bannerbanner
Gräfin Elisa von Ahlefeldt, die Gattin Adolphs von Lützow, die Freundin Karl Immermann's
Gräfin Elisa von Ahlefeldt, die Gattin Adolphs von Lützow, die Freundin Karl Immermann's

Полная версия

Gräfin Elisa von Ahlefeldt, die Gattin Adolphs von Lützow, die Freundin Karl Immermann's

Язык: Немецкий
Год издания: 2017
Добавлена:
Настройки чтения
Размер шрифта
Высота строк
Поля
На страницу:
2 из 5

Dort erhielt Elisa den ersten Brief von Lützow; wir theilen denselben, so wie einige folgende mit, da es interessant sein dürfte, Adolph von Lützow, der meist nur als muthiger Offizier und Führer der Freischaar genannt wird, hier als eifrigen Liebhaber und Bewerber kennen zu lernen. Er schrieb ihr aus Welle bei Tangermünde an der Elbe, den 2. August 1808: »Gnädige Gräfin! Nicht allein Eigennutz, etwas von Ihren weißen Händen zu besitzen, veranlaßt mich, Ihnen zu schreiben, sondern ich verbinde noch das Vergnügen damit, mich mit Ihnen unterhalten zu können, und weiß doch gewiß, daß während Sie diese Zeilen lesen, Sie die Güte haben müssen – an mich zu denken. – Meine Reise habe ich bisher glücklich zurückgelegt, der Himmel war klar und unbewölkt, mich konnte dies aber nicht freuen, denn ich kann es nicht ausstehen, wenn alles um mich her heiter ist, während ich mich den Träumen einer zweifelhaften Zukunft überlasse. – Wie ist es Ihnen in Nenndorf gegangen? Ich hoffe, vergnügt, und wünsche doch so herzlich, daß Sie wenigstens den ersten halben Tag nach meiner Abreise nicht ganz froh gewesen sein möchten. So groß ist meine Selbstsucht, daß ich sogar auf Kosten Ihres Vergnügens die Hoffnungen meines Herzens recht sehr ungern getäuscht wissen möchte. – Wie wird es aber in Pyrmont werden? Werden Sie nicht dort, meine innigverehrte Gräfin, über alle interessante Bekanntschaften der blauen Farbe treu zu bleiben vergessen? Die Farbe der Beständigkeit hat, vorzüglich jetzt, tausendfachen Werth für mich, und das Schönste aus Ihren Händen selbst, ohne diese keinen Reiz für mich. – Aber was schreibe ich für dummes Zeug! Sie versprechen mir ein Geschenk, und ich mache schon Bedingungen. Um Gotteswillen, Gräfin, nehmen Sie sich in Acht! – Habe ich nur etwas Hoffnung, so werde ich übermüthig. – Sagen Sie nicht, daß Sie mir nicht abgeneigt sind, dann übertreibt meine Phantasie, dann werde ich unbändig und glaube schon das zu besitzen – was ich herzlich empfinde, aber nicht nennen will, weil es so Viele nennen, ohne es zu empfinden. Ist diese Hoffnung erst zur Ueberzeugung geworden, dann möchte mein lahmes Bein mich umsonst abhalten wollen, den weitesten Weg zurückzulegen, um mein Glück zu erreichen, meine krumme Hand stark genug sein, es festzuhalten, und mein deutsch ehrlicher Kopf die Mittel wohl finden, wodurch es mein werden muß.« –

Lützow täuschte sich nicht, wenn er auf Elisens Treue rechnete; sie hatte mit jener Energie, die ihr in allen wichtigen Lagen ihres Lebens eigen war, fest beschlossen, keinem Anderen als Lützow ihre Hand zu geben.

Auf der Rückreise von Pyrmont wurde Hamburg wieder berührt, und die Reisenden suchten in Altona den Schriftsteller und Arzt, Professor Johann Christoph Unzer auf, mit dem und dessen Gattin sie in Nenndorf zusammengetroffen, und in freundlichen Verkehr getreten waren. Es ist dies derselbe Unzer, welcher mit der schönen, berühmten Schauspielerin Charlotte Ackermann befreundet war, deren Andenken durch Otto Müller's interessanten Roman dieses Namens neu aufgefrischt worden ist. Professor Unzer war damals zweiundsechzig Jahre alt, und starb das folgende Jahr in Göttingen auf einer Reise.

