Полная версия
Klassenführung
Literatur
Cohn, Ruth C./Farau, Alfred (2008): Gelebte Geschichte der Psychotherapie. Zwei Perspektiven (4. Auflage). Stuttgart: Klett Cotta.
Dubs, Rolf (2009): Lehrerverhalten. Ein Beitrag zur Interaktion von Lehrenden und Lernenden im Unterricht (2. Auflage). Zürich: Verlag SKV.
Huschke-Rhein, Rolf (2003): Einführung in die systemische und konstruktivistische Pädagogik. Beratung – Systemanalyse – Selbstorganisation (2. Auflage). Weinheim: Beltz (UTB).
Kassner, Dieter (2002): Humor im Unterricht. Bedeutung – Einfluss – Wirkungen. Baltmannsweiler: Schneider-Verlag Hohengehren.
Ludwig, Peter H. (2006): Erwartungseffekt. In: Rost, Detlef H. (Hrsg.): Handwörterbuch Pädagogische Psychologie (3. Auflage) (S. 132–137). Weinheim: Beltz PVU.
Meyer, Hilbert (2008): Was ist guter Unterricht? (5. Auflage). Berlin: Cornelsen Scriptor.
Rissland, Birgit (2002): Humor und seine Bedeutung für den Lehrerberuf. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.
Der Umgang mit den Lernenden
... wie ich dazu beitrage, dass in der Klasse ein gutes Unterrichtsklima herrscht
.
Das Klima, in dem Unterricht stattfindet, hängt von vielerlei Faktoren ab. Auch die Rahmenbedingungen (Klassengröße und -zusammensetzung, Alter und Vorwissen der Lernenden) beeinflussen das Unterrichtsklima. Solche Bedingungen sind nicht zuletzt Produkt eines bildungs- und finanzpolitischen Aushandlungsprozesses. Das sind indessen Fragen, die den Rahmen dieses Buches sprengen – hier soll es lediglich darum gehen, welche Handlungen der Lehrperson das Klassenklima positiv beeinflussen.
Im Wesentlichen sehen wir sechs Faktoren, die zu einem guten Unterrichtsklima beitragen:
• Beziehung,
• Transparenz,
• Regeln,
• Präsenz,
• Leistungsanforderungen im Unterricht,
• Humor.
So wird’s gemacht
Wir gehen davon aus, dass Lernende beim Lernen zwei elementare Grundbedürfnisse befriedigen wollen:
• das Bedürfnis nach Anerkennung und menschlicher Zuwendung,
• das Bedürfnis nach Herausforderung und Selbstwirksamkeit.
Wenn diese beiden Bedürfnisse in der Klasse angemessen befriedigt werden können, stehen die Chancen gut, dass ein förderliches Unterrichtsklima entsteht. Bleiben sie unbefriedigt, so werden die Lernenden auf die eine oder andere Weise auf den Mangel aufmerksam machen.
Lehren und Lernen ist Beziehungsarbeit
Wie schon ausgeführt, betrachten wir die Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden als wesentliche Grundlage für Lernklima und Leistungsbereitschaft. Beziehung muss geknüpft und gepflegt werden, von allem Anfang an – vor, während und nach dem Unterricht.
Vollzeit-Lehrpersonen an Berufsfachschulen unterrichten in einer Woche oft über hundert Lernende. Dass es unter solchen Umständen nicht einfach ist, eine tragfähige Beziehung zu ihnen aufzubauen, versteht sich von selbst. Desto mehr werden wir diesen Aspekten Rechnung tragen.
Lernende sind mehr als Namen, Zensuren und Zeugnisinhaber
• Wann haben Sie Ihrer Klasse zum letzten Mal etwas über sich als Privatperson, als Mutter oder Familienvater erzählt, wann zum letzten Mal berichtet, was sie als Bürger, als Mensch beschäftigt? Wissen die Lernenden, wo und wie Sie wohnen? Wissen sie, wie Sie Ihre Sonntage oder die Ferien verbringen? Wissen sie etwas über Ihre Freizeitbeschäftigungen?
• Es geht nicht darum, Intimitäten auszubreiten oder innerste Regungen nach außen zu kehren. Es geht vielmehr darum, Einblick zu gewähren in unser Menschsein, darum, dass wir uns auch als Menschen zeigen, jenseits unserer Funktion und Aufgaben als Lehrperson.
• Wie nehmen wir selbst die Lernenden wahr? Was wissen wir über ihren Hintergrund, ihre Werte, Ziele, Visionen und Ängste?
