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Hann Klüth: Roman
Hann Klüth: Roman

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Hann Klüth: Roman

Язык: Немецкий
Год издания: 2017
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Oh, und Bruno mußte oben von der Terrasse der Musiker, wo er krampfhaft einen Stuhl gepackt hielt, alles mit ansehen, mußte die entblößte Wade schauen und die tastenden Zehen, mußte auch knirschend beobachten, wie der taubstumme Riese sich erhob, um dem angetrunkenen Lehrer Toll pantomimisch vorzumachen, wie er das Ding auf seinen Arm setzen wolle und dann auf den Kopf.

Dazu erhob er taktmäßig die mächtigen Beine, grinste schlau und drehte sich komisch im Kreise umher.

»Solch ein Kerl,« murmelte Bruno in erstickter Wut. »Solch ein Kerl.«

Wie kam es, daß die Gestalt des alten verstorbenen Lotsen plötzlich vor ihm auftauchte, seines Vaters, der erst wenige Wochen in seinem Grabe ruhte, und der doch Line wie sein eigenes Kind gehalten?

»Wie ist das möglich?« – schnitt es ihm durch den Sinn, »wie ist das bloß möglich? – Hab' ich denn das Ding noch gar nicht gekannt?«

Ein merkwürdiges Gefühl, von Grauen und Verlangen gemischt, wühlte in ihm herum, keinen Blick konnte er von der Kleinen abwenden, und jetzt, jetzt trug sie oll Kusemann schleifend und zierliche Winkel drehend wieder in seine Nähe.

Wie er zitterte, wie er sich schämte, und er hatte sie doch erst vor wenigen Stunden weich auf seinem Schoß gehalten. —

»Dirning,« hörte er den Lotsen schmunzeln, »leg' mich deinen Arm um den Hals, sonst fällst du.«

Und was antwortete sie?

»Du alter, häßlicher Kerl.«

»I, Lining, das ist grade was Apartes. – Au, Kind, wozu kratzt du denn? Ich wollt ja bloß sagen: Hann liegt jetzt auf der See.«

Line schlug mit der Hand durch die Luft. »Wo Hann liegt, das ist mir ganz gleich.«

»Na, du gehst gut, du Racker,« wollte der Lotse eben belobigen, da fühlte er unvermittelt, wie etwas an ihm herunterglitt; dadurch verlor er das Gleichgewicht und purzelte, sich überschlagend und unter dem dröhnenden Gelächter der Studenten, gerade auf den Schoß seiner Gattin Alwining.

Die zog ein strenges Gesicht und kniff ihn heimlich in den Arm.

»Alwining,« flüsterte oll Kusemann und griff seiner Frau unter das Kinn: »Sei ruhig, ich weiß, was du denkst. – Aber die kleine Krabbe ließ mir gar nicht in Frieden. Du weißt ja, aus der wird nichts Gutes! – Sollst sehen, Alwining. – Ich kenn' meine Leute.«

* * *

Sie forderte zu trinken, als sie nun atmend und glühend neben ihrem Pflegebruder auf der Terrasse stand.

Aber er verweigerte ihr alles. Eine tiefe Verachtung gegen dies tolle Ding war in dem feinen gebildeten Jungen aufgestiegen. Fast mit Gewalt hatte er sie in eine Ecke hinter die Musiker gezogen, und nun schüttete er dort sein Herz vor ihr aus. Wie sie sich benommen, wie sie ihn blamiert hätte, und was die Mutter zu Hause dazu sagen würde. Den Abschluß bildete immer der eine Satz: »Du hast nichts gelernt, du gehörst eben unter die Fischer.«

Doch sie antwortete nichts.

Ihre schwarzen Augen, die so seltsam auf dem blauweißen Untergrund schwammen, lugten noch immer gierig nach allen Seiten. Die Musik und der Tanz hatten sie offenbar betäubt. Immer noch blinzelte sie nach den sich drehenden Paaren.

»Line, verstehst du mich denn nicht? – Ich trag dich mit Gewalt raus, wenn du nicht von selbst gehst,« flüsterte er mit neu aufbrausender Wut.