Ende Augusts langte man wieder in Ludwigsburg an, und nun mußte ernsthaft daran gedacht werden, den Vater für die beabsichtigte Verbindung zu gewinnen. Dies war nicht leicht. Unterdessen schrieb Lützow an Elisen aus Treptow, den 1. Oktober 1808: »Ihrer verehrungswürdigen Frau Mutter küsse ich die Hände in Gedanken, und bitte Sie, ihr zu sagen, daß ich mich gerne, um ihren Beifall zu haben, in allen Tugenden üben wollte, aber Geduld – in einem gewissen Punkte, das ist eine Tugend, die ich nicht erreichen werde, und unter uns gesagt, nach der ich nicht strebe. Schlimm genug, wenn das unglückliche Schicksal jemanden so hart prüft, wie mich; wie lange wäre ich nicht schon so kühn gewesen, nach Ludwigsburg zu kommen, aber leider haben es die Verhältnisse nicht gestattet, und was würden Sie von einem Manne denken, der seine Pflicht nicht erfüllt, und wenn ihm dies auch noch so schwer würde.« –

Nach langem Zögern sprach der Vater seinen Willen aus, der aber sehr wenig die Wünsche der Liebenden befriedigte; er war der Verbindung entschieden abgeneigt, und verlangte vor allem, daß Lützow nicht eher nach Ludwigsburg komme, als bis er ihm die Erlaubniß dazu gebe; er wies die Tochter schnöde zurecht, meinte, sie würde es ihm später einmal Dank wissen, daß er so und nicht anders handle; es gebe der schlechten Romane genug in der Welt, er wünsche nicht, daß Elisa sie vermehre, und »z. B. eine irrende Ritterin werde, wie die Ahlefeldten von Saxtorf!« – Das war wenig tröstlich!

Mit immer sich steigernder Sorge und Ungeduld schrieb Lützow aus Berlin, den 1. Januar 1809: »Liebe, gute Elise! Von ganzem Herzen habe ich mich gefreut, einen Brief von Ihnen zu erhalten, ich eile zu danken und versichere, daß mich nichts glücklicher macht, als der Beweis, daß ich noch bei Ihnen in gutem Andenken stehe. Zugleich danke ich für die Abschrift des Briefes an Ihren Vater, was aber das Mißtrauen betrifft, so traue ich so fest, daß ich selbst diese nicht verlangt hätte. Habe ich Mißtrauen, so ist es an meiner eigenen Liebenswürdigkeit, so entspringt es aus dem Zweifel, daß Ihnen ein schlichter, grader Sinn nicht Ersatz genug sein wird für Bildung und feine Welt. – Ich mache mir die Freude Ihnen mein Ideal der Treue zu übersenden1; ich versichere, daß ich in meinem ganzen Leben nicht schlechter als dieser Pudel sein werde, der fest entschlossen ist, und nichts inniger wünscht, als seine liebenswürdige Gebieterin nie zu verlassen. Er ruht auf dem Beweis, daß ich Kraft genug habe, dem, was ich liebe, alles zu opfern.« –

Dieser Verkehr mit dem Entfernten erfüllte Elisens Herz beinahe ausschließlich in dem Winter in Ludwigsburg, den sie wieder still und einsam mit ihrer Mutter dort zubrachte. Lützow schrieb ihr aus Berlin, den 7. Januar 1809: »Wie muß einem Menschen zu Muthe sein, dem sich der Himmel öffnet, er glaubt das höchste Glück erreicht, und wird in den tiefsten Abgrund des Unglücks gestürzt. – Die Natur schuf mich fest und resignirt, doch diesen Wechsel würde ich nie aufhören zu empfinden, er raubte mir das letzte Vertrauen an die Menschen. – Was ein Mensch opfern darf, lege ich Ihnen zu Füßen, mit Ihnen vereinigt, will ich an jedem Ort der Welt glücklich leben. Alle äußeren Verhältnisse will ich zerbrechen, bleibt mir nur die Aussicht meinem Vaterlande noch in meinem Leben einmal nützen zu können. Was wäre ich Ihnen ohne dieses Gefühl, was wäre Ihnen ein Mann ohne feine Politur, wenn diese nicht durch einigen inneren Werth ersetzt würde.« –