• Wir können viel über die Lernenden erfahren, wenn wir uns bereits einige Minuten vor Unterrichtsbeginn im Klassenzimmer einfinden, wenn wir wahrnehmen, in welcher Stimmung sie in der Schule eintreffen, wenn wir uns nach ihrem Befinden erkundigen, uns für ihre Fortschritte im Lehrbetrieb und Sportverein interessieren, wenn wir wahrnehmen, was die Lernenden lesen, welche Musik sie hören, womit sie sich neben ihrem Berufschulalltag beschäftigen, u.a.m.
• Mit solchen Kurzgesprächen signalisieren wir: Wir erwarten euch zum Unterricht, und es ist uns wichtig, wie es euch geht.
• Wir erfahren viel über die Lernenden, wenn wir Unterricht als ein schrittweises Sich-Annähern an optimale Lösungen verstehen. Wenn es uns interessiert, mit welchen Überlegungen Lernende zu einem Ergebnis kommen. Wenn falsche Antworten nicht als Makel, sondern als wichtiger Schritt auf dem Weg zu beruflicher und schulischer Kompetenz gesehen werden.
• Wir erfahren viel über die Lernenden, wenn wir am Ende der Stunde beobachten, wer es eilig hat, wegzukommen, wer noch Fragen hat, die er nicht vor der ganzen Klasse stellen möchte, wer noch einen kleineren oder größeren Kummer hat, den er einer aufmerksamen Zuhörerin oder einem aufmerksamen Zuhörer anvertrauen möchte.
Lernende und Lehrpersonen wollen als Menschen wahrgenommen werden. Beide Seiten sollen auch in der Schule Gelegenheit erhalten, am Leben der anderen Anteil zu nehmen und Facetten von sich zu zeigen, die im Unterricht aber zu kurz kommen. Dieses Sich-einander-Öffnen kann ein Klima des gegenseitigen Respekts nur fördern.
Transparenz – ein wichtiger Faktor des Unterrichtsklimas
»Wer nicht sagt, was er will, bekommt, was er befürchtet.«
Lehrpersonen sind dafür verantwortlich, dass im Klassenzimmer ein erfreuliches und förderliches Unterrichtsklima herrscht – diese Aufgabe kann und wird uns niemand abnehmen. Es ist wichtig, dass wir als Lehrpersonen der Klasse verständlich machen können, wie wir uns den Unterricht und die Unterrichtsergebnisse vorstellen – wir sind es, die Standards setzen, nicht im Sinne eines schriftlich abgefassten Tugendkatalogs, sondern als gelebte Praxis der Zusammenarbeit. Gut gelungene Arbeiten persönlich mit den Lernenden zu besprechen, trägt zur Klärung der Qualitätsnormen bei. Ebenso wichtig ist es, dem nachlässig und flüchtig Hingeworfenen entgegenzutreten und den Lernenden darzulegen, weshalb man nicht bereit ist, sich mit Halbheiten zufriedenzugeben.
Anforderungen sind sachlich zu begründen; je transparenter und offener wir das tun, desto verständlicher wird es für die Lernenden und desto eher werden sie bereit sein, diese Normen anzunehmen.
Qualitätsdiskussionen sind für Lehrende und Lernende Prüfstein ihrer Sozialkompetenz. Kann die Lehrperson ihre Anforderungen sachlich und fundiert begründen? Ist sie bereit, die Argumente der Jugendlichen ruhig und geduldig anzuhören, um sie dann zu würdigen oder allenfalls mit anderen Argumenten zu entkräften?
Aus entwicklungspsychologischer Sicht lässt sich gut nachvollziehen, warum Jugendliche herausfinden wollen, ob über gestellte Anforderungen verhandelt werden kann und ob sie sich im Laufe der Diskussion allenfalls korrigieren lassen. Vor allem aber haben Jugendliche das Recht zu testen, ob Erwachsene es mit ihren Qualitätsvorstellungen und Haltungen ernst meinen. Lernende brauchen diese Auseinandersetzung um Werte und Haltungen zur Entwicklung ihrer Persönlichkeit.
Gutes Unterrichtsklima – geregelte Verhältnisse
Aus Wertediskussionen lassen sich ein paar Regeln ableiten, die als gemeinsame Arbeitsbasis dienen können. Es trägt zur Transparenz bei, wenn die ausgehandelten Regeln schriftlich gefasst und die Konsequenzen von Regelverstößen geklärt werden.
