Полная версия
Privat- und Prozessrecht
17.3.2 Ablauf des Klageverfahrens
17.3.3 Die Beweiserhebung
17.3.4 Die Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil
17.3.5 Rechtsmittel gegen Urteile
17.4 Einstweiliger Rechtsschutz und selbstständiges Beweisverfahren
17.4.1 Einstweiliger Rechtsschutz
17.4.2 Selbstständiges Beweisverfahren
18. Die Zwangsvollstreckung
18.1 Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung
18.1.1 Der Vollstreckungstitel
18.1.2 Die Vollstreckungsklausel
18.1.3 Zustellung des Vollstreckungstitels
18.2 Durchführung der Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung
18.2.1 Zwangsvollstreckung in bewegliche Sachen
18.2.2 Pfändung von Forderungen
18.2.3 Zwangsvollstreckung in Grundstücke
19. Hinweise für die Bearbeitung rechtlicher Fragen und Fälle
19.1 Aufgabenstellung in Praxis und Prüfung
19.1.1 Ausgangspunkt: Der Sachverhalt
19.1.2 Erfassen des Sachverhalts
19.2 Rechtliche Falllösung
19.2.1 Arbeitsauftrag: Die Fragestellung
19.2.2 Aufsuchen geeigneter Anspruchsgrundlagen
19.2.3 Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen (Subsumtion)
19.2.4 Prüfung anspruchsabwehrender Gegenrechte
19.3 Ergebnisformulierung im Gutachtenstil
Der Autor
Das Stichwortverzeichnis
1.Grundlagen der Rechtsordnung
1.1 Regeln für das Zusammenleben der Menschen
Der Mensch als Teil der Gesellschaft hat zwangsläufig Kontakte mit anderen. Das Zusammenleben in vielfältigen Gemeinschaften (Familie, Hausgemeinschaft, Unternehmen, Verein, Gemeinde, Staat) kann nur funktionieren, wenn bestimmte Regeln des Miteinanders, der Toleranz und der Rücksichtnahme beachtet werden. Diese Regeln haben unterschiedliche Quellen: Sie sind von der Natur vorgegeben, wie etwa die Sorge für nahe Familienangehörige, durch Tradition und Brauchtum entstanden oder auch von allgemeinen Moralvorstellungen geprägt.
Ein Teil dieser Sozialordnung ist aber auch das geltende Recht. Es unterscheidet sich von den anderen Regeln, die für das Zusammenleben der Menschen bestimmend sind, durch seine Erzwingbarkeit. Während die Missachtung von allgemeinen Anstandsregeln lediglich die Missbilligung der Mitmenschen auslöst und das Unterlassen einer moralisch gebotenen Handlung allenfalls ein „schlechtes Gewissen“ verursacht, wird der Rechtsbrecher (strafrechtlich) nach den Bestimmungen des Strafgesetzbuchs bestraft, der säumige Schuldner einer Forderung (zivilrechtlich) zur Zahlung durch ein Gericht verurteilt.
1.1.1 Rechtsordnung
Die Rechtsordnung ist bestimmend für die rechtlichen Beziehungen der Bürger untereinander. Sie besteht aus den in Gesetzen und Verordnungen niedergelegten Verboten und Geboten für das äußere menschliche Zusammenleben.
Diese betreffen die Achtung fremder Rechtsgüter (Eigentum, körperliche Unversehrtheit, Ehre) ebenso wie den Zwang zur Erfüllung eingegangener Schuldverpflichtungen oder die Verpflichtung zum Ersatz angerichteten Schadens.
Recht und Moral haben oftmals gleichen Ursprung und Hintergrund. Was unmoralisch ist, ist meist auch rechtswidrig. Gleichwohl sind Moral und Recht nicht dasselbe.
Unmoralisch handelt der wohlhabende Bürger, wenn er seinen unverschuldet in große Not geratenen Bruder nicht unterstützt. Eine rechtliche Verpflichtung zu Unterhaltszahlungen besteht aber nur unter Verwandten in gerader Linie (Großeltern – Eltern – Kinder).