Verständnislos – kindlich und doch mit einem merkwürdigen, bewußten Zug um die Lippen lächelte sie ihn von unten herauf an. Dann streichelte sie ihm schmeichelnd über die Wange, um gleich darauf das Haupt zu neigen und mit ungeheucheltem Erstaunen auf ihre entblößte Wade herabzublicken.

Jetzt bemerkte sie es erst.

Auch der Sekundaner mußte diesem Blick folgen. Das Blut schoß ihm dabei ins Gesicht, er verachtete sich selbst, weil er sich nicht sofort abwenden konnte. Doch er verharrte und blinzelte hinunter. Und Line lachte über den Unfall, während sie tiefgebeugt über ihrem Strumpf nestelte. In diesem Augenblick nahte sich ein junger, schlanker Student, Jahn mit Namen, derselbe, der vorhin das Hurra auf diese jüngste Tänzerin kommandiert hatte, und streckte einfach die Arme nach ihr aus.

Schon berührten seine Finger die Schulter der Gebückten, als Bruno sich nicht mehr mäßigen konnte. Er riß sie empor, daß sie förmlich in die Höhe zuckte, beide flogen von der heftigen Bewegung die wenigen Stufen hinunter, und dann – hatte er begonnen oder Line?

Keiner wußte es später.

Aber die schlanken Arme, mit denen sie ihn unwillkürlich umschlungen, löste sie nicht, und dann war es Bruno, als ob alles um ihn herumwirbele. Die Wärme, die heiße Glut, dieser erste Lebenstaumel des jungen Wesens an seiner Brust hatten es ihm angetan – ! Er tanzte! – Nein, er riß sie rasend mit sich fort. Er sah nichts als die aufblitzenden Augen und die weißen Zähne, die hinter den schmalen Lippen glänzten. Immer herum – immer weiter, wenn es ihm auch war, als ob er über spitze Messer tanze, wenn ihm auch eine flüchtige Erscheinung kam, als stände sein Bruder Hann draußen an den Fensterscheiben und stiere blöden Sinnes herein. Schneller, wilder, dieses sich immer gleichbleibende, beglückte Lächeln der Tänzerin berauschte ihn und hetzte ihn weiter.

»Oh,« murmelte Line, »noch länger – noch länger.«

»Ja – ja.«

»So gut wie du tanzt doch keiner, Bruno.«

»Aber du auch – du auch, Line.«

»Ja, das hab' ich gelernt,« flüsterte sie stolz, während sie ihn leise in den Arm kniff.

Doch ehe er noch antworten konnte, kam das, was ihn zur Besinnung brachte, vor dem er floh, als hätte er ein Verbrechen begangen.

Wie eine Erscheinung, unvorhergesehen, stand es da.

Leise, aber entsetzt schrie Line auf.

Was war das für eine breite, nasse Hand, die sich auf ihren Arm legte? – Weshalb stürzte plötzlich ihr Tänzer fort, als ob er sich verfolgt wähne?

Wer war das eigentlich, der sie festhielt und mit ihr sprach?

Erst mußte sie sich die Haare aus der Stirn streichen, eh sie ihn erkannte. Dann blickte sie sich wirr im Saale um. Ihr Herz begann krampfhaft zu pochen, eine schneidende, überwältigende Angst durchfuhr sie.

Wie kam sie denn hierher? – All die fremden Leute? Die Fischerweiber, die mit Fingern auf sie zeigten, und die Studenten, die so vertraut mit ihr taten?

Zitternd und zerknirscht blieb sie vor dem Schifferjungen in dem nassen Rock stehen. Der sah sie mit seinen dumpfen blauen Augen bekümmert an und sagte mit kaum merklichem Vorwurf: »Ich such' dich, Lining.«

»Hann,« stotterte sie.

Da faßte er sie fester am Arm und meldete ernsthaft: »Ich soll dich nach Haus bringen.«

»Ja – ja,« stieß sie scheu hervor, während sie sich an ihn drängte: »O komm bloß, ich will mit dir.«

Er ließ ihr keine Zeit zur Besinnung, bevor sie es selbst recht bemerkte, hatte er sie aus dem tabakdurchqualmten Saal geleitet und führte sie nun durch die stockfinstere Nacht.