Klassen brauchen unterschiedliche Regeln. Ihre Anzahl und die Inhalte richten sich nach dem Entwicklungsstand der Sozialkompetenz. Problemloses Verhalten macht keine besonderen Regeln erforderlich. Wenn aber Konflikte auftreten, ist zu prüfen, ob gleichartige Konflikte künftig durch das Aufstellen einer Regel vermieden werden können.
Als Leitidee mag gelten: So wenig Regeln wie möglich, so viele Regeln, wie für ein konstruktives Arbeitsklima nötig sind.
Das Formulieren von Regeln der Zusammenarbeit ist nur der erste Schritt; ebenso wichtig ist es, dafür zu sorgen, dass die ausgehandelten Regeln eingehalten werden. Auch wenn im Sinne der Mitverantwortung die Lernenden über die Einhaltung der Regeln wachen, bleibt es letztlich Aufgabe der Lehrperson, für ein förderliches Lernklima zu sorgen.
Dabei ist es wichtig, Grenzüberschreitungen umgehend festzustellen und zu signalisieren, dass sie wahrgenommen wurden. Wann und wie Regelverstöße geahndet werden, muss je nach Situation entschieden werden. Es gilt dabei, nicht aus einer Mücke einen Elefanten zu machen, andererseits wird das Ignorieren von Übertretungen oft als Aufforderung zu weiteren Grenzüberschreitungen verstanden. Der Glaube, wenn man nicht reagiere, erledige sich eine Sache von selbst, erweist sich sehr oft als trügerisch; andererseits führt eine Nulltoleranz-Haltung zu dauernder Anspannung, was sich negativ auf das Lernklima auswirkt (mehr zum Thema »Regeln« →Kommunikation).
Diskussionskultur – Streitkultur – Konfliktfähigkeit üben
Wer Jugendliche in der Adoleszenz unterrichtet, darf nicht konfliktscheu sein. Werte und Haltungen entwickeln sich einerseits durch konsequentes Vorbildsein und Vorleben, andererseits in der Auseinandersetzung mit Gleichaltrigen und Erwachsenen. Auseinandersetzungen anzunehmen, sie mit Argumenten fair zu führen, eine für beide Seiten annehmbare Lösung zu finden oder sich einsichtig zu zeigen gegenüber besseren Argumenten – all dies sind wichtige Übungsmöglichkeiten zur Entwicklung der Konfliktfähigkeit.
Ein Teil unserer Lehrtätigkeit besteht darin, exemplarisch und fair Auseinandersetzungen um Grenzen und Haltungen zu führen.
Jugendliche sehen sich am Arbeitsplatz und in der Freizeit oft mit fragwürdigen Formen der Auseinandersetzung konfrontiert: Wegschauen, Ignorieren und Nichthandeln auf der einen Seite, unkontrollierte Macht- und Gewaltausübung auf der anderen Seite sind keine praktikablen Lebenswegweiser. Die berufliche Ausbildung soll Gelegenheit bieten, sich auch im Gebiet der Konfliktfähigkeit und der Streitkultur weiterzuentwickeln und erwachsenengerechte Formen zu erproben.
Jugendliche wachsen zum Teil in einer Umwelt auf, die den Eindruck erweckt, alles sei möglich und alles sei relativ (im Sinne von anything goes). Es ist aber für ihre Entwicklung wichtig, dass sie auch Grenzerfahrungen machen, feststellen, dass zwar über alles debattiert werden kann, gewisse Werte zum Schutz des Zusammenlebens und der Schwächeren aber nicht verhandelbar sind.
Physisch, psychisch und emotional präsent sein
Lehrpersonen müssen über ein 360-Grad-Beobachtungsvermögen verfügen; sie beobachten Handlungen in ihrem Blickfeld, registrieren aber auch, was sich an dessen Rande abspielt oder sogar in ihrem eigenen Rücken – aber nicht im Sinne einer allgegenwärtigen Strafinstanz, sondern von umfassender Präsenz.
Präsenz ist ein wichtiges Persönlichkeitsmerkmal erfolgreicher Lehrpersonen. Wir meinen damit:
• Physische Präsenz
Die Lehrperson ist auch bei Einzel-, Partner- und Gruppenarbeit präsent. Nicht als Aufsichtsorgan, sondern als Begleiter der Arbeit, der bei Bedarf um Unterstützung und Hilfe gebeten werden kann.