Rechtswidrig ist es, bei roter Fußgängerampel die Straße zu überqueren, auch wenn weit und breit kein anderer Verkehrsteilnehmer zu sehen ist. Ein moralischer Vorwurf ist jedoch in solchem Fall wohl nicht begründet.
1.1.2 Bedeutung des Rechts für den Bürger
Das Recht wird in besonderen Situationen augenscheinlich sichtbar:
> bei der Eheschließung vor dem Standesbeamten,
> bei der Kreditaufnahme am Bankschalter,
> bei der notariellen Beurkundung eines Grundstückskaufvertrages,
> bei einer Gerichtsverhandlung.
Die Bedeutung des Rechts erschöpft sich jedoch nicht in solchen „Feiertagsangelegenheiten“. Vielmehr findet „Recht“ im Leben der Bürger täglich und zu jeder Stunde statt:
> Täglicher Einkauf von Lebensmitteln, Benzin, Kleidung.
> Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel.
> Wer mit seinem Pkw auf der rechten Straßenseite fährt, tut das, weil § 2 Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung (StVO) vorschreibt: „Fahrzeuge müssen die Fahrbahn benützen, von zwei Fahrbahnen die rechte.“
Aber auch im Unternehmen stehen Rechtsvorgänge im Vordergrund unternehmerischen Handelns:
> Einkauf von Produktionsmitteln (Beschaffung).
> Abschluss eines Arbeitsvertrages mit einem Mitarbeitern oder einer Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat (HR-Management).
> Verkauf von produzierten Gütern (Vertrieb).
Es ist von Vorteil, sich dieser umfassenden Bedeutung des Rechts bewusst zu sein und sich darin auszukennen, insbesondere, wenn es im privaten oder geschäftlichen Bereich zu Komplikationen kommt.
1.1.3 Privatrecht und öffentliches Recht
Je nachdem, ob Rechtsbeziehungen zwischen den Bürgern untereinander oder zwischen Bürger und dem mit Hoheitsgewalt ausgestatteten Staat geregelt werden, handelt es sich um privates oder um öffentliches Recht.
Das Privatrecht regelt die Rechtsbeziehungen der Bürger untereinander (Grundsatz der Gleichordnung).
Keiner kann dem anderen befehlen, vielmehr können sie ihre Angelegenheiten nur einvernehmlich vertraglich regeln, die Konditionen aushandeln oder auch rechtlichen Kontakt vermeiden (z. B. Bürgerliches Recht im BGB, Sonderprivatrecht der Kaufleute im HGB).
Dem Bauunternehmer A steht es frei, ob er ein Angebot machen will und welchen Preis er für richtig hält. Bauherr B kann das Angebot annehmen, ablehnen oder versuchen, neue Bedingungen auszuhandeln. Er kann anstelle des A dem C den Zuschlag geben. Herr D und Frau E können sich jeweils frei entscheiden, eine Ehe miteinander einzugehen oder weiterhin unverheiratet zu bleiben.
Das öffentliche Recht regelt demgegenüber die Rechtsbeziehungen zwischen den Bürgern und dem mit hoheitlicher Gewalt ausgestatteten Staat (Grundsatz der Über- und Unterordnung).
Der Staat agiert gegenüber dem Bürger zumeist hoheitlich durch Erlass eines „Verwaltungsakts“ (Verwaltungsrecht).
Festsetzung der Steuerschuld durch Steuerbescheid des Finanzamts, Einberufung zum Wehrdienst, Erteilung oder Versagung einer Baugenehmigung durch die Baubehörde, Ampelregelung im Straßenverkehr.
Zum öffentlichen Recht gehören aber auch die Rechtsbestimmungen, die den Staat selbst betreffen (Verfassungsrecht im Grundgesetz oder in Landesverfassungen, Prozessrecht in der ZPO, Strafrecht im StGB) oder die das Verhältnis der staatlichen Institutionen untereinander regeln (Staatsvertrag, öffentlich-rechtlicher Vertrag).
Vereinbarungen zweier Landkreise über eine gemeinsame Mülldeponie, Staatsvertrag zwischen Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz über den Südwestrundfunk.