Lützow versäumte unterdessen nicht, seinen Eltern, seinen Brüdern und seiner Schwester in Berlin von seiner herrlichen Braut soviel mitzutheilen, daß sie gleich ihm dem Augenblick mit Ungeduld entgegen sahen, wo er sie heimführen würde. Wie sehr er Elisens Werth fühlte, drücken lebhaft die folgenden Zeilen aus, die er ihr aus Berlin den 27. Jan. 1809 schrieb: »Liebe Elise! Sie sind besorgt für mein Glück? Sie verstehen sich wenig auf Ihre eigenen Vorzüge; wer nicht mit Ihnen glücklich ist, dem hat die Natur stiefmütterlich den Stoff der Freude versagt. – Ich bin kein so eifriger Verehrer des Plato, daß die Vorzüge Ihrer Gestalt keinen Eindruck auf mich schwachen Menschen machen sollten. – Ich bin nicht so ernst, daß Ihre frohe Laune nicht auch mich zur Freude umstimmen müßte. Ihre liebenswürdige Aufrichtigkeit gäbe auch einem Greise dieses Prädikat der Jugend zurück. Bei wem nur ein Funke Gefühl für Großes und Edles ist, dem wird Ihr Umgang dies zur erwärmenden Flamme erheben. Wen der Himmel nicht mit einem Staar gestraft hat, der muß täglich neue Vorzüge an Ihnen entdecken und sich glücklich fühlen! – Aber daß diese Eigenschaften nicht zur Geduld einladen, welche Sie, meine schöne Priesterin, predigen, das ist begreiflich, und Ihr Vater, den die erste dieser Eigenschaften schon allein hinreißt, der sollte etwas billiger denken. – Nur für Elise allein will leben Ihr Adolph.« –

Erst als nach einiger Zeit Graf Friedrich selbst nach Ludwigsburg kam, konnten Mutter und Tochter diese Gelegenheit benutzen, ihn etwas günstiger zu stimmen. Die Beständigkeit der Neigung Elisens mochte denn doch wohl Eindruck auf ihn machen, aber er wollte noch nichts festsetzen und verlangte als erste Bedingung, daß Lützow Preußen ganz verließe und nach Dänemark übersiedelte, wo er vielleicht eine Anstellung im Forstwesen oder am Hofe fände, die Graf Friedrichs Einfluß ihm wohl verschaffen konnte. Die Bedingung, Vaterland und Beruf aufzugeben, war hart für Lützow; er schrieb hierüber: »Der Segen, den Ihr Vater über Sie die Güte haben will, auszuschütten, dieser goldene Segen ist hinreichender Grund alle übrigen Forderungen des Vaters als rechtskräftig zu beweisen? – Ich verwerfe diesen kalten Richter! Schon die uralte Fabelzeit übergab dem Weibe die Wage der Gerechtigkeit; ein fühlend Herz muß über das Schicksal der Menschen entscheiden, sprechen Sie das Urtheil! – Muß ich unbedingt dem Willen des Vaters gehorchen? Ihr Wille sei mein Gesetz. Hören Sie aber meinen Vorschlag. Ihr Vater erlaubte uns vielleicht in Ludwigsburg zu wohnen; eine prosaische, ökonomische Untersuchung fände diesen Vorschlag vernünftig, und wir erhielten die gewünschte Einwilligung. Wir reisten, damit ich die Freude hätte, meine Gemahlin meinen Eltern vorzustellen, nach Berlin. – Ich wüßte schon vorher bestimmt, daß man mir Dienste anböte, und ich aus falscher Scham überrascht, nehme diese an, dann bin ich gefesselt. – Glauben Sie, Sie werden von meinen Landsleuten artiger als ich von den Ihrigen empfangen. – Ist dieser Plan auszuführen? entscheiden Sie!« –

Elisa beklagte, den Willen des Vaters nicht ändern zu können; sie verlangte keine glänzende Stellung für ihren Gatten, und versicherte ihrerseits in den bescheidensten Verhältnissen mit ihm glücklich werden zu können. Er antwortete hierauf: »Ich will nie aufhören, Ihr treuer Sclave zu sein, bleiben Sie meine gütige Herrin, welche die Ketten, in die sie mich legte, durch Freundschaft und Liebe zu den süßesten umschuf. – Sie haben zu viel eigenes Verdienst, um das Ererbte höher zu schätzen; es gehört aber viel Geistesstärke dazu, dem Fehler des Zeitalters, der Sucht zu glänzen, zu widerstehen. Wenn der Vater Fürst ist, wird der Tochter ein fühlend Herz Ersatz genug für äußeren Glanz sein? Meine Vorfahren haben zwar das Herzogthum Verona besessen, mir aber, gute Elise, bleibt nichts übrig als die Leiter, welche diese Stadt und ich im Wappen führen. Doch eine Leiter ist genug für mich, ist mir das Glück beschieden, damit Ihr Herz zu erstürmen, und versichern Sie, daß das, was ich besessen habe, mir durch keinen entrissen werden kann. Geben Sie mir diesen Trost, und ich bin glücklich. Adolph.« –

