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Friedrich Arnold Brockhaus – Erster Theil
Friedrich Arnold Brockhaus – Erster Theil

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Friedrich Arnold Brockhaus – Erster Theil

Язык: Немецкий
Год издания: 2017
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Endlich noch eine brüderliche Mittheilung. Es ist unvermeidlich, lieber Bruder, daß der Uebergang von meinen ansehnlichern zu den kleinern Geschäften mich nicht geniren müßte, besonders da ich es als ersten Grundsatz festgesetzt, mich dazu auch nicht eines insoliden Hülfsmittels zu bedienen, ich vielmehr damit begonnen habe, solche zu succificiren. Ueberhaupt fühle ich, daß ich doch dem ausgedehnten Geschäfte nicht gewachsen war bei der hiesigen Solidität, und daß ein Manufacturgeschäft hier mit einem Fonds wie der meinige eigentlich nur die Hälfte desjenigen solide thun kann, was ich ganz that. Außer den Hülfsmitteln, die in mir selbst liegen und die dazu mit dienen sollen, jenen Zweck zu erreichen, möchte ich aber auch noch gern alle die ins Werk setzen, welche für mich erreichbar sind und die dazu mit beitragen könnten, d. h. ich möchte gern alle die Fonds disponibel haben, welche mir doch einmal gehören, durch unangenehme Dispute aber nun für mich ohne Nutzen sind ...

Im weitern Verlaufe des Briefs macht er Vorschläge, die sich darauf beziehen, daß er seinen Antheil an den gemeinschaftlichen Ländereien bei Dortmund (circa 6 Morgen) abtreten und verschiedene Familienverhältnisse geordnet haben möchte, wodurch er ein Kapital von 6000 Fl. zu erhalten hofft. Außerdem bittet er seinen Bruder, ihn selbst noch auf etwa ein Jahr mit einem besondern kleinen Kapitale von etwa 4000 holl. Fl. zu unterstützen. Dann fährt er fort:

Es soll sowol dies, als wenn ich jenes erhalte, nicht dazu dienen, meine Geschäfte zu erweitern. Nein, es ist und bleibt der heiligste und unabänderlichste Vorsatz bei mir, sie vielmehr sehr einschränken. Es soll aber dazu mit dienen, um mir Verbindungen ganz entbehrlich zu machen auf auswärtigen Plätzen, die, so wie sie sehr kostbar waren, mich auch stets genirten und meine Thätigkeit von meinem eigentlichen Geschäfte ablenkten. Ich habe vor, mich ganz aufs Reine zu setzen und endlich einmal mir selbst und meiner Familie zu leben. Dieser Uebergang kostet mir aber, wie Du denken kannst, sehr viel Mühe und erfordert auch neue Fonds, indem bei einem großen Geschäfte auch der Credit groß ist und eins das andere stopft. Daß Du mir das Kapital mit Sicherheit anvertrauen kannst, dafür bürgt Dir mein Ehrenwort, daß erstlich meine Sachen gut stehen, und zweitens, daß, möchten mich auch unglückliche Umstände ereilen, es mir die heiligste Pflicht sein würde, Dich vorzüglich zu decken. Ich weiß wol, lieber Bruder, daß Deine Einrichtungen und auch Deine Fonds es nicht erlauben, daß Du mich aus eigenen Mitteln bedeutend unterstützest, allein ich dachte, daß Deine Verbindungen Dir vielleicht Mittel an die Hand böten, hier oder da so ein Kapital von etwa bis zu 4000 Fl. zusammenzubringen. Solltest Du inzwischen keine Gelegenheit haben, so sagst Du es mir nur einfach und ich suche mich dann anders durchzuschlagen. Es braucht zwischen uns keiner Complimente darin. Ein Ja ein Ja, ein Wort ein Wort ... Kurz, lieber Bruder, Alles, was Du vermagst zu thun, das thue in diesem Augenblicke, der durch das Zusammentreffen mehrerer Umstände für mich sehr unangenehm ist. Die größte Krise habe ich zwar überwunden, allein geheilt bin ich noch nicht, und es wird mir noch große Anstrengungen kosten, ehe ich darüber bin ... Ich habe Dir Alles sagen und Dir nichts verschweigen wollen. Du und Sophie sind die einzigen Menschen auf der Erde, die meine wahrhaften Freunde sind. Ich kann und will Beiden nie etwas verhehlen. Es wird Alles gut gehen, nur der Augenblick war hart und ist es noch. Die herzlichste Umarmung!