Soweit jedoch der Staat selbst als gleichgeordneter und gleichgestellter Partner am Rechtsleben teilnimmt, gilt auch für ihn das Privatrecht (fiskalisches Handeln des Staates).
Der Staat mietet Diensträume von einem privaten Hauseigentümer, kauft Möbel und Büromaschinen für den dienstlichen Gebrauch, vergibt Aufträge an private Bauunternehmer.
Zuweilen können auch privatrechtliche und öffentlich-rechtliche Vorgänge ineinander übergehen.
Geländebedarf für den Bau einer Autobahn: Die zuständige staatliche Behörde wird zunächst versuchen, das erforderliche Land dem privaten Eigentümer abzukaufen (Privatrecht). Gelingt das wegen zu hoher Preisvorstellungen des Eigentümers oder zu geringem Angebot der Behörde nicht, so kann ein Enteignungsverfahren eingeleitet werden (öffentliches Recht). Der angemessene Preis wird dann gegebenenfalls durch Entscheidung des Gerichts bestimmt.
Die Unterscheidung zwischen Privatrecht und öffentlichem Recht hat vor allem für die Wahl des richtigen Rechtswegs Bedeutung. Privatrechtliche Streitigkeiten werden vor den ordentlichen Gerichten (Amtsgericht, Landgericht, Oberlandesgericht, Bundesgerichtshof) oder den Arbeitsgerichten verhandelt, öffentlich-rechtliche Klagen gehören vor die Verwaltungsgerichte, Sozialgerichte, Finanzgerichte oder vor das Bundesverfassungsgericht.
1.1.4 Rechtsquellen
Die für das Zusammenleben der Menschen geltenden Rechtsbestimmungen beruhen auf dem vom gemeinsamen Rechtsbewusstsein getragenen Willen der Bürger. Sie sind meist in Gesetzen und Verordnungen niedergeschrieben. Im Einzelnen unterscheidet man folgende Rechtsquellen:
1.1.4.1 Europäische Rechtssetzungsakte
Die Organe der Europäischen Union setzen Recht durch allgemein gültige Verordnungen, die in den EU-Mitgliedsstaaten unmittelbar gelten, durch an die Mitgliedsstaaten gerichtete Richtlinien, deren Ziele von innerstaatlichen Stellen rechtverbindlich umgesetzt werden müssen, sowie durch Beschlüsse, die nur für den jeweiligen Adressatenkreis verbindlich sind (vgl. Art. 288 AEUV).
Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher (Verbraucherschutzrichtlinie).
1.1.4.2 Grundgesetz
Ranghöchste nationale Rechtsquelle ist das Grundgesetz (Verfassungsrecht). Gegen seine Bestimmungen darf bei der Gesetzgebung durch die Parlamente nicht verstoßen werden; insbesondere sind die in Art. 1 bis 19 GG niedergelegten Grundrechte und die Staatszielbestimmungen der Art. 20, 20a und 28 GG zu beachten. Darüber wacht das Bundesverfassungsgericht.
Art. 2 Abs. 1 GG: Jeder hat das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
1.1.4.3 Gesetze
Gesetze sind von den Gesetzgebungsorganen des Bundes und der Länder (Bundestag, Bundesrat, Länderparlamente) erlassene Rechtsnormen.
Sie kommen auf dem von den Verfassungen vorgesehenen Weg zustande und werden zur Kenntnisnahme für jedermann verkündet.
Bürgerliches Gesetzbuch, Handelsgesetzbuch, Polizeigesetz BW, Gemeindeordnung BW.
1.1.4.4 Rechtsverordnungen
Rechtsverordnungen sind Rechtsbestimmungen, die von den Stellen der ausführenden Verwaltung (z. B. Ministerien) erlassen werden.
Sie bedürfen jedoch im Einzelfall einer Ermächtigung durch das gesetzgebende Organ (Art. 80 Abs. 1 GG).
Einkommensteuerdurchführungsverordnung, Allgemeine Durchführungsverordnung zur Baunutzungsverordnung.
1.1.4.5 Autonome Satzung
Autonome Satzungen sind die von öffentlich-rechtlichen Körperschaften im Rahmen ihrer Befugnisse aufgestellten Regeln.
