stand. „Es freut mich sehr, euch beide kennen zu lernen.“ Es lag etwas in seinen Augen, das Kyokos Aufmerksamkeit beanspruchte. Sie waren von einer erstaunlich violetten Farbe und sehr atemberaubend. Sein Haar reichte ihm etwas über die Schultern und war sehr dunkel mit blauen Strähnen. Er erinnerte sie irgendwie an einen Sänger von einer dieser Rockbands aus den 80ern.

Suki strahlte von einem Ohr zum anderen. „He, ich habe von dir gehört. Ja, ich wusste, dass du heute kommen würdest. Ich wollte dich nachher suchen und dich herumführen.“ Auf ihrem Gesicht erschien plötzlich ein angespannter Ausdruck und sie drehte den Kopf zur Seite und starrte Shinbe böse an: „Ich würde das nicht tun, wenn ich du wäre.“

Kyoko senkte ihren Kopf um zu sehen, was geschah. Und siehe da... die Hand des Mannes war mitten auf dem Weg zu Sukis Hinterteil stehen geblieben und er grinste mit einem verträumten Blick.

Shinbe seufzte und ließ seine Hand fallen. „Eines Tages werde ich herausfinden, wie du das weißt, selbst wenn du nicht hinsiehst.“

Suki stöhnte nur. „Ich weiß es einfach, das genügt!“ Und mit einem freundlichen Lächeln zu Kyoko sagte sie: „Komm mit mir und ich ziehe mich schnell um.“ Sie nahm Kyoko an der Hand und zog sie weg von der Tür.

Kyoko blickte noch einmal zurück zu Shinbe und sah ihn winken. 'Mit diesen beiden werde ich viel Spaß haben', dachte sie innerlich, als sie in die Frauenumkleidekabine gezogen wurde.

Suki wusste schon, dass sie Kyoko mochte, und irgendwie hatte sie das Gefühl, als würde sie sie schon kennen, ohne sie je getroffen zu haben. „Kyoko, erzähl mir ein wenig von dir, während ich mich umziehe“, sagte sie und verschwand hinter der Trennwand.

Kyoko setzte sich auf eine Bank und fühlte sich völlig ungezwungen neben Suki. „Nun, ich komme aus einem kleinen Dorf am anderen Ende der Stadt. Und aus irgendeinem Grund, völlig unerwartet, erhielt ich einen Brief, in dem stand, dass ich hier ein Stipendium bekam.“ Kyoko konnte Sukis „Ja, das kommt vor“, hören, also redete sie weiter. „Ich weiß wirklich nicht, wie ich ein Stipendium bekommen habe, wofür ich mich nicht einmal beworben habe.“

Suki konnte die Frage in der Aussage hören und streckte lächelnd ihren Kopf um die Ecke. „Mach dir keine Sorgen darüber. Du bist genauso hierhergekommen, wie ich.“ Sie verschwand wieder hinter der Wand als sie noch hinzufügte: „Ich habe mich hier auch nie beworben.“

Kyoko runzelte die Stirn: „Aber wieso? Es muss einen Grund geben. Kennst du ihn?“

Suki kam wieder zurück, nun ganz umgezogen. Sie setzte sich hin um ihre Turnschuhe anzuziehen. „Ja, ich habe es herausgefunden. Nun, einen Teil davon zumindest. Der Mann, der diese Uni besitzt, sucht Menschen mit...“, Suki zögerte und legte ihren Kopf etwas zur Seite, „...einzigartigen Fähigkeiten.“ Sie zuckte die Schultern und fügte hinzu: „Du wirst dich an einiges gewöhnen müssen, wenn du beginnst, die anderen, die hier leben, kennen zu lernen.“ Sie grinste in dem Wissen, dass sie recht hatte.

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