Die Antwort auf diesen Brief liegt nicht vor. Doch ist kaum zu bezweifeln, daß der Bruder ihm auch in diesem Falle, wie in so manchen frühern, nach Kräften geholfen, denn unterm 26. August 1805 dankt er ihm, weil er »die 3000 Fl. wieder in seinen Händen gelassen«, mit dem Bemerken: wenn er sie gern zurückhaben wolle, so werde ihn dies nicht geniren, falls er nur etwas vorher davon unterrichtet sei. Jedenfalls gelang es Brockhaus, seine Verhältnisse zu ordnen, und seinem Vorsatze getreu schränkte er das kaufmännische Geschäft wesentlich ein. Im October 1804 scheint er mehrere Wochen in Wesel zugebracht zu haben, wahrscheinlich eben zur Abwickelung eines frühern größern Waarengeschäfts.

Diese Einschränkung in enge Verhältnisse konnte aber seinem regen, weitstrebenden Geiste nicht lange genügen, und da er theils wegen der Continentalsperre, theils nach den kaum überstandenen Bedrängnissen daran festhielt, sein Geschäft in englischen Waaren nicht wieder auszudehnen, so mochte für ihn der Gedanke nahe liegen, neben demselben ein anderes Geschäft zu betreiben, das seinem Geiste bessere Nahrung versprach und von dem er doch auch materielle Erfolge erwarten konnte.

2.

Errichtung einer Buchhandlung

Von Jugend auf von dem lebhaftesten Interesse für die Literatur erfüllt, hatte Brockhaus, wie schon erwähnt, eigentlich gegen seinen Willen, nur auf Wunsch seines Vaters und durch zufällige Umstände darauf hingeführt, den Kaufmannsstand erwählt. Mehr durch fremde als durch eigene Schuld und durch die Zeitverhältnisse an der Durchführung seiner kühn und großartig angelegten Handelsunternehmungen gehindert, griff er jetzt zu der Idee zurück, die ihn seit seinem Aufenthalte in Leipzig oft lebhaft beschäftigt haben mochte: sich dem Buchhandel zu widmen, als einem Berufe, in dem er seine kaufmännischen Kenntnisse verwerthen und doch zugleich seiner Lieblingsneigung, der Beschäftigung mit der Literatur, leben konnte. Er stand noch in dem ersten Mannesalter, dem dreiunddreißigsten Lebensjahre; er hatte reiche Erfahrungen gesammelt, deren Schwere seinen Geist in keiner Weise zu beugen vermochte; er lebte in den glücklichsten Familienverhältnissen, an der Seite einer geliebten Frau, von blühenden Kindern umgeben: noch in Arnheim war ihm am 12. Februar 1802 eine zweite Tochter, Karoline, am 4. Februar 1804 in Amsterdam ein zweiter Sohn, Heinrich, geboren worden. Sollte er den Muth sinken lassen und nicht vielmehr versuchen, ob ihm das Glück nicht auf einem andern Felde lächeln werde?

Im Sommer 1805 ging er an die Ausführung des neuen Plans, obwol seine Buchhandlung formell erst am 15. October 1805 eröffnet wurde und dieser also der Gründungstag der Firma F. A. Brockhaus ist. Von diesem Tage datirt sein erstes buchhändlerisches Circular, allerdings nicht mit seinem Namen, sondern mit der Firma »Rohloff und Compagnie« unterzeichnet. Als Ausländer konnte er nämlich nicht Mitglied der amsterdamer Buchhändlergilde werden, und so bewog er einen ihm bekannten wackern Mann, den Buchdrucker J. G. Rohloff, zu erlauben, daß das Geschäft auf dessen Namen geführt werde. Dieser war dabei weiter nicht betheiligt, als daß er eine kleine Entschädigung für das Hergeben seines Namens erhielt, und Brockhaus von Anfang an alleiniger Eigenthümer. Auch ließ Brockhaus den Namen Rohloff's schon nach kaum zwei Jahren, 1807, ganz verschwinden und wählte für seine Firma die schon in jenem ersten Circular zur Charakterisirung des neuen Geschäfts gebrauchte Bezeichnung: »Kunst- und Industrie-Comptoir«, ohne Hinzufügung eines Namens.10 Hierüber sagt er in einem Briefe:

Aus Zartgefühl trennte ich bei zunehmenden Geschäften Hrn. Rohloff von unserm Geschäfte, um auch nicht den Schatten von Besorglichkeit in der Seele des guten Mannes aufkommen zu lassen, die er doch haben mußte, da sein Name gebraucht wurde.

Jenes erste Circular, aus dem die Absichten des Begründers gleich deutlich hervorgehen, lautet:

Amsterdam, den 15. October 1805.

Die Unterzeichneten haben die Ehre, Ihnen hiermit anzuzeigen, daß sie hierselbst ein Kunst- und Industrie-Comptoir errichtet haben, welches einerseits zur Absicht hat, nationale Wissenschaft und Kunst zu befördern und das Ausland damit bekannt zu machen, als andererseits: den Freunden der Wissenschaften und schönen Künste in den Vereinigten Niederlanden Gelegenheit zu geben, sich Alles, was das gebildetere Ausland, vorzüglich Frankreich, England, Deutschland und Italien, in diesen Hinsichten Merkwürdiges darbietet, schnell verschaffen zu können.

Wir werden uns bemühen, für die Batavische Republik einen Central- und Verbindungspunkt zwischen nationaler und fremder Kunst und Wissenschaft zu bilden und dadurch einem längst gefühlten und allgemein anerkannten Bedürfnisse abzuhelfen.

Jeder Auftrag des Auslandes, der sich also auf niederländische Literatur und Kunst bezieht, wird demnach ebenso pünktlich und sorgfältig ausgerichtet werden als wiederum alle inländischen Literatur- und Kunstfreunde Gelegenheit haben, durch uns alle Literatur-, Kunst- und Musikproducte des Auslandes schnell und zu billigen Preisen erhalten zu können. Zu beiden Arten von Aufträgen empfehlen wir uns also ergebenst und werden wir uns beeifern, das Zutrauen, um welches wir bitten, durch die That zu verdienen.

Rohloff & Co.

Dasselbe Circular wurde gleichzeitig in französischer Sprache versandt. Der französische Text weicht nur darin von dem deutschen ab, daß es im ersten Satze heißt: »que les soussignés viennent d'établir en cette ville un Institut de Commerce, sous la raison: Bureau des Arts et des Belles-lettres«, woraus sich auch die bereits erwähnte, nach damaliger Sitte ohne weitere Anzeige 1807 erfolgte Umänderung der Firma: Rohloff & Co., in die von: Kunst- und Industrie-Comptoir, erklärt.

Nähere Mittheilungen über die Gründung des buchhändlerischen Etablissements enthält ein Brief von Brockhaus an seinen Bruder, dem er sich natürlich gedrungen fühlte, sofort Kenntniß davon zu geben. Er schreibt aus Amsterdam vom 26. August 1805:

Ich habe Dir neulich ein paar Worte von einer neuen Unternehmung gesagt, wobei ich mich interessirt habe.11 Ich kann Dir jetzt etwas mehr darüber mittheilen. Ein paar angesehene und sehr wohlhabende Personen, Freunde der Wissenschaften und Künste, haben sich nämlich mit mir zu einem Institut wie das Weimarer und Wiener Industrie-Comptoir vereinigt, freilich sehr im Kleinen, um weniger selbst etwas zu produciren als fremde Sachen zu debitiren. Der Plan ist außer allem Zweifel ganz vortrefflich und verspricht, da durchaus noch nichts Aehnliches im ganzen Lande besteht, reiche Belohnung. Buch- und Kunst- und Musikalienhandel, activ und passiv, werden seine Vorwürfe sein. Wir haben einen Hauptdirector und ich bin Nebendirector, weil ich meiner sonstigen Geschäfte wegen nicht viel Zeit dazu verwenden kann. Ich werde Dir nächstens mal den Plan, wie wir ihn Schimmelpenninck vorgelegt haben, zur Einsicht mittheilen.12 Wir haben von diesem trefflichen Manne die lebhafteste Ermunterung erhalten und das Versprechen, uns auf alle mögliche Weise zu unterstützen.