Räum- und Streupflichtsatzung der Stadt Nürtingen, Benutzungssatzung für öffentliche Einrichtungen der Gemeinde Bad Wörishofen, Bebauungsplan der Stadt Stuttgart.
1.1.4.6 Gewohnheitsrecht
Gewohnheitsrecht entsteht durch lang dauernde tatsächliche Übung, die von der Gemeinschaft als Recht empfunden und anerkannt wird und regelmäßig nicht niedergeschrieben ist.
In der heutigen Zeit umfassender gesetzlicher Regelungen ist das Gewohnheitsrecht von geringer Bedeutung.
Auf Gewohnheitsrecht beruht z. B. die Befugnis des Wanderers, im Wald Beeren pflücken und Pilze sammeln zu dürfen, obwohl diese nach dem Gesetz (§ 953 BGB) eigentlich dem Grundstückseigentümer gehören. Lediglich gewohnheitsrechtlich anerkannt ist der „Scheinkaufmann“ im Handelsrecht.
1.1.5 Rechtssprache
Es ist bekannt und wird vielfach beklagt, dass sich die Juristen oft einer für den Laien schwer verständlichen Sprache bedienen. Es ist dies vielleicht auch einer der Gründe, weshalb die Bürger dem „Recht“ meist hilflos, unsicher und voll Misstrauen gegenüberstehen.
Versuchen Sie, den § 164 Abs. 2 BGB bei einmaligem Lesen zu verstehen:
„Tritt der Mangel des Willens, in fremdem Namen zu handeln, nicht erkennbar hervor, so kommt der Mangel des Willens, im eigenen Namen zu handeln, nicht in Betracht.“
Dieser Rechtssatz könnte verständlicher auch folgendermaßen ausgedrückt werden:
„Wer als Stellvertreter nicht deutlich macht, dass er für eine andere Person handeln will, kann sich hinterher, wenn er selbst in Anspruch genommen wird, dem Geschäftspartner gegenüber nicht auf seine angebliche Vertreterposition berufen.“
Der eigene Sprachgebrauch der Juristen hat aber sicher nicht seinen Grund darin, dass man sich nicht so leicht in die Karten schauen lassen und Juristerei als Geheimwissenschaft betreiben will. Vielmehr sind mehrere einsichtige Gründe dafür anzuführen, dass die Juristensprache nicht leicht zu verstehen ist:
> Gesetze müssen abstrakt formuliert sein, um mit möglichst wenig Worten möglichst viele Sachverhalte erfassen zu können. Je konkreter eine Vorschrift formuliert ist, desto weniger Anwendungsfälle hat sie.
Bei der Regelung des Kaufvertrags (§ 433 BGB) spricht das Gesetz abstrakt vom „Verkäufer einer Sache“ und erspart sich damit die konkrete Einzelaufzählung der Personen, die etwas verkaufen können (Autohändler, Kaufhausinhaber, Bäcker usw.) wie auch der einzelnen Gegenstände, die man kaufen und verkaufen kann (Pkw, Kleider, Brötchen usw.).
> Im Recht muss mit inhaltlich klar definierten Begriffen gearbeitet werden, um eine Verständigung auch in komplizierten Rechtsangelegenheiten zu ermöglichen. Solche Begriffe werden im Sprachgebrauch der Bevölkerung oft mit abweichender oder unklarer Bedeutung verwendet.
Hausbesitzer ist im Rechtssinne derjenige, der ein Haus tatsächlich bewohnt und somit „besitzt“ (vgl. § 854 BGB: Besitz = Innehabung der tatsächlichen Herrschaft). Dies trifft auch für den Mieter zu. Ein Hausbesitzer muss demnach nicht unbedingt auch der „Eigentümer“ sein, der Eigentümer des Hauses andererseits auch nicht zwingend zugleich unmittelbarer Besitzer, nämlich dann nicht, wenn er nicht selbst darin wohnt (zum Begriff des Eigentums vgl. § 903 BGB.).
