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Klassenführung
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Impressum


Diese Publikation erscheint im Rahmen der Lehre und Forschung von Mitarbeitenden der Abteilung Sekundarstufe II/Berufsbildung an der Pädagogischen Hochschule Zürich (PH Zürich). Sie setzt Schwerpunkte für die unterrichtliche Praxis in der Sekundarstufe II.

Christoph Städeli/Willy Obrist/Andreas Grassi

Klassenführung

Unterrichten mit Freude, Struktur und Gelassenheit

ISBN Print: 978-3-03905-898-3

ISBN E-Book: 978-3-03905-899-0

3., überarbeitete Auflage 2013

Alle Rechte vorbehalten

© 2013 hep verlag ag, Bern

www.hep-verlag.com

Inhalt

Vorwort

Der Anfang

… wie ich Einstiegssituationen bewusst gestalte

Der Umgang mit den Lernenden

... wie ich dazu beitrage, dass in der Klasse ein gutes Unterrichtsklima herrscht

Kommunikation

... wie ich mit der Klasse Verhaltensregeln aushandle, und wie es gelingt, solche Regeln durchzusetzen

Struktur

... wie ich eine Linie in den Unterricht bringe

Kompetenzen fördern

... wie sich im Unterricht grundlegende Fähigkeiten systematisch schulen lassen

Überforderung – Unterforderung

… warum sich nicht mit allen Lernenden zur gleichen Zeit die gleichen Ziele erreichen lassen

Lernen lernen

... wie ich Schülerinnen und Schüler zu neuen ­Arbeits­strategien anrege

Clever üben

... wie sich mit gezieltem Training Wissen und Können festigen lassen

Fair prüfen und bewerten

... wie ich Prüfungen sinnvoll vorbereite, durchführe und auswerte

Vertrauensvoll zusammenarbeiten

... wie aus Einzelkämpfern ein Team von Lehrpersonen wird

Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen

Literatur

Vorwort

»Klassenführung« greift einige der wichtigsten Fragen auf, mit denen jede Lehrerin, jeder Lehrer in der Praxis konfrontiert ist. Wie lassen sich Einstiegssituationen gestalten? Welche Kommunikations- und Verhaltensregeln haben sich im Unterricht bewährt, wie führt man solche Regeln in der Klasse ein, und wie setzt man sie durch? Wie fördern wir die Kompetenzen der Lernenden? Wie gestalten wir Prüfungen, die aussagekräftig und zugleich fair sind? Wie gelingt es uns, Struktur in den Unterricht zu bringen, damit die Lernenden ihrem Leistungspotenzial entsprechend gefördert werden? »Klassenführung« ist hier in einem umfassenden Sinne gemeint. Sie umfasst alle Aktivitäten, die das Interesse der Schülerinnen und Schüler auf den Unterricht lenken und lernwirksame Verhaltensweisen unterstützen.

In ihren Ausführungen orientieren sich die Autoren an drei Prinzipien – Freude, Struktur und Gelassenheit. Gelassenheit oder innere Ruhe ist die Fähigkeit, vor allem in schwierigen Situationen die Fassung zu behalten. Sie ist das Gegenteil von Stress und Unruhe. Unter Struktur verstehen die Autoren den geordneten Aufbau des Unterrichts, von der einzelnen Lektion über den Schultag bis hin zur Semester- und Jahresplanung. Für das Unterrichten ist ein roter Faden, der die einzelnen Teile untereinander verbinden kann und daraus ein Ganzes schafft, von zentraler Bedeutung. Freude ist eine emotionale Reaktion auf positive Erinnerungen und an­genehme Begegnungen mit Lernenden, aber auch mit Kolleginnen und Kollegen. Solche Emotionen gehören in jeden Unterricht. Sie übertragen sich von den Lehrenden auf die Lernenden und tragen dazu bei, dass diese sich motiviert mit den Inhalten des Unterrichts auseinandersetzen. Freude, Struktur und Gelassenheit, so die Botschaft der drei Autoren, sind die Grundpfeiler guten Unterrichts.