Fürchte nicht, lieber Bruder, daß es mich in zu große Weitläufigkeiten setzen werde. Das wird nicht der Fall sein und kann es nicht sein, besonders da ich mein eigentliches Geschäft blos sehr mäßig treiben und höchstens darin einen Umschlag von 100000 Fl. bezwecken werde. Du kennst übrigens meine Liebhaberei für Literatur und Kunst und kannst also denken, wie angenehm es für mich sein wird, mich auf diese Art damit zu beschäftigen. Das Museum, das jetzt an 250 Mitglieder hat, wird unser Institut, da einer der Directoren, Clifford, dabei interessirt ist, zu seinem Fournisseur wählen, und schon dadurch allein ist uns ein Absatz von 6000 Fl. sicher. Die Einrichtungen sind übrigens so getroffen oder werden es (denn noch ist die Sache erst im Werden), daß ich wenig Arbeit damit habe, und es wird mich dasselbe nicht verhindern, Euch dies Jahr noch zu besuchen, wenn nicht von andern Seiten vielleicht was dazwischen kommt.

Wer der in diesem Briefe erwähnte »Hauptdirector« des projectirten buchhändlerischen Geschäfts war, neben dem sich Brockhaus nur als »Nebendirector« bezeichnet, ist nicht bekannt. Entweder blieb die Ernennung eines solchen ein bloßes Project, wie sich überhaupt das Geschäft und Brockhaus' Wirksamkeit in demselben bald wesentlich anders gestaltete, als er sie sich zuerst gedacht hatte. Oder — und das ist das Wahrscheinlichere — unter dem »Hauptdirector« war derjenige gemeint, der dem Publikum und speciell der »Gilde« gegenüber mit seinem Namen hervorzutreten hatte, der Buchdrucker Rohloff, während Brockhaus unter dem Namen eines »Nebendirectors« factisch der eigentliche Leiter des Geschäfts wurde. Denn in einem spätern Briefe an seinen Bruder (vom 25. August 1807) sagt er ausdrücklich, daß er der »alleinige Eigenthümer« der Firma Rohloff & Co. gewesen sei. Auch die »angesehenen und sehr wohlhabenden Personen«, von denen er in jenem frühern Briefe sagt, daß sie mit ihm zur Gründung des Geschäfts sich vereinigt hätten, sind wol schwerlich als Mitbegründer und Miteigenthümer des Geschäfts anzusehen; es waren vielmehr »Freunde der Wissenschaften und Künste«, die als solche und als seine persönlichen Freunde ihm mit ihrem Einfluß und selbst mit materiellen Mitteln zur Seite standen. So schreibt er einmal an seinen Bruder: »Ein wackerer Mann, dem ich mich entdeckte, fand meine Idee sehr gut, und ich erhielt von diesem auch noch dazu ein Kapital von 6000 Fl.« Dieser »wackere Mann« kann jener ebenerwähnte Mitdirector des Museums, Clifford, oder der Großpensionär Schimmelpenninck gewesen sein. Von letzterem wurde Brockhaus jedenfalls auch materiell bei seinem neuen Unternehmen unterstützt, wie aus spätern Rechnungspapieren hervorgeht. Ferner nennt er später einmal dankbar folgende Namen als solcher Amsterdamer, die ihm in ähnlicher Weise zu Hülfe kamen, ohne daß uns Weiteres als eben diese Namen bekannt geworden: Gulcher, Falk, Hultmann, Rodde. Möglich ist indeß auch, daß es ursprünglich auf ein Actienunternehmen abgesehen war, das sich später zerschlug.