• Psychische Präsenz
Die Lehrperson zeigt ihre Begeisterung für ihren Lehrauftrag in ihrem Ausdruck (Haltung, Mimik und Gestik) und ihrer Lebendigkeit. Diese Begeisterung aufrechtzuerhalten, ist eine der großen Herausforderungen des Lehrberufes. Lernende reagieren, sobald sie den Eindruck bekommen, der Lehrberuf sei für die Lehrperson nur noch Broterwerb und Pflichterfüllung.
• Emotionale Präsenz
Die Lehrperson verfügt über einen emotionalen Radarschirm, d. h., sie nimmt einerseits die emotionale Gestimmtheit der Einzelnen, der Gruppen und der Klasse wahr und reagiert angemessen darauf.
Die Angemessenheit ihrer Reaktion stützt sich andererseits auf den lebendigen Kontakt zur eigenen Stimmung. Diese beiden Voraussetzungen immer wieder in Balance zu halten, ist eine weitere große Herausforderung. Lernende finden Lehrpersonen, die ausrasten, uncool.
Verliert die Lehrperson an Präsenz, reagieren viele Klassen mit Unruhe. Unruhe ist ein Signal, dass nicht mehr alles im Gleichgewicht ist.
Sinnvoll begründete Leistungsanforderungen stellen und sie angemessen kommentieren
In dieser Hinsicht hat die Lehrperson zunächst eine Bringschuld zu erfüllen, die in folgenden Vorleistungen besteht:
• Die Lernvoraussetzungen sind geklärt. → Kapitel Überforderung – Unterforderung
• Die Leistungsanforderungen nach den gesetzlichen Grundlagen sind an die Lernvoraussetzungen der Klasse adaptiert.
• Der Unterricht ist gut vorbereitet und strukturiert, flüssig und abwechslungsreich gestaltet. → Kapitel Struktur
Wir sind überzeugt, dass Lernende lernen wollen, wenn ihnen eine reelle Chance gegeben wird, die Dinge zu verstehen und die eigenen Kompetenzen zu entwickeln. Ein solches Lernen ist unter anderem an folgende Bedingungen geknüpft:
• Die Lerninhalte sind in der Erfahrungswelt der Jugendlichen verankert.
Zu dieser Beziehung zwischen Objekt (Lerngegenstand) und Person müssen beide Seiten, Lehrperson wie Lernende, beitragen. Die Lehrperson überlegt sich bei der Vorbereitung mögliche Verbindungen, überprüft im Unterricht, ob ihre Vermutungen zutreffen. Die Lernenden können in der Einstiegsphase zu einem Thema darlegen, welche Beziehung sie zum Unterrichtsstoff aufbauen können, und während der Arbeit immer wieder die Bedeutung des Lehrstoffs für ihre persönlichen Verhältnisse überprüfen.
• Die Lernenden haben angemessene Wahlmöglichkeiten, wie sie sich den Lernstoff erarbeiten wollen.
Lernende reagieren positiv und motiviert, wenn sie sich dem Lernziel auf verschiedenen und ihrem Lernstil angemessenen Wegen nähern können. Dies setzt voraus, dass Lehrpersonen über ein entsprechendes Methodenrepertoire erweiterter Lehr- und Lernformen wie Werkstatt-, Projektarbeit u.a.m. verfügen.
• Leistungsanforderungen sind in einem angemessenen Maße individualisiert.
Wie andernorts ausführlicher dargestellt (→ Kapitel Überforderung – Unterforderung), ist die optimale Anpassung der Leistungsanforderungen an individuelle Gegebenheiten ein wesentlicher Faktor, um die Motivation aufrechtzuerhalten. Von der ganzen Klasse die gleiche Leistung zu erwarten ist unrealistisch. Erfolgreicher Unterricht und ein gutes Unterrichtsklima bedingen ein bestimmtes Maß an Individualisierung.
• Lernende bekommen auf Lern- und Arbeitsleistungen persönliche und differenzierte Rückmeldungen.
Lehrpersonen haben die Pflicht, Arbeits- und Lernleistungen mit Noten zu bewerten. → Kapitel Fair prüfen und bewerten
Lernenden mündlich oder schriftlich eine individuell differenzierte, kriterienorientierte Rückmeldung auf Lern- und Arbeitsleistungen zu geben ist anspruchsvoll. Ziel solcher Rückmeldungen ist es, mit den Lernenden in einen Dialog über ihr Lernen zu treten. Unverzichtbar sind individuelle, differenzierte Rückmeldungen etwa auf das Führen eines Lernjournals oder -tagebuchs, bei Portfoliobeiträgen, Quartalsarbeiten, Wahl- oder Facharbeiten. → Kapitel Kommunikation
• Hoher Anteil an Eigenarbeit und echter Lernzeit für die Jugendlichen.