Da zuletzt nichts anderes übrig blieb, entschloß sich Lützow einstweilen Preußen zu verlassen, nahm seinen Abschied, und erklärte sich bereit, dem mißtrauischen Grafen Friedrich alle darauf bezüglichen Papiere, unter denen auch Königliche Kabinetsschreiben, die sehr zu seinem Vortheil sprachen, mitzutheilen; allein trotzdem versagte der Vater noch immer seine Einwilligung. Lützow schrieb darüber aus Schöneiche, den 27. Juli 1809: »Aus Deinem letzten gütigen Schreiben habe ich leider ersehen, daß Dein Vater fortfährt, sich unserer Verbindung zu widersetzen. Wie hart von ihm, zwei Wesen zu trennen, welche wahrhaftig für einander geschaffen sind, wie hart von ihm, uns in diesem Augenblick trübe Tage der Einsamkeit verleben zu lassen, da wir so glücklich mit einander sein könnten! – Deinem Vater habe ich keine Gelegenheit zur Unzufriedenheit gegeben. Das Aeußere habe ich menagirt, und sonst haben Leute von Gefühl dieselben Gesinnungen, wenngleich das Alter klüglich schweigt, wo die Jugend aufbraust. Genug von Verhältnissen, die waren und nicht wiederkehren können. Glücklich der, dem das Glück beschieden, sie in so zärtlichen Armen wie die Deinigen zu vergessen. – Wir wollen eine Welt für uns im Kleinen bilden und die große vergessen, welche nicht einmal die Gefühle eines Mannes zu würdigen versteht, viel weniger nachzuahmen weiß. Du aber wirst mich verstehen, wir werden uns gegenseitig schätzen und glücklich sein! Wie kamst Du in Deinem Lande zu solcher Freiheit von Vorurtheilen?« –

Lützow reiste nun nach Königsberg, um vom König die Erlaubniß nachzusuchen, in fremde Dienste treten zu dürfen. In einem Briefe von dort vom 6. September 1809 drücken sich seine kräftige Gesinnung und seine Ansichten über die Umgebung des Königs so entschieden aus, daß wir nicht unterlassen können, ihn mitzutheilen; er lautet: »Meine beste Elise! Dein Brief war mir ein wahrer Trost in der Wüste. Königsberg bleibt für mich eine Wüste, denn was ist die schönste Gegend ohne Bewohner, und was helfen uns Menschen, wenn nicht gleiche Charaktere uns verbinden. Liegt es an mir, kurz, ich gefalle mir nicht hier. Ich finde hier dieselben Leute, mit welchen ich in Potsdam lebte, als ich bei der Garde stand. – Die Umgebungen des Königs sind mit weniger Ausnahme dieselben, und das herbe Schicksal hat sich umsonst erschöpft, ihnen die Augen zu öffnen. – Das Corps Offiziere der Garde, welches die ganze Campagne durch beinah nie vor dem Feinde gewesen, ist schwach genug zu glauben, es sei ein größeres Verdienst bei dem Könige zu leben, als für ihn zu sterben. – Die Menschen hier sind in zwei Partheien getheilt und hassen sich auf eine fanatische Art; und dennoch sind beide Theile sich völlig gleich, denn jeder liebt nur sich selbst. – Die eine Parthei sucht zwar durch einen sogenannten Patriotismus sich einen Werth zu geben, die andere setzt in eine kalte Klugheit ihren Werth, beide sind aber darin gleich, daß sie mit einem Heißhunger jeden einträglichen Posten zu verschlingen suchen. – Keiner weiß, was ich eigentlich hier will, denn etwas für sich zu suchen und zu bitten, natürlich, darum kann man nur in Königsberg sein. – Daß ich mir die Sache eigentlich besehen will, wie man in die Komödie geht, ohne selbst Lust zu haben, etwas vom Gehalte des Schauspielers zu erwischen, das glauben sie nicht. – Oefters stoßen sie sich auch an und glauben, ich sei verrückt, wenn ich deutlich zu erkennen gebe, daß fürchterliche Ordenssterne himmelweit von großen Verdiensten verschieden sind. – Die Frau, deren Mann der Zufall früh einen tiefen Blick in den Glanz der großen Welt thun ließ, braucht nicht zu besorgen, daß er das stille häusliche Glück diesem Prunke zurücksetzen werde. Am wenigsten dann, wenn sie eine Elise ist, und so zärtlich von ihrem Gemahl geliebt wird, als Du von Deinem Adolph.« – Die Betheurungen, die Verheißungen der Beständigkeit, die er hier und an so vielen anderen Stellen so verschwenderisch aussprach, sie mögen ihm später, wenn er ihrer gedachte, manchmal schwer auf die Seele gefallen sein! –