Alle zehn Kapitel sind nach dem gleichen Muster aufgebaut. Den Einstieg bildet stets ein Abschnitt »So wird’s gemacht«. Hier stellen die Autoren ihre Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem Unterrichtsalltag dar. Bezugspunkt ist immer die Praxis. Dann folgt ein Abschnitt »Deshalb gelingt’s« mit verständlich erklärten theoretischen Modellen und Mustern. Jedes Kapitel schließt mit nützlichen »Tipps für die Praxis«.

Das Buch richtet sich primär an Lehrpersonen und Ausbildungsverantwortliche der Sekundarstufe II und der Tertiärstufe. Es hält aber auch für Lehrende in unteren Stufen manche Erkenntnis bereit und ist für alle Ausbilderinnen und Ausbilder gedacht, denen Unterrichten mit Freude, Struktur und Gelassenheit ein Anliegen ist.

Dr. Herbert Binggeli,

Präsident der Schweizerischen Direktorinnen- und Direktorenkonferenz der Berufsfachschulen (SDK) und Direktor der Gewerblich-Industriellen Berufsschule Bern (gibb)

Der Anfang

… wie ich Einstiegssituationen bewusst gestalte


Der Anfang einer neuen Ausbildungsphase ist für die Lernenden mit vielerlei Ängsten verbunden. Werde ich den Anforderungen genügen? Werde ich Mitschülerinnen und -schüler finden, vielleicht sogar neue Freundschaften? Wer wird uns unterrichten? Wie wird die Atmosphäre in der Klasse sein? Was bringt die Zukunft?

Anfangssituationen müssen sorgfältig geplant und strukturiert ­werden. Rollenklarheit, Zielklarheit, inhaltliche Klarheit und eine verständliche und sinnstiftende Kommunikation sind in dieser Phase besonders wichtig. Ein gelungener erster Tag in einer freundlichen und ruhigen Arbeitsatmosphäre hat Signalcharakter. Ein guter Start ist die Basis für eine fruchtbare Zusammenarbeit.

Einstiegssituationen gibt es auch während des Schuljahres und im Unterricht – immer wieder. Und es lohnt sich, solchen Situationen und Momenten besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Denn am Anfang werden die Weichen gestellt – ein guter Anfang ist für manches richtungweisend.

So wird’s gemacht

Mentale Vorbereitung

Der erste Schultag ist mit vielen Erwartungen verbunden. Die Lernenden sind gespannt auf die neuen Mitschüler und Mitschülerinnen, auf die Lehrpersonen und die neue Lernumgebung.

Auch Ihnen selbst gehen mancherlei Fragen durch den Kopf. Wie wird sich die Klasse zusammensetzen? Welche Einstellungen haben die Lernenden zum Unterricht? Kann ich den Erwartungen, die eine gute Lehrperson nach meiner Vorstellung erfüllen muss, gerecht werden? Diese mentale Vorbereitung ist wichtig und hilft Ihnen, sich auf die neue Situation einzustellen. Hilfreich ist auch, sich mit Kollegen und Kolleginnen auszutauschen, nachzufragen, wie sie den Anfang gestalten. Falls mehrere Lehrerinnen und Lehrer eine Klasse unterrichten, ist es unerlässlich, dass Sie sich absprechen. Häufig werden Sie auf bewährte Formen des Einstiegs zurückgreifen. Vielleicht ergibt sich aber auch die Gelegenheit, einmal etwas Neues auszuprobieren. Den ersten Schultag sollte man indes nicht mit allzu vielen Aktivitäten überfrachten.

Informationen beschaffen

Neben der mentalen Einstimmung steht in der Vorbereitungsphase das Sammeln von Informationen im Zentrum. Aus den Lehrplänen entnehmen Sie die Themen und Ziele für das erste Quartal. Sofern der Lehrplan genügend Freiraum lässt, können Sie selbst bestimmen, mit welchem Thema Sie einsteigen wollen. Das neue Thema sollte aber nicht zu umfassend und nicht zu abstrakt sein. Es muss möglichst viele Bezüge zur aktuellen Lebens- und Arbeitssituation der Lernenden aufweisen. Die Lernenden sollen aber auch zeigen dürfen, was sie können, und die Möglichkeit erhalten, bei der ersten Prüfung ein gutes Ergebnis zu erzielen.