In den letzten Jahren hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass der Übergang von einer »Belehrungskultur« zu einer »Lernkultur« vollzogen werden muss. Lernen findet dann statt, wenn sich Jugendliche mit Problemen und Aufgaben auseinandersetzen im Sinne von: »Belehre mich nicht – lass mich lernen.« Für Lehrpersonen ist der Rollenwechsel vom Wissensvermittler zum Lernbegleiter in den letzten Jahren augenfällig geworden. → Kapitel Struktur
Der Wunsch nach Selbstwirksamkeit
Ein gutes Unterrichtsklima stellt sich dann ein, wenn sich die Lernenden als selbstwirksam erleben. Dieses Gefühl wird zur Überzeugung, wenn Lernende immer wieder erleben, dass sich Lernhindernisse in Form von im Unterricht gestellten Problemen und Aufgaben überwinden lassen, sobald sie ihr Wissen und ihre Fähigkeiten gezielt einsetzen. Es ist die Professionalität und die Kunst der Lehrperson, entsprechende Arbeiten vorzubereiten und zu initiieren.
Humor entwickeln
Manches Problem, manche kritische Situation lässt sich mit Humor entschärfen. Damit sind nicht vorbereitete und systematisch ins Unterrichtsgeschehen eingestreute Witze gemeint, sondern eine Haltung, die sich wie folgt umschreiben lässt:
• kritische Distanz zur eigenen Person aufbauen, sich selbst und die eigenen Einflussmöglichkeiten nicht überschätzen,
• mit einem Lächeln und mit Gelassenheit ertragen, dass Ideal und Realität immer wieder auseinanderklaffen,
• sich vom Leben überraschen lassen, d. h., sich den Sinn für die Widersprüchlichkeiten und unerwarteten Wendungen bewahren, die der Lehrberuf immer wieder mit sich bringt,
• sich um eine ressourcen- und kompetenzorientierte Sicht der Dinge bemühen, d. h., das halb leere Glas als halb voll erkennen.
Die eigene Jugendzeit nicht vergessen
Lehrpersonen erwecken oft den Eindruck, in ihrer Jugendzeit Musterschüler gewesen zu sein. Es ist, als hätten sie vergessen, wie es um ihre eigene Befindlichkeit während der Schul- und Ausbildungszeit stand. Solches Verdrängen oder »Beschönigen« der eigenen Jugend ist bei der Ausübung des Lehrberufes hinderlich. Die Folge ist in jedem Fall, dass Kinder und Jugendliche oft ein unrealistisches Bild ihrer Lehrerinnen und Lehrer aufbauen.
Aber auch wir waren während unserer Jugendzeit nicht immerzu und in jeder Hinsicht »intrinsisch motiviert«, auch wir hatten mit Widerständen und Bequemlichkeit zu kämpfen. Mit dieser Tatsache in Kontakt zu bleiben kann das Verständnis für die komplexe Lebenswelt und das Verhalten der Jugendlichen aufrechterhalten.
Deshalb gelingt’s
Jugendzeit – eine turbulente Lebensphase
Lehrpersonen, Ausbilderinnen und Ausbilder unterliegen oft der Illusion, die berufliche Grundbildung sei der zentrale Lebensinhalt von Jugendlichen. In der einschlägigen Literatur wird aber immer wieder darauf hingewiesen, dass der Erwerb beruflicher Kompetenzen nur ein Entwicklungsziel der Adoleszenz ist.
Weitere »Aufgaben« der Jugendlichen sind:
• den eigenen Körper akzeptieren,
• die eigene Sexualität leben lernen,
• sich von den Eltern und andern Autoritäten (z. B. Lehrpersonen) ablösen,
• dem Normierungsdruck standhalten und sich doch in mächtigen gesellschaftlichen Widersprüchen zurechtfinden (Schule und Kirche – Konsumwelt und Medienwelt; Freizeitwelt – Arbeitswelt),
• sich ein eigenes Wertesystem aufbauen,
• sein »Innen« und sein »Außen« wahrnehmen und miteinander in Einklang zu bringen suchen.
Alle diese Entwicklungsaufgaben zu meistern, ist anspruchsvoll – der ganze Prozess wird durch viele Verunsicherungen begleitet. Das Selbstwertgefühl von Jugendlichen ist deshalb häufig labiler, als es den Anschein hat.