Aus dem oben mitgetheilten Briefe geht ferner hervor, daß Brockhaus zunächst durchaus nicht die Absicht hatte, sein »eigentliches« kaufmännisches Geschäft aufzugeben; er wollte dieses nur, wie er es schon Ende 1804 sich selbst und seinem Bruder versprochen hatte, nach den bösen Erfahrungen der letzten Zeit wesentlich einschränken und neben demselben, gewissermaßen als Liebhaberei, das neue buchhändlerische Geschäft betreiben. Dieses beabsichtigte Verhältniß kehrte sich allerdings bald um: das buchhändlerische Geschäft wurde die Hauptsache, das kaufmännische die Nebensache, sei es, daß er das letztere absichtlich immer mehr einschränkte, oder daß dasselbe immer weniger rentirte, sei es, daß das erstere sein Interesse und seine Thätigkeit mehr in Anspruch nahm als er sich gedacht hatte. Indeß gab er das kaufmännische Geschäft immer noch nicht ganz auf, sondern betrieb es nebenbei mehrere Jahre fort, bis zu seinem Weggange von Amsterdam, obwol er noch mehrmals sich ganz davon loszumachen versuchte. Eine solche Doppelstellung erscheint in unserer Zeit der Arbeitstheilung ungewöhnlich; damals und bei dem raschen Wechsel der politischen Verhältnisse kam sie öfter vor.

Des Zusammenhangs wegen mögen aus dem bereits erwähnten spätern Briefe an seinen Bruder vom 25. August 1807 einige Stellen gleich noch hier folgen:

Ich halte es für den glücklichsten Gedanken meines Lebens, daß ich, als vor zwei Jahren ich die Unmöglichkeit begriff, mein Geschäft in englischen Manufacturwaaren mit Glück, Ruhe und Segen fortführen zu können, um davon meine schwere Haushaltung und Ausgaben zu bestreiten, daß ich da den Entschluß faßte, hier ein Etablissement für Buch- und Kunsthandel zu errichten, wie es in unserm Lande keines gab, das mir ein gutes Auskommen versprach, keinen übergroßen Fonds erforderte und das meinem Genius vollkommen angemessen war. Indessen hatte ich zur Absicht, doch ein noyau für Manufacturgeschäfte beizubehalten, um in günstigern Zeiten es vielleicht wieder aufzufassen und weiter auszudehnen. Ich war zu der Zeit einer der Directoren unsers Museums und meine Idee wurde dadurch sehr begünstigt ... Durch die Kenntniß und durch die Thätigkeit, welche ich in das neue, meinem Sinne so angemessene Geschäft legte, wuchs solches bald bedeutend, und ich entschloß mich, den noyau, den ich noch von Manufacturen angehalten hatte, fahren zu lassen und mich ganz und allein dem neuen Geschäfte zu widmen, für welches, wie wol Jeder gestehen wird, der mich kennt, ich Jedem und mir selbst außerordentlich berechnet schien ... Antheil hat Niemand am ganzen Geschäfte als ich allein. Ich lasse indessen im Publikum die Idee gelten, als ob mehrere dabei interessirt wären.

Er erwähnt dann noch, daß er seine »andere sehr lucrative aber lästige Unternehmung« (den kaufmännischen noyau) zu verkaufen beabsichtige; indeß findet sich keine Notiz, ob und wann dieser Plan zur Ausführung gekommen.

Doch kehren wir zu dem Beginn seines buchhändlerischen Unternehmens im Sommer 1805 zurück, das er, wie alles im Leben, sofort mit lebhaftem Eifer und nach großartigen Gesichtspunkten anfaßte.

Noch vor Erlaß des Circulars schrieb er an einige größere Buchhandlungen, um gleich bei Eröffnung seines Geschäfts wohlgerüstet auftreten zu können. Nur zwei solcher Briefe sind uns erhalten, beide an Breitkopf & Härtel in Leipzig gerichtet.13

In dem ersten, Amsterdam, 5. September 1805 datirt und noch nicht mit der Firma des neuen Geschäfts, sondern »A. Brockhaus« unterzeichnet, heißt es:

Einige Freunde der Literatur und schönen Künste haben sich entschlossen, hierselbst eine Buch- und Kunsthandlung anzulegen nach einem ganz neuen Plane, und dadurch für unsere Republik einem sehr gefühlten Bedürfnisse abzuhelfen. Es wird sich solche mit eigenem Verlage und mit Sortiment befassen und sich überhaupt bemühen, der Verbindungspunkt zwischen nationaler und ausländischer Wissenschaft und Kunst zu werden. Der vollkommene Mangel eines solchen Instituts in den Vereinigten Niederlanden, die glückliche Lage derselben zur Unterhaltung eines Verkehrs mit allen Nationen, selbst mit fremden Welttheilen, der Geist der Zeit überhaupt und endlich die Kenntnisse, der Eifer und die Mittel der Unternehmer — Alles dieses läßt der Unternehmung mit Wahrscheinlichkeit einen guten Erfolg hoffen.

Es sind noch einige Hindernisse, die in dem Zunft- und Gildenwesen ihre Ursachen haben, zu beseitigen, und wir müssen also die Herumsendung unserer Circulare, woraus Sie alles Nähere ersehen werden, so lange aussetzen. In einigen Wochen wird solches aber spätestens geschehen. Bis dahin habe ich, einer der Mitunternehmer, übernommen, schon einige Einleitungscorrespondenz anzufangen, und in dieser Qualität bin ich deshalb auch so frei, Ihnen das Gegenwärtige zu adressiren. Es soll sich dasselbe heute allein auf Ihren Musikverlag beziehen. Musikalienhandlung liegt vorzüglich mit im Plane unsers Instituts, da wir darin uns des besten Erfolgs schmeicheln dürfen, weil hierin fast nichts in unserer Republik gethan ist, unerachtet in derselben eine ausgezeichnete Liebhaberei für jede Gattung der Tonkunst statthat. Wir wünschen zu diesem Zwecke also mit den vorzüglichsten Musikalienhandlungen in Deutschland, der Schweiz und Frankreich in Verbindung zu treten und von denselben ihren Verlag in Commission zu erhalten, indem — wenigstens vor der Hand — es ganz unmöglich ist, sich selbigen gleich auf eigene Rechnung anzuschaffen.

Meine ergebenste Frage an Sie ist also hierdurch: ob Sie sich hierzu wol entschließen möchten, und wenn das: ob Sie sich, was wir wünschen müssen, auf uns für unsere Republik einschränken und künftige ähnliche Anfragen zurückweisen wollen, solange unser Verkehr und Vertrieb Ihnen ansteht, und drittens: welches Ihre Bedingungen, Vortheile und Rabatte sind, die Sie zugestehen.

Aus einer Notiz auf dem Briefe ist zu ersehen, daß Breitkopf & Härtel in Leipzig unterm 11. September antworteten:

40 Procent gegen Baarzahlung, wenn er für netto 100 Thlr. nimmt; das franco Remittirte tauschen wir gegen andere Sachen aus.

Darauf erwidert Brockhaus unterm 27. September:

Ihre Zuschrift vom 11. d. M. habe ich wohl erhalten und sie unserm Institute vorgelegt. Es hat dieses nichts dagegen, Ihnen zum Anfange comptant zu zahlen, jedoch unter der von Ihnen selbst angebotenen Bedingung, von Zeit zu Zeit das nicht Verkaufte gegen andere Artikel vertauschen zu können, und unter der, daß Sie uns anstatt 40: 50 Procent Rabatt geben. Wenn Ihnen dies convenirt, so wollen Sie für circa 400 Thlr. der neuesten und am meisten gesuchten Sachen — ein Sortiment von Allem — für uns auslegen und über Zwoll p. Adr. des Herrn F. L. Schlingemann an mich mit dem Postwagen absenden. Wir bitten Sie, diese Auswahl in jeder Rücksicht auf das sorgfältigste und geschmackvollste zu treffen. Es ist unser Debüt in diesem Artikel und also um so nöthiger. Den ungefähren Betrag de circa 200 Thlr. wollen Sie in zwei Monat dato in holländischen Ct. Fl. (Courant-Gulden) nach dem dortigen Course auf mich bei der Absendung entnehmen. Factura und Avis über Ihre Tratte erwarte mit der Briefpost.