Elisa fühlte, daß endlich eine Entscheidung erfolgen müsse, und reiste nun zu ihrem Vater nach Langeland, und dort scheinen ihre Vorstellungen ihn endlich bestimmt zu haben, in ihre Wünsche zu willigen. Nach langen Verhandlungen, die den Liebenden endlos vorkamen, waren endlich alle Verhältnisse geordnet, und Lützow eilte zu seiner Braut, die so treu und unerschütterlich an ihm festgehalten hatte, und die den 20. März 1810 die Seine wurde. –

Bald nach der Hochzeit reiste Lützow mit seiner jungen Frau nach Berlin, um sie seiner Familie vorzustellen. Sie gewann bald deren Zuneigung, und besonders schloß sich Lützow's jüngster Bruder Wilhelm ihr mit brüderlichem Zutrauen und unbegränzter Verehrung an. Das Leben in Berlin machte auf Elisa den günstigsten Eindruck; sie besuchte den Hof, der aber bald nach ihrer Ankunft durch den Tod der Königin Luise in Trauer versetzt wurde; in den sonstigen geselligen Kreisen knüpfte sie manche interessante Bekanntschaft an, und befreundete sich auf das herzlichste mit dem Philosophen Solger und seiner Frau. Sie besuchte auch das Theater, und erfreute sich der vortrefflichen Darstellungen classischer Stücke, die durch das ausgezeichnete Spiel Iffland's und der Bethmann besonders anziehend waren. Nur die Ungewißheit ihrer Lage hatte etwas Störendes; Lützow war noch immer ohne Thätigkeit, nach der er doch so sehr verlangte; da sich eine dänische Anstellung nicht sogleich erwirken ließ, so war die Rede davon, ob er ein Gut in Langeland übernehmen solle; doch er und Elisa wünschten lebhaft, in Preußen bleiben zu können.

Unterdessen hatten die schlimmen Zeiten, und zugleich der Aufwand, den er machte, Elisens Vater in mancherlei Verwicklungen gebracht, und der Ertrag seiner Güter verminderte sich immer mehr. Die großen Einkünfte, die Elisen bestimmt waren, mußten unter solchen Umständen ausbleiben.

Nach zwei Jahren peinlicher Spannung rief ein trauriges Ereigniß Elisen plötzlich in die Heimath zurück: ihre Mutter war durch den Kummer über den Gemahl, die Trennung von ihrer einzigen, ihr so theuren Tochter und die unglücklichen allgemeinen Zustände sehr niedergedrückt, ihre Gesundheit litt, und sie starb den 30. März 1812 zu Kopenhagen.

Das war ein Schmerz für Elisen, den sie ihr ganzes Leben lang fühlte; sie konnte sich nicht trösten, und nach langen Jahren noch gestand sie, daß die Zeit ihre Betrübniß nicht zu lindern vermöge. Vor Kummer verlor sie plötzlich ihre schöne Stimme, und nie konnte sie wieder singen.

Mit den traurigsten Gefühlen kehrte Elisa in der Begleitung Lützow's, der ihr nach Kopenhagen gefolgt war, um sie abzuholen, nach Berlin zurück. Hier sollten bald neue unerwartete Umstände ihr Leben zu einem unruhigen und wechselvollen machen.