Vom Schulsekretariat erhalten Sie einige Tage vor Beginn des Unterrichts die Klassenliste. Sie gibt Ihnen einen ersten Einblick in die Zusammensetzung der Klasse. Sie erhalten Antworten auf folgende Fragen:

• Aus welchem geografischen Einzugsgebiet kommen die Lernenden?

• Welche Lehrbetriebe sind für die Ausbildung verantwortlich?

• Wie alt sind die Lernenden? Sind Einzelne sehr viel älter (oder jünger) als der Durchschnitt?

• Wie groß ist der Anteil der Frauen in der Klasse?

• usw.

Solche Informationen liefern Ihnen wichtige Hinweise auf die Lernvoraussetzungen, die Sie antreffen werden.

Ebenfalls vom Sekretariat erfahren Sie, mit welchen Lehrpersonen Sie die neue Klasse führen werden. Nehmen Sie rechtzeitig Kontakt auf mit diesen Kollegen und Kolleginnen, um Überschneidungen am ersten Schultag zu vermeiden. So ist es beispielsweise nicht notwendig, dass sich alle Lernenden bei jeder Lehrperson ausführlich vorstellen. Dies ist in der ersten Stunde sicherlich sinnvoll. Bei den Lektionen am Nachmittag reicht es durchaus, wenn die Lernenden ihre Namen auf Namenskärtchen schreiben.

Klassenraum und Infrastruktur

Sie haben erfahren, in welchem Raum der Unterricht stattfindet. Es ist ratsam, sich im Vorfeld mit dem Raum und der Infrastruktur vertraut zu machen.

• Wie groß ist der Raum im Vergleich zur Zahl der Lernenden auf meiner Klassenliste?

• Welche Sitzordnung erlaubt das Klassenzimmer?

• Was steht mir an Infrastruktur im Raum und im Gebäude zur Verfügung?

• Was muss ich mir an Unterrichtsmaterial beschaffen, damit der Start gelingt?

An der Einrichtung des Raums lässt sich meist recht gut erkennen, welche Unterrichtsform vorwiegend zur Anwendung kommt. Wenn Ihr Unterricht zur Hauptsache aus einer Kombination von Frontalunterricht und Einzel­arbeit besteht, werden die Tische und Stühle in Richtung Lehrerpult aus­gerichtet. Wird häufig in Partnerarbeit oder Kleingruppen gearbeitet, so können die Tische zu Gruppenarbeitsplätzen zusammengeführt werden.

Den ersten Tag planen

Sie überlegen sich genau, welche Ziele in Ihrem Unterricht am ersten Schultag im Vordergrund stehen. Hier eine Auflistung von verschiedenen möglichen Zielsetzungen:


Wenn die Zielsetzungen geklärt sind, erstellen Sie in Form eines Tagesplans ein Drehbuch für den Unterricht. Dafür stehen Ihnen verschiedene Instrumente zur Verfügung. Wichtig ist, dass in Ihrem Plan neben den Zielen auch die Phasen des Unterrichts, die Methoden und Hilfsmittel aufgeführt sind.

Die wichtigsten Inhalte oder Phasen des Unterrichts schreiben Sie an die Wandtafel oder auf ein Flipchartblatt. Dann beginnen Sie mit einem informierenden Unterrichtseinstieg. Die Lernenden wissen so zu Beginn des Tages, welche Arbeiten auf sie warten. Am Schluss des Unterrichts können Sie mithilfe der aufgeführten Punkte zurückblicken und eine erste Auswertung vornehmen.


Die ersten Monate planen

Es ist nützlich, für die ersten Monate einen Grobplan zu erstellen. Dieser stellt lediglich eine Absichtserklärung dar; es sind darin nur die wichtigsten Inhalte und die geplanten Aktivitäten aufgelistet – ohne didaktische Einzelheiten. Achtung: Freiräume einplanen! Immer wieder fallen wegen Exkursionen, Sitzungen usw. einzelne Schultage aus.

Sie formulieren Ziele, die Sie mit den Lernenden in den ersten Monaten erreichen möchten, zum Beispiel:

• Ich will mit den Lernenden eine tragfähige Basis für die gemeinsame Arbeit schaffen.

• Die Klasse soll als Gruppe arbeitsfähig werden. Die Lernenden erfahren, mit welchen Lernpartnern sie produktiv arbeiten können.