Ein „Leihwagen“, für dessen Benutzung etwas bezahlt werden muss, ist im Sprachgebrauch des Gesetzes tatsächlich ein Mietwagen, weil nur die unentgeltliche Gebrauchsüberlassung Leihe (§ 598 BGB), die Gebrauchsüberlassung gegen ein Entgelt aber Miete ist (§ 535 BGB). Der gelegentlich verwendete Begriff „Leihgebühr“ ist deshalb ein Widerspruch in sich selbst.
> Die heute geltenden Gesetze sind zum großen Teil noch im letzten Jahrhundert erlassen worden (BGB, HGB, ZPO) und sprechen deshalb zwangsläufig die Sprache ihrer Zeit, die heute nicht immer leicht verstanden wird.
§ 1924 BGB: „Abkömmlinge“ des „Erblassers“ – gemeint sind die Kinder und Enkel eines Verstorbenen.
Trotz dieser Schwierigkeiten beim Verstehen der Rechtssprache ist es von Vorteil, wenn man sich um die Rechtsbegriffe und ihre Inhalte bemüht und möglichst viele davon kennenlernt. Dann kann man im Recht „mitreden“ und vermeidet Missverständnisse.
1.2 Bürgerliches Gesetzbuch, Handelsgesetzbuch und Nebengesetze
Bis zur Gründung des Deutschen Reiches im Jahr 1871 galten in den einzelnen deutschen Ländern (Königreich Preußen, Bayern, Württemberg, Sachsen, Großherzogtum Baden usw.) jeweils eigene Gesetze, teilweise sogar noch das direkt aus dem alten römischen Recht übernommene (all-)„gemeine“ Recht. Zur Vereinheitlichung und Vereinfachung wurde dann die Schaffung eines umfassenden Gesetzeswerkes für das gesamte Privatrecht in Angriff genommen, das im Jahr 1896 fertig vorlag und im damaligen Reichsgesetzblatt verkündet wurde. Am 01.01.1900 ist es als Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Kraft getreten.
Dieses Bürgerliche Gesetzbuch hat, obwohl sich seit seiner Schaffung die gesellschaftlichen Verhältnisse nachhaltig verändert haben, die verschiedenen politischen Systeme in Deutschland vom Kaiserreich über die Zeit der Weimarer Republik und der Diktatur des Hitlerregimes bis zur heutigen Bundesrepublik überdauert. Bis 1976 hat es auch in der ehemaligen DDR gegolten und wurde dann dort durch ein neues Zivilgesetzbuch (ZGB) ersetzt. Seit der Wiedervereinigung gilt das BGB wieder in ganz Deutschland.
1.2.1 Einteilung des Bürgerlichen Gesetzbuches
Das Bürgerliche Gesetzbuch ist in fünf Bücher eingeteilt, die jeweils eigene Rechtsbereiche behandeln.
1. Allgemeiner Teil: Das erste Buch des BGB enthält allgemeine Rechtssätze, die für alle Rechtsbereiche Bedeutung haben.
Die Geschäftsfähigkeit (§ 105 BGB) ist gleichermaßen Wirksamkeitsvoraussetzung für den Abschluss eines Kaufvertrages (Schuldrecht), für die Eigentumsübertragung (Sachenrecht), für die Eheschließung (Familienrecht) wie für die Mitwirkung bei einem Erbvertrag (Erbrecht).
2. Schuldrecht: Im zweiten Buch des BGB finden sich die Bestimmungen über das Entstehen und die Erfüllung von schuldrechtlichen Verpflichtungen.
Der Käufer einer Sache schuldet den Kaufpreis (§ 433 Abs. 2 BGB); wer Rechte, Rechtsgüter (Eigentum, Körper, Gesundheit) oder Interessen eines anderen verletzt, ist diesem zum Schadensersatz verpflichtet (§§ 280 Abs.1, 241 Abs. 2, 823 Abs. 1 BGB).
3. Sachenrecht: Im dritten Buch sind die rechtliche Zuordnung von Sachen zu einer Person (Eigentum) und sonstige Rechte an Sachen (Wegerecht, Pfandrecht, Hypothek, Grundschuld) geregelt. Man spricht insoweit auch von „dinglichen“ Rechten, weil sie in Bezug auf ein „Ding“ bestehen und nicht gegen eine bestimmte Person gerichtet sind.