Aus dieser Correspondenz ersieht man, wie leicht sich Brockhaus in die neuen Geschäftsverhältnisse fand, die ihm bisher ganz fremd waren, da er doch nie den Buchhandel oder gar den Musikalienhandel »erlernt« hatte, und wie umsichtig er sein Geschäft begann. Für die bestellten Musikalien fand er auch bald einen regelmäßigen Abnehmer, indem ihm die Direction des großen Concerts die Lieferung ihres Bedarfs übertrug; dies geschah indeß erst am 21. October, während er jene erste Bestellung bereits am 27. September aufgegeben hatte. Auch das Museum übertrug ihm sofort die Lieferung seiner Zeitungen und Bücher.

Um mit dem deutschen Buchhandel ordnungsmäßig verkehren zu können, hatte er, auch noch vor Erlaß seines Circulars, einen Commissionär in Leipzig gesucht und in der Person des Herrn Heinrich Gräff gefunden; er erwähnt seiner bereits am 5. September in dem ersten Briefe an Breitkopf & Härtel.

Aber noch kühnere Ideen hegte er gleich bei Beginn seiner buchhändlerischen Laufbahn: er dachte sofort auch an die Errichtung einer Buchdruckerei in Amsterdam! In demselben Briefe heißt es:

Durch Herrn Gräff habe ich mir auch schon eine Probe von Ihrer Schriftgießerei erbeten, da wir die Absicht haben, auch ehestens eine Druckerei anzulegen, wozu wir wol gezwungen sind, da in unserer ganzen Republik keine Buchdruckerei existirt, die nur etwas Erträgliches zu liefern im Stande wäre.

Dieses Project kam freilich damals nicht zur Ausführung, sondern erst in viel späterer Zeit (1818 in Leipzig), wie so manche Einrichtungen in dem von ihm begründeten Geschäfte, zu denen er noch den Keim gelegt hatte.

Daß er sich überhaupt auch für das seinem Ideenkreise ferner liegende technische Gebiet interessirte, geht noch aus folgendem, unterm 12. Juli 1805 an Professor Gubitz in Berlin gerichteten Briefe hervor, der zugleich zeigt, wie sorgfältig er schon damals die deutsche Journalliteratur verfolgte:

Durch die Discussionen, die unlängst zwischen Ihnen und Hrn. N. N. im »Freimüthigen« und in der »Zeitung für die elegante Welt« Platz gehabt und meiner Meinung nach sich auf eine sehr schmeichelhafte Weise für Sie und die schöne Kunst, der Sie mit einem so edlen Enthusiasmus anhangen, geendigt haben14, bin ich auf Ihre Bemerkung: daß sich die Holzschneidekunst sehr zu unnachahmlichen Staatspapieren u. dgl. eigne, und durch die Anzeige, daß Sie sich mit Versuchen hierüber beschäftigten, insofern aufmerksam gemacht worden, daß ich einen Freund hierselbst, der einen sehr ansehnlichen Debit in gestochenen Wechseln (deutscher, holländischer und allen andern Sprachen), in Assignationen, Leistungen u. dgl. hat und der jährlich eine ganze Menge Platten abnutzt, ebenfalls aufmerksam gemacht habe, daß sich Formen aus Holz hierzu wol besser eignen und ihm einen ansehnlichern Vortheil abwerfen würden als Kupferplatten, die gleich abgenutzt sind. Mein Freund hat meine Idee sehr gut gefunden, und er hat mir demzufolge den Auftrag gegeben, mich mit Ihnen darüber zu unterhalten, welches zu thun ich mir hierdurch also die Freiheit nehme.

Meine ergebenste Frage an Sie wäre also: ob Sie sich auch wol schon mit solchen Gegenständen beschäftigt, als oben erwähnt, und ob Sie mir darüber nicht einige Proben einsenden können? Wenn das aber nicht wäre — ob Sie dann glauben, daß sich Ihre Kunst auch sehr zu Buchstaben und Zahlenzeichen eigne? Dann, was eine Platte, wie z. B. zu einliegendem Wechsel, kosten werde? Und endlich, ob Sie in den ersten drei Monaten wol Zeit haben würden, um ein halbes oder ganzes Dutzend von solchen und ähnlichen Formen fertig zu machen?

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