Das Jahr 1813 begann, und mit ihm jene denkwürdige Zeit unserer Geschichte, die ewig unvergessen dastehen wird. Des Königs Friedrich Wilhelm des Dritten Ruf zu den Waffen: »Die Jugend meines Volkes rüste sich zum Schutze des Vaterlandes!« schlug wie ein Blitzstrahl in die aufgeregten Gemüther, und in den hochfliegenden Geistern ging die Hoffnung auf, das geliebte Vaterland von fremder Unterdrückung zu befreien, und ihm zugleich eine Freiheit im Inneren zu gewinnen, wie es sie nie zuvor besessen.

Lützow brannte vor Ungeduld wieder in Dienst zu treten; die Begeisterung seiner Gattin entflammte und steigerte noch die seinige. Es ist bekannt, wie er als Major jene Freischaar bildete, welche eine so wunderbare und eigenthümlich gemischte Genossenschaft ausmachte, und von Geschichtschreibern und Dichtern so vielfach gefeiert wurde.

Lützow eilte nach Breslau, um dort seine Truppen anzuwerben. In dieser Stadt war ein so großer Zusammenfluß von Menschen, daß Lützow in den ersten Tagen, ehe sich später im Hotel zum »Scepter« Platz fand, für sich und Elisen kein anderes Unterkommen erlangen konnte, als in einer ganz geringen Schenke.

Während ihn seine Geschäfte außerhalb des Hauses in Anspruch nahmen, übertrug er Elisen, die sich zum Kriegsdienst meldenden Freiwilligen anstatt seiner zu empfangen, und sofort anzuwerben. Dort nahm sie, da kein anderer Raum vorhanden war, in einer elenden Bierstube mit hölzernen Bänken jene stürmische Jugend auf, die sich zum Befreiungskampf herandrängte.

In dieser ärmlichen Umgebung erschien den jungen Leuten die schöne, edle, von den lebhaftesten Vaterlandsgefühlen beseelte Frau wie ein höheres Wesen, von dem sie wie bezaubert wurden, ja, wie der Genius der Freiheit selbst, der ihnen ihre Bahn anwies und ihnen Todesmuth und Opferfreudigkeit verlieh. In der That war Elisens ganzes Wesen in jener großen Zeit wie von einem ungewöhnlichen Glanze verklärt; sie liebte ihren Gatten treu und warm, aber jene höchste Höhe feurigster Leidenschaft und extatischster Begeisterung, wie sie sie damals an den Tag legte, konnte ihre große Seele nie für einen einzelnen Menschen, sondern nur für ein mächtiges Weltgeschick, für Vaterland, Freiheit und Poesie empfinden. Hier floß alles zu Einem Brennpunkt zusammen, die Geschichte selbst schien einer wunderbaren Dichtung gleich, die Dichter griffen mit zum Schwerte, und der Donner der Schlachten vereinigte sich mit ihren enthusiastischen Vaterlandsgesängen.

In der kleinen, ärmlichen Schenke zu Breslau wurden viele Tapfere von Elisen angeworben; zu diesen gehörte auch Theodor Körner, der von Wien herbeigeeilt, und so viele Andere, die sich ihr mit Verehrung anschlossen und ihr für immer ergeben blieben.

Bald nach Theodor Körner's Eintritt in die Schaar sollte dieselbe im Mai in dem Dorfe Rogau bei Zobten feierlich den Eid der Treue ablegen, und in der Kirche eingesegnet werden. Der junge feurige Dichter, der zu dieser Festlichkeit ein Lied gedichtet hatte, das als Choral vorgetragen werden sollte, war in der äußersten Verlegenheit, weil der Schneider ihm trotz aller Vorstellungen betheuerte, er sei so mit Arbeit überhäuft, daß es ihm unmöglich falle, ihm bis dahin seine Uniform anzufertigen. In der Verzweiflung eilte Körner zu Elisen, und klagte ihr sein Mißgeschick. Diese zeigte auch bei diesem Anlaß, wie bei vielen größeren, ihre gütige und hülfreiche Fürsorge. »Niemand als Sie, gnädige Frau,« rief Körner, »kann mir helfen, Sie aber vermögen alles!« Auf sein dringendes Ersuchen versprach ihm Elisa, selbst zu dem Schneider, der zufällig in dem Hofe ihres Hauses wohnte, zu gehen, und ihn selbst um die Anfertigung der Uniform zu bitten. Sie that dies denn auch wirklich, ging in die Werkstatt des Schneiders, und stellte ihm die Begeisterung und Ungeduld des jungen Mannes vor, so wie seine Betrübniß, wenn er bei dem Feste fehlen müßte. Der Schneider war so entzückt und hingerissen von der holden, liebenswürdigen Frau, daß er ihr verhieß, er wolle die Nächte zu Hülfe nehmen, und die Uniform zur bestimmten Zeit liefern. Nicht nur hielt er Wort, zur größten Freude Körner's, der Elisen für die glückliche Entscheidung, die sie herbeigeführt, lebhaft dankte, sondern so sehr hatte die letztere den einfachen Handwerker begeistert, daß er sich selbst sogar eiligst noch eine Uniform nähte, und gleichfalls in die Freischaar mit eintrat. –