• Ich kann die Lernenden mit ihrem Namen ansprechen. Ich kenne von allen ein paar persönliche Daten und bekomme einen kleinen Einblick in ihre Lebenswelt.

• Ich trage mit dem Unterrichtsgeschehen zur Standortbestimmung der Lernenden in einer neuen Lebens- und Schulumwelt bei.

• Ich kann im Rahmen der Früherfassung die Lernenden bezeichnen, die... im gewählten Beruf möglicherweise unterfordert sind.... die Anforderungen des gewählten Berufes voraussichtlich selbstständig erfüllen können.... Unterstützung benötigen, um die Anforderungen des gewählten Berufes erfüllen zu können.... die Lernvoraussetzungen noch nicht mitbringen, um die Anforderungen des gewählten Berufes zu erfüllen.

Im Zeitplan halten Sie also die wichtigsten Inhalte fest. Das gibt den Lernenden auch eine Orientierung, an welchen Schultagen Notenarbeiten vorgesehen sind. Pläne verändern sich im Laufe des Unterrichts – sobald Sie mit der konkreten Arbeit beginnen. Der Zeitplan muss also immer wieder angepasst werden. Wichtig ist, Planungsänderungen transparent zu kommunizieren und die Planung immer wieder nachzuführen.


Vorbereitung und Einstieg in den Unterricht

Zur Vorbereitung des Unterrichts halten Sie am besten den Ablauf Ihrer Stunde in Skriptform fest. Wer gut vorbereitet ist, kann dem Unterrichts­geschehen ruhig und gelassen entgegensehen, kann nötigenfalls von seinem Plan abweichen und ist offen für das aktuelle Unterrichtsgeschehen in der Klasse.

Sie treffen mindestens eine Viertelstunde vor der Klasse im Unterrichtsraum ein. Zuweilen ergibt sich in der Zeit vor Unterrichtsbeginn Gelegenheit zu einem kurzen Gespräch zwischen Lernenden und Lehrperson. Solche Gespräche haben oft nicht nur den Schulstoff zum Inhalt, sondern auch Begebenheiten aus dem Betrieb oder dem Privatbereich. So spüren Sie die Stimmung in der Klasse und geben den Lernenden die Chance, in der Schule und im Unterricht anzukommen. Wahrnehmungsfähigkeit und Offenheit sind beim Empfang der Lernenden besonders wichtig.

Wie ein Musik- oder Theaterstück hat der Unterricht einen eindeutigen Beginn. Dabei geht es darum, dass die Lehrperson einen ausreichenden Grad an Konzentration einfordert. Stehen Sie am Anfang der Stunde auf jeden Fall vor der Klasse. Zeigen Sie auf diese Weise, dass schulisches Lernen nur in einer konzentrierten Atmosphäre stattfinden kann.

Ihre Körpersprache – die Art und Weise, wie Sie vor der Klasse stehen, was Sie mit Ihrer Haltung ausdrücken – prägt den Unterricht oft mehr als Ihre verbalen Äußerungen. Denken Sie daran: Das Paraverbale (Tonfall, Sprechtempo, Pausen) bleibt meist stärker haften als der Inhalt Ihrer Äußerungen. Wenn die verbalen und nonverbalen Botschaften übereinstimmen, entwickeln die Lernenden mit der Zeit die Einsicht: »Sie/Er meint wirklich, was sie/er sagt.« Diese Form von Selbstkongruenz ist ein wesentlicher Faktor, damit Unterricht gelingt. Auch darauf gilt es, von Anfang an besonders zu achten.

Für die Lernenden ist der Unterricht dann angenehm, wenn die Lehrperson in einer mittleren Körperspannung arbeitet. Ist ihr Körpertonus zu hoch, führt dies zu einer unangenehmen Anspannung und Hektik im Unterrichtsgeschehen. Auch für die Lehrperson wird so Unterrichten auf längere Sicht erschöpfend.

Ist der Tonus aber zu niedrig, wirkt dies für viele Lernende wie eine Einladung, selbst in eine entspannte Position zu gehen. Unterricht entwickelt sich dann mit einer gewissen Beliebigkeit und führt oft nicht zum erhofften Ziel.