»O Lining,« murmelte er nur einmal mit tiefem Kummer, »was hast du gemacht?«

Hastig atmete sie auf. »Ich weiß auch nicht,« brachte sie dumpf hervor, aber dann setzte sie halb voll Angst hinzu: »Aber ich glaub', es kommt davon, weil ich so wenig gelernt hab'.«

»Ja, ja, das mit dem Lernen,« stimmte Hann beklommen bei.

Er dachte immerfort daran, wie sein feiner Bruder, der doch morgen in die Welt sollte, und dies kleine Mädchen zusammen getanzt hatten, getanzt, während der alte Lotse in seiner Grube kaum kalt geworden.

Das war greulich.

Aber er sprach darüber kein Wort. Etwas Unbestimmtes, Ängstliches hielt ihn von der Schwester fern.

Endlich waren sie an der Seite des murmelnden Flusses bis vor die Tür des Lotsenhäuschens geschlichen.

»Hann,« begann Line hier, der das Schweigen Pein verursachte, »wacht Mutter noch?«

Er schüttelte das Haupt.

»Bist du allein auf?«

Er nickte.

»O Hann« – sie drängte sich in ihrer schmeichelnden Art an ihn – »sprich doch mit mir – ich will's ja nie wieder tun, hörst du? – aber sprich mit mir.«

Wieder schüttelte er das plumpe Haupt. Ihm war so trostlos zumut, daß ihm keine Worte einfielen. Da wurde die bohrende Verzweiflung in Lines Brust übermächtig, heftig sprang sie an dem Jungen in die Höhe und drückte ihm einen heißen, bittenden Kuß auf den breiten Mund. »Ich will's ja nie wieder tun,« hauchte sie dazu, »ganz gewiß, nie wieder – aber sag hier zu Haus nichts davon, hörst du? – sag kein Wort.«

Noch stand sie einen Augenblick vor ihm. Durch die tiefe Nacht glaubte er das Weiße ihrer Augen zu erkennen. Dann hörte er etwas über die Treppe huschen, und über die Stelle, wo sie gestanden, säuselte der Nachtwind.

Es war stockfinster und Hann auf der Landstraße allein.

Da senkte der dumme Junge langsam den Kopf in seine groben Hände und begann unhörbar vor sich hinzuschluchzen.

XI

Zur selben Zeit saß Line im Hemd auf ihrem Bette.

Die nackten Füße ließ sie hinabhängen, die Hände hielt sie auf dem Schoß krampfhaft ineinandergefaltet, und so bohrte sie ihren Blick unverrückbar auf die nahe Bretterwand des Verschlages, als wäre dort in der Schwärze irgendeine helle Stelle und sie vermöchte auf ihr etwas Merkwürdiges zu erspähen. Sie fror nicht, sie zitterte nicht, aufgerichtet und mäuschenstill hockte sie, und alle ihre Gedanken schienen sich wie Pfeile in ein einziges Ziel einzuspießen.

Endlich seufzte sie tief auf, griff nach dem Stuhl, auf dem ein Lichtstümpfchen stand, und entzündete es. Behutsam hielt sie die Hand vor das Flämmchen, so daß ihre Finger wie in Blut getaucht erschienen, und schlich dann verstohlen mit ihren nackten Füßen in die Ecke hinter dem Bett, in der eine ehemalige Zuckerkiste stand.

In diesem Behälter wühlte Line heftig herum. Bald holte sie ein paar alte Bücher und einige vollgeschriebene Schreibhefte heraus, bald blätterte sie emsig in einem zerrissenen Volksschulatlas, immer erregt dazu murmelnd und buchstabierend. Zum Schluß band sie um alles einen Bindfaden und schlug leicht mit der Faust auf das Päckchen, als hätte sie einen festen Entschluß gefaßt.

Den Atlas aber behielt sie bei sich, eng an den Leib gedrückt. Und als sie ins Bett huschte, legte sie die verstreuten Blätter erst sorgfältig unter ihr Kopfkissen.

Licht aus.

Still lag sie da, lang ausgestreckt, die großen Augen weit offen, nur ihre regelmäßigen Atemzüge verrieten, daß sie lebe.