Nie ist Schiller's Ausspruch: »Schöne Seelen wirken durch ihr Sein« mehr bestätigt worden als durch Elisen; der Einfluß, den sie auf die ganze Freischaar ausübte, war ein ungeheuer; man versteht erst recht den Geist; welcher diese jungen feurigen Helden beseelte, die aus den ausgezeichnetsten Männern, aus Künstlern, Aerzten, Geistlichen, Dichtern, Lehrern und Naturforschern, aus Vornehmen und Geringen seltsam gemischt waren, diese Verbrüderten, die zum großen Theil jenem deutschen Bund angehörten, der mit kühnen Planen umging, diese Schwarzen, welche nur diese und keine andere Farbe trugen, weil sie damit ausdrücken wollten, daß das deutsche Leben noch verfinstert sei, diese ganze Schaar, welche eben so richtig von Theodor Körner die »wilde, verwegene Jagd,« als von Karl Immermann die »Poesie des Heeres« genannt werden konnte, diese ganze Gestaltung versteht man erst recht, wenn man weiß, daß eine reizend schöne, von den kühnsten Idealen beseelte Frau ihren Mittelpunkt bildete, und die Herzen entflammte. Darum waren die Schwarzen ebenso gesittet als muthvoll und tapfer, ebenso poetisch gefühlvoll als hartnäckig im Kampfe. Indem sie sich »die Lützower« nannten, trugen sie ja auch Elisens Namen, und ihr wollten sie Ehre bringen, wie dem Vaterlande; ein Blick Elisens stimmte sie zu ihren Liedern, und trieb sie todesfreudig in den Kugelregen; wie in den alten Ritterzeiten stritten sie zugleich für die gute Sache und für den Ruhm ihrer Dame.

Elisa war so durchaus edel, daß sie gewissermaßen alles um sich her zwang, nur edle Empfindungen für sie zu hegen, aber diese steigerten sich denn auch bei der Mehrzahl zur innigsten Verehrung und Freundschaft, ja zur Anbetung. Sie war keine wilde Amazone, sie blieb immer zart und mild und weiblich, aber durchglüht von dem reinsten Feuer der Begeisterung. Dürfen wir Lützow, den braven, tapferen Führer, dem seine ganze Schaar, wenn er auch nicht immer so rasch in seinen Unternehmungen war, als diese brausende Jugend es wünschen mochte, mit Liebe und Hochachtung anhing, das kräftige Schwert der Schaar nennen, das wacker dreinschlug, und dem alles nacheiferte, so war Elisa dagegen der Geist, der sie beherrschte, und über sich selbst hinaushob.

Elisa hielt sich immer in möglichster Nähe des Kriegsschauplatzes auf; bei den häufigen schweren Verwundungen, welche Lützow erlitt, kam sie gleich herbei, und pflegte ihn mit aufopferndster Treue und Liebe; auch viele der anderen Verwundeten pflegte sie mit ihren eigenen Händen, und erschien bei den leidenden Kriegern wie ein hülfreicher Genius, voll zarter Sorgfalt, tröstend und wohlthuend. Wie sie die Lebenden ermuthigte, betrauerte sie die Gefallenen auf das tiefste.

So sehr strebte jeder danach von Elisen geachtet zu werden, daß, als ein Offizier eine Verpflichtung, die er gegen einen andern hatte, nicht erfüllen wollte, dieser letztere sich an Elisen wandte, mit der Bitte, sie möchte jenen doch daran mahnen, dann würde er es thun, da er doch noch nicht so sehr ohne Ehrgefühl sei, um ertragen zu können, vor ihren Augen so schlecht zu erscheinen.

На страницу:
2 из 5