Unterrichtsnachbereitung: Nach der Stunde ist vor der Stunde

In die Unterrichtsvorbereitung haben Sie viel Zeit investiert. Es lohnt sich deshalb, im Anschluss an die Stunde das Unterrichtsgeschehen kurz Revue passieren zu lassen und auszuwerten. Ein paar Fragen können Ihnen dabei behilflich sein und Ihrer Auswertung eine Struktur verleihen:

• Was ist mir heute gut gelungen? Welche Faktoren haben zum Gelingen beigetragen?

• Welche Beobachtungen zu einzelnen Lernenden habe ich gemacht, die sich lohnen, festgehalten zu werden?

• Wo kann ich beim nächsten Mal mit dem Unterricht fortfahren, und welche Fragen muss ich noch einmal vertiefen?

• Welche Aufgaben habe ich erteilt, und wie will ich sie am nächsten Schultag in den Unterricht einbauen?

• Was muss ich für den nächsten Unterrichtstag bereitstellen?

• Welche Korrekturarbeiten muss ich bis nächste Woche leisten?

Eine gute Nachbereitung erspart Ihnen viel Vorbereitungszeit für den nächsten Schultag. Deshalb sollten Sie nicht vergessen, dafür genügend Zeit einzuplanen.

Deshalb gelingt’s

Unterrichten ist Beziehungsarbeit. In Anlehnung an Ruth C. Cohn, die Begrün­derin der Themenzentrierten Interaktion (TZI), gilt es dabei vier Faktoren in dynamischer Balance zu halten:

• Ziele und Anliegen der Lehrperson,

• Ziele und Anliegen der Lernenden,

Stoff, inhaltliche Ziele,

• politisches, organisatorisches und strukturelles Umfeld.


Lehrperson – Lernende

Grundlage des Unterrichts ist die Beziehungsebene zwischen Lehrperson und Lernenden; sie hat einen wesentlichen Einfluss auf den Unterrichtserfolg. Es ist deshalb wichtig, dieser Achse besondere Beachtung zu schenken – gerade am Anfang, aber auch im Verlauf der Unterrichtsarbeit und immer wieder neu. → Kapitel Kommunikation undUmgang mit den Lernenden

Lehrperson – Stoff

Lehrpersonen sind Experten in ihrem Fach und Fachleute für das Lernen. Im traditionellen Unterricht (Ganzklassen- oder Frontalunterricht) gestaltet die Lehrperson die Erarbeitung und Vermittlung des Stoffes. Die bevorzugte Methode ist der Frontalunterricht (Ganzklassenunterricht) oder im beruf­lichen Lernen die Instruktion. Der Frontalunterricht ist vor allem dann angebracht, wenn die Lernenden über wenig oder gar kein Vorwissen verfügen und nicht zu viel »Versuch-Irrtums-Situationen« entstehen sollen – also auch immer wieder in Einstiegssituationen. → Kapitel Lernen lernen ; Struktur; Kompetenzen fördern; fair prüfen und benoten

Lernende – Stoff

Das kognitiv-konstruktivistische Lernverständnis geht davon aus, dass die Lernenden ihr Wissensnetz selbst knüpfen und konstruieren – nach diesem Konzept entsteht das Wissen erst im Kopf der Lernenden. Sobald genügend Vorwissen vorausgesetzt werden kann, sind deshalb Lehr- und Lernformen, die das mehr oder weniger selbstgesteuerte Lernen begünstigen, von besonderer Bedeutung. Eine hohe Eigenaktivität der Lernenden zu fördern muss deshalb schon bei der Planung und Vorbereitung von Unterricht im Zentrum stehen. → Kapitel Clever üben ; Überforderung Unterforderung

Umfeld

Das politische, organisatorische und strukturelle Umfeld übt erheblichen Einfluss auf das Unterrichtsgeschehen aus. Die Politik definiert den Stellenwert der Bildung, bestimmt die Anstellungsbedingungen für Lehrpersonen, setzt den organisatorischen Rahmen für das Unterrichtsgeschehen, verfügt über die finanziellen Mittel und legt die Ausbildungsrichtlinien fest.