Von der Rolle der Gleichaltrigen und der Rolle der Vorbilder
Dieses Sich-Ablösen von bisherigen Autoritäten kann für Eltern und Jugendliche ein schmerzhafter Prozess sein, der das Zusammenleben stark belastet. Jugendliche befinden sich in einer Umbruchphase; das Selbstwertgefühl kann vorübergehend sehr labil sein. Oft wird dieser Zustand auf eine mehr oder weniger angemessene Art (es kommt auf den Standpunkt an) kompensiert.
Ebenso ist aber zu beobachten, dass sich Jugendliche zu neuen, anderen Vorbildern hingezogen fühlen. Im Rahmen der getroffenen Berufswahl und beruflichen Ausbildung eröffnen sich hier neue Möglichkeiten. Lehrpersonen, Ausbilder und Ausbilderinnen müssen sich dessen bewusst sein, dass sie Vorbildfunktion haben können. Dafür sind nicht ihre erklärten Werte und Haltungen maßgeblich, sondern die Art und Weise, wie sie im täglichen Umgang miteinander gelebt werden.
Klassenklima als vorausplanendes Handeln
Carolyn M. Evertson und ihre Mitarbeiter gehen in ihren Untersuchungen (in Grund- und Hauptschulen) davon aus, dass Unterrichtsklima vor allem durch gut geplantes Handeln herbeigeführt werden kann, und haben dafür Trainingsprogramme für Lehrpersonen entwickelt, die sich auf folgende Faktoren konzentrieren:
• Aktivitäten zum Schulbeginn planen und durchführen
Die Lehrperson entwickelt für den ersten Tag (die ersten Wochen) Aktivitäten, die alle Lernenden der Klasse einbeziehen.
• Das Klassenzimmer gut vorbereiten
Die Sitzordnung ist durchdacht, alle nötigen Materialien und Hilfsmittel liegen griffbereit. Die Lehrperson muss während des Unterrichts nichts holen und nichts suchen.
• Regeln und Verfahren planen
Die Lehrperson hat präzise Vorstellungen von einem konstruktiven Unterrichtsklima. Ihr ist klar, welche Regeln ihr wichtig sind, mit welchem Verfahren sie diese Regeln einführen und wie sie für deren Einhaltung sorgen will.
• Regeln und Prozeduren zum Unterrichtsgegenstand machen
Der Wert von Haltungen und Regeln ist Gegenstand des Unterrichts. Folgen und Konsequenzen von Regelverstößen sind geklärt.
• Unangemessenes Verhalten unterbinden und auf die Regeln hinweisen
Die Lehrperson reagiert auf unangemessenes Verhalten sofort und immer wieder. Die Lernenden werden auf die vereinbarten Regeln hingewiesen.
• Vorgesehene Konsequenzen anwenden
Ist für ein unangemessenes Verhalten eine Konsequenz vorgesehen, so wendet die Lehrperson diese konsequent an.
• Über Strategien als Reaktion auf potenzielle Probleme verfügen
Insbesondere geht es darum, für folgende Situationen Strategien zur Verfügung zu haben:
– Störungen des Unterrichts von außen (Telefonanruf, Besprechungen u.a.m.).
– Störungen durch Leerzeiten: Was machen Lernende, die mit einer gestellten Aufgabe fertig sind?
– Störungen durch inhaltliche Schwierigkeiten: Was machen Lernende und Lehrperson, wenn bei der Arbeit inhaltliche Schwierigkeiten auftreten?
• Präsenz aufrechterhalten
Die Lehrperson handelt im Sinne der »Allgegenwärtigkeit« und zeigt sich physisch, psychisch und emotional präsent.
• Unterricht sorgfältig vorbereiten
Die Lehrperson bereitet den Unterricht so vor, dass Lernaktivitäten auf verschiedenen kognitiven Anforderungsstufen möglich sind.
• Den Lernenden einen Teil der Verantwortung übergeben
Die Lernenden sind sich sicher, dass sie im Unterrichtsgeschehen Mitverantwortung tragen, d. h., die Verantwortlichkeiten sind geklärt.
• Auf Klarheit und Flüssigkeit im Unterricht achten
Die Lehrperson folgt der bekannt gegebenen Unterrichtsvorbereitung oder begründet, wenn sie davon abweicht. Ihre Anweisungen und Arbeitsaufträge sind klar. Die Übergänge von einer Sequenz zur nächsten sind flüssig.
Einfluss des Lehrerhandelns auf das Klassenklima im Überblick