* * *

»Das ist ein ekliger Qualm,« hustete Siebenbrod und spie ein paarmal aus, »pfui Deibel.«

»Ja, das is, wie wenn Satans Großmutter verbrannte Milch auf die Erde gießt,« brummte oll Kusemann, dessen Konturen ebenfalls zuweilen durch den weißen Brodem sichtbar wurden. Manchmal schien es auch, als tanzten die Köpfe von Malljohann und Frau Dörthe Petersen um ein paar Pferdeschnauzen herum, doch alles verschwand gleich wieder hinter dem feuchten, bleiernen Linnen.

Da brummten Glockenschläge aus der Höhe, und durch die Nebel ging ein Zittern.

Acht Uhr.

Die Equipagenpferde des Konsuls wieherten laut und durchdringend.

»Mudding – nu mach fix,« mahnte Siebenbrod. »Nu mußt du die Hände von Bruno und Paulen loslassen.«

Doch die kleine, stille Frau konnte sich noch nicht trennen. Immer wieder griff sie nach den Fingern ihrer beiden Ältesten, die nebeneinander auf dem leichten Korbwagen saßen, und nur die milchigen Gespinste verhinderten, daß nicht alle bemerkten, wie dicke, schwere Tränen über die Wangen der Witwe rollten.

»Mudding,« drängte Siebenbrod, »die Pferde friert.«

»Wo ist Hann?« fragte des Studenten harte Stimme.

»Und wo Lining?« beeiferte sich oll Kusemann ironisch hinzuzusetzen.

Zur Seite des Wagens, dicht unter dem Bollwerk knirschte etwas. Dort hatte Hann bis jetzt in seinem festgebundenen Boot gesessen und schwerfällig in sich hineingesonnen. Viel, viel lieber wäre er hinter der dicken Nebelwand versteckt geblieben, als jetzt seinem Bruder Bruno die Hand zu reichen, gegen den er seit gestern so Schweres auf dem Herzen trug. Doch auf den Ruf des Theologen trottete er folgsam heran.

»Adieu, Hann,« sagte der Student, während er ihm rasch über das Haar fuhr, »achte auf das Grab von Vater – versprich mir das.«

»Ja, ja – Pauling,« heulte Hann los.

»Adieu, Hann,« verabschiedete sich jetzt auch der andere, »bleib gesund und besuch mich bald mal – hörst du?« Er reichte ihm zögernd die Hände.

Der Schifferjunge drückte sie aus Leibeskräften. In seiner Rührung hatte er längst den Groll vergessen. »Bleib immer gut zu Weg, Bruno – immer gut zu Wege.«

»Du auch.«

»Aber wo ist Line?« schrie oll Kusemann dazwischen, der seine Tänzerin durchaus dabei haben wollte.

Keiner wußte es.

Nur Malljohann, der zuweilen etwas sah, was kein anderer bemerkte, stand unaufhörlich in seiner schlotternden Haltung da und glotzte schweigend und mit dem breiten Maul merkwürdige Kaubewegungen ausführend nach dem kleinen, kreisrunden Giebelfenster. Und je mehr die andern riefen, und je lauter sie sich wunderten, desto deutlicher erkannte Malljohann mit grinsendem Behagen, wie dort oben aus dem dunklen Kreise der Kinderkopf unbeweglich durch die Milchnebel hindurchsah.

»Hüh!« rief der Kutscher.

Die Peitsche knallte, die Pferde zogen an, laut knackten die Räder in dem feuchten Lehmboden.

»Adschö, meine lieben Kinder,« rief die Mutter mit erhöhter Stimme.

In einer Sekunde hatte das weiße Nichts das Gefährt verschlungen. Das Rollen allein tönte noch heraus und nach diesem sich verlierenden Geräusch bog Line weit, weit den schlanken Leib aus der Bodenluke, bis sie fast auf den qualmenden Kissen zu ruhen schien. Die Hand warf sich vor, ihre Finger bogen sich, als wollte sie nach etwas Verlorenem greifen.