Organisatorische Entscheidungen fallen in der Verwaltung auf unterschiedlichen Ebenen. Schulen und Lehrpersonen sind in diese Organisationsstrukturen eingebunden, die sie manchmal als hilfreich, manchmal als einengend empfinden. Lehrpersonen sind Mitglieder eines Teams, das die Durchführung eines qualitativ guten Unterrichts zu gewährleisten hat.

In einer schnell sich verändernden Welt müssen Schulstrukturen immer wieder an die neuen Gegebenheiten angepasst werden. Dabei ist aber zu bedenken, dass erfolgreiche Unterrichtsarbeit auch Ruhe, Konzentration und eine gewisse Stabilität im Umfeld verlangt. → Kapitel Vertrauensvoll zusammenarbeiten

Tipps für den Unterricht

Entscheiden heißt verzichten

Es gilt von Anfang an, das Nötige vom Möglichen zu trennen. Nicht alles, was wünschbar ist, ist auch machbar, und nicht alles Machbare ergibt einen Sinn. Überfrachtete Unterrichtsvorbereitung trägt den Keim zur Hast und Gehetztheit in sich. Beides ist dem Unterrichtserfolg abträglich.

Gute Vorbereitung – klare Strukturen

Gute Vorbereitung mündet in eine Klarheit des Unterrichtsgeschehens, die ein wesentlicher Qualitätsmaßstab für den Unterricht ist. Dies betrifft Ziele, Inhalte, Unterrichtsprozess und unterrichtliches Handeln, Beziehungen und Gestaltung des Unterrichtsraums.

Informierender Unterrichtseinstieg

Orientieren Sie die Lernenden zu Beginn des Unterrichts über Ziele und Inhalte. Führen Sie die Lernenden in der Abschlussphase wieder auf diese Planungsvorgaben zurück.

Rückblick von Anfang an

Gegen Schluss einer Unterrichtssequenz ist es Zeit, Rückschau zu halten. Haben wir gemacht, was wir uns vorgenommen haben? Das Gefühl der Arbeitszufriedenheit ist wesentlich davon abhängig, dass wir diese Frage be­jahen können.

Wo sind Schwierigkeiten aufgetaucht? Womit wollen wir am nächsten Schultag weitermachen?

Arbeitsatmosphäre schaffen

Neben Planung und Strukturierung sind eine positive und zuversichtliche Grundhaltung der Lehrperson und das Arbeiten in einer mittleren Körperspannung wichtig – darauf gilt es in Einstiegssituationen besonders zu achten.

Zuversicht

Berufsbildungsverantwortliche gehen mit den Lernenden das erste Teilstück auf dem Weg vom Anfänger zum Experten. Sie müssen deshalb bereit sein, ganz »von vorn« zu beginnen. Lernende merken rasch, ob ihnen die Lehrperson eine positiv-zuversichtliche Haltung entgegenbringt, und sie reagieren darauf im Sinne der sich selbst erfüllenden Prophezeiung. Die zuversichtliche Haltung der Lehrperson drückt sich vor allem dadurch aus, dass sie den Lernenden etwas zumutet, d. h., eine auf die Lernenden abgestimmte Leistungsbereitschaft einfordert und erbrachte Leistungen mit begründeter Anerkennung quittiert.

Störungen haben Vorrang

Es ist wichtig, von Anfang an auf Störungen und abweichendes Verhalten sofort und angemessen zu reagieren. Regelklarheit schafft die nötige Verlässlichkeit in der Arbeitsbeziehung.

Humor und Gelassenheit

Nehmen Sie sich als Lehrperson ernst, aber nie zu wichtig. Lernen gelingt vor allem in einer freundlichen Atmosphäre, in der das Lächeln und Lachen (auch über sich selbst) Platz hat. Eine Unterrichtsstunde, in der nicht gelächelt oder gelacht wird, ist eine verlorene Stunde. Mit Humor ist hier aber nicht die Art von Witzen gemeint, wie sie Lehrmittelautoren zur Auflockerung in ihre Texte einstreuen. Humor ist Ausdruck von Lebensfreude, der Einsicht in die Begrenztheit und immer nur relative Bedeutung von Unterricht, er zeigt sich auch im Erfassen von Situationskomik, wie sie das Leben immer wieder mit sich bringt.

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