§ 903 BGB regelt, welche Befugnisse der Eigentümer einer Sache hat: Er kann mit ihr nach Belieben verfahren, sie selber nutzen, sie anderen ausleihen, sie zerstören. § 854 BGB zeigt, wie man Besitz erlangt.
4. Familienrecht: Das vierte Buch des BGB regelt die Rechtsverhältnisse in Ehe und Familie. Dazu gehören neben den Regeln über die Verwandtschaft auch die personen- und güterrechtlichen Wirkungen einer Ehe, die Ehescheidung, die Scheidungsfolgen sowie Bestimmungen zum Unterhalt und zur elterlichen Sorge für minderjährige Kinder.
Leben Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, so muss bei Beendigung der Ehe ein Zugewinnausgleich stattfinden (§§ 1363, 1373 BGB). Personen, deren eine von der anderen abstammt, sind in gerader Linie verwandt (§ 1589 BGB).
5. Erbrecht: Das fünfte Buch des BGB behandelt die Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem Nachlass eines Verstorbenen, die gesetzliche Erbfolgeregelung, die Möglichkeit der Regelung der Nachlassverteilung durch Testament oder Erbvertrag, die Auseinandersetzung unter Miterben sowie das Pflichtteilsrecht.
1.2.2 Handelsgesetzbuch
Von vornherein wurde das gesamte Handelsrecht, obwohl es auch zum Bereich des Privatrechts gehört, aus dem BGB ausgeschieden und als Sonderprivatrecht der Kaufleute im Handelsgesetzbuch (HGB) geregelt.
Um zügige Geschäftsabwicklungen zu ermöglichen, erfordert kaufmännische Geschäftstätigkeit teilweise vom bürgerlichen Recht abweichende Sonderregelungen. Zum Teil handelt es sich aber auch um Übungen und Bräuche, die sich in der Geschäftspraxis der Kaufleute untereinander herausgebildet und die allgemeine Anerkennung gefunden haben.
1.2.2.1 Anwendungsbereich des HGB
Die Anwendung des HGB setzt voraus, dass mindestens einer der Akteure ein Kaufmann ist (sog. „subjektives“ System). Bei Rechtsgeschäften genügt also grundsätzlich ein einseitiges Handelsgeschäft, wenn nicht ausnahmsweise und ausdrücklich in einem bestimmten Paragrafen des HGB für dessen Anwendbarkeit ein beiderseitiges Handelsgeschäft zwischen zwei Kaufleuten gefordert ist (§§ 343, 345 HGB).
1.2.2.2 Charakteristika des Handelsrechts und Verhältnis zum BGB
Die im BGB geregelten Vertragstypen beherrschen auch den kaufmännischen Geschäftsverkehr. Auch der Kaufmann verkauft und kauft, mietet und vermietet, besorgt Geschäfte für andere.
Die Regelungen des BGB eignen sich aber nicht in allen Fällen auch für Kaufleute. Im HGB wird daher den besonderen Bedürfnissen des Handelsverkehrs Rechnung getragen nach zügiger Abwicklung von Geschäftsvorgängen des Handelsverkehrs (z. B. unverzügliche Untersuchung gelieferter Ware auf Mängel und deren unverzügliche Rüge, andernfalls Verlust aller Gewährleistungsansprüche, § 377 HGB), den erhöhten Sorgfaltsanforderungen und dem geringeren Schutzbedarf dieser Personengruppe (z. B. formfreie Bürgschaftsübernahme, §§ 350 HGB, 766 BGB; keine Möglichkeit der gerichtlichen Herabsetzung überhöhter Vertragsstrafen, §§ 348 HGB, 343 BGB) sowie dem Prinzip der Entgeltlichkeit gewerblicher Leistungen (z. B. erhöhter gesetzlicher Zinssatz, § 352 HGB; Fälligkeitszinsen, § 353 HGB).
Das HGB gilt für Kaufleute ergänzend zum allgemeinen bürgerlichen Recht, ändert das BGB aber auch punktuell ab.