Alle gingen sie darauf ihren gewohnten Tagesbeschäftigungen nach. Malljohann spielte die Handharmonika, oll Kusemann verzog sich in die Wärterhütte, Siebenbrod flickte in der Küche an einem Segel, und Hann saß mit dumpfem Kopf und schweren Gedanken in seinem verankerten Boot, wo er ein Brettchen an eine der Schiffsrippen zu schlagen hatte.

Über alle aber warf der Nebel seine dichten wallenden Decken. So kam es auch, daß niemand wahrnahm, wie Line mit dem Bündel, das sie in der Nacht verschnürt, vorsichtig aus dem Hause witschte.

Geradeswegs ging sie in das Pfarrhaus, das neben dem Kirchhof lag. Und als der geschäftige winzige Pastor, der gerade mit seiner korpulenten Frau auf dem rot gepflasterten Flur damit beschäftigt war, ein Fäßchen Malaga abzuziehen, als der muntere, weinlustige Herr ihr vergnügt die Haare kraute und sich nach ihrem Begehren erkundigte, da streckte sie ihm wortlos, jedoch mit einer wilden Bewegung und klopfendem Herzen, das Bündel Bücher entgegen.

»Ich will was lernen.«

»Hm,« murmelte der Pastor und sah verdutzt von der Kleinen auf den Käse, den er gerade zum Abprobieren in der Hand hielt, »ach so – ja, ja – hm, hm.«

Und dann reichte er ihr auf jeden Fall ein Glas von dem goldbraunen, spiegelnden Malaga.

Ende des ersten Buches

Zweites Buch

»Frau Welt«

I

Ich zweifle, ob ihr wißt, daß es noch Götter auf der Welt gibt. Aber ihr könnt es glauben, es ist so.

Mein Vetter Walter, der Student in Leipzig, hat dort eine Schenkmamsell entdeckt, die ihm vertraulich gestanden, daß sie in Wahrheit die alte Venus sei. Und als er ihr allerlei Bedenklichkeiten ausdrückte, da hat sie ihm einfach ihren Knaben gezeigt, einen kleinen, dreijährigen Strolch, der richtig mit einem Flitzbogen den Passanten des Salzgäßchens die Hüte vom Kopfe schoß.

Daraufhin hat der Vetter Walter alles eingesehen und sich über die Bekanntschaft sehr gefreut.

Dieses steht fest, das hat er mir eigenhändig geschrieben. Einen anderen, sehr interessanten Gott hab' ich selbst gekannt. Ich weiß nicht, ob er noch lebt. Aber als ich noch nicht seßhaft war, da habe ich ihn zwischen Greifswald und Moorluke getroffen, darauf will ich einen Eid leisten.

Ein Jahr war gerade im Abtröpfeln, ein Jahr, das ich wieder damit hingebracht, gesunde Glieder und eine warme Brust an den Dornen und Hecken wund zu reißen, hinter denen im Schlosse Phantasia das deutsche Dornröschen schlummert. Aber als des Jahres letzte Henkerstündlein schlugen, da hatte ich genug, da machte ich den Berliner Herren und Damen meine Verbeugung, packte mich in einen Eilzug und stand ein paar Stunden später auf einem dick verschneiten, abenddämmerigen Felde, über das ein Weg nach Moorluke führen sollte. Doch der Pfad mußte eine Frühlingssage bilden. Jetzt war er längst versunken. Inzwischen brach die Nacht ein – es war Silvester 1896 – ringsherum wirbelte dicker Schnee, über die toten Felder heulte der Wind, und das Eis unter meinen Tritten stöhnte und ächzte, als ob die Erde in ihrem Winterschlaf schwer träume, – da – täuschte ich mich? Nein, es knarrte aus der Schwärze ein langer ungefüger Wagen heran, ein Pferd wieherte, ein merkwürdiges rotes Licht zuckte auf, und gleich darauf wollten zwei mächtige Schimmel ihr Fuhrwerk an mir vorüberziehen. Da rief ich sie an: »Heda!«

Vorn auf dem hohen Bock regte sich etwas. Eine vermummte Gestalt im weißen Schafpelz, die eine Tüte mit einem Licht darin in der Hand hielt, leuchtete mir ins Gesicht.

»Fährst du schon lange, Alter?« fragte ich hinauf.

»Lange,« antwortete eine trockene, hüstelnde Stimme.

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