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Blutsbande
Blutsbande

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Blutsbande

Язык: Немецкий
Год издания: 2019
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Zu behaupten, dass er instabil war, war wohl eine grobe Untertreibung, wenn man nach der Art, wie er das Lenkrad umklammerte, urteilen konnte. Nach dem, was sie gerade tun hatte wollen… waren sie vielleicht beide instabil.

Als er ihr nicht antwortete, sondern einfach nur geradeaus starrte und die Schulter zuckte, wurde Tabatha wieder wütend. „In Ordnung, bring mich einfach nur nach Hause… oder noch besser: verschwinde aus meinem Auto. Ich kann jetzt selbst fahren.“

Tabatha wurde unsanft in ihren Sitz gedrückt, als Kane das Auto wieder startete, den Motor aufheulen ließ und wieder auf die Straße fuhr… zum Glück war um diese Zeit nicht viel Verkehr.

„Vielleicht solltest du gehen und das Vogelnest suchen, wo auch immer Kriss sich versteckt, und dich zu ihm setzen, nachdem es euch beiden offensichtlich Spaß macht, Geheimnisse vor mir zu haben!“, sagte sie sarkastisch.

„Hat dir noch nie jemand gesagt, dass es keine gute Idee ist, einen Vampir herauszufordern?“, fragte Kane mit trügerisch ruhiger Stimme, aber weigerte sich, sie anzusehen.

„Ich lebe noch“, stellte Tabatha fest.

„Noch“, log Kane, aber fühlte sich zufrieden, als der Rest der Fahrt in unruhigem Schweigen absolviert wurde.

Tabatha lehnte sich in den Beifahrersitz zurück und verschränkte die Arme vor ihrer Brust. Sie weigerte sich strikt, an den Kuss zu denken und sie wollte schon gar nicht daran denken, wie sexy er ausgesehen hatte, wie er sich über sie gebeugt hatte… wütend oder nicht.

Sobald Kane das Auto in ihrer Einfahrt geparkt hatte, seufzte er und fuhr sich mit einer Hand durch sein Haar, als sie aus dem Fahrzeug sprang und weglief, als wäre sie gebissen worden. Der Gedanke erschien ihm recht ironisch, angesichts der Tatsache, dass er sie schon früher einmal gebissen hatte. Er stieg aus dem Auto und folgte ihr leise, wusste, dass das die falsche Entscheidung war.

Tabatha schlug die Autotür hinter sich zu und rannte zu ihrer Wohnungstür. Sobald sie die Tür sicher hinter sich geschlossen hatte, drehte sie sich um und verbrachte die nächsten Sekunden damit, alle vier Schlösser zu verriegeln, ehe sie das Licht im Wohnzimmer anschaltete.

„Tschüss, Arschloch!“ erklärte sie mit einem bösen Blick auf die Tür, fühlte sich triumphierend… bis sie sich umdrehte. Tabatha kreischte, als sie Kane auf dem Sofa sitzen sah, als würde er hier wohnen und sie warf ihre Handtasche nach ihm.

„Du bist nicht eingeladen!“, tobte sie, dann wartete sie, um zu sehen, ob er sich in Rauch auflösen und verschwinden würde. Es war sogar gut, dass er das nicht machte, denn sie hätte sich mit dem hysterischen Lachen, das davon gekommen wäre, verletzt.

„Verdammt, wieso bist du noch hier?“, fragte sie scharf, schüttelte ihre Stöckelschuhe ab und schleuderte sie mit den Füßen in seine Richtung. Sie freute sich kurz über ihren Erfolg, als er ein Bein bewegen musste, um ihnen auszuweichen.

Zu ihrer Verwunderung saß Kane einfach nur da und starrte sie mit diesem Gesichtsausdruck an, der wie eine Mischung aus Belustigung und Ärger aussah, und sie auf die Palme bringen wollte. Er flimmerte und verschwand einen Augenblick lang, dann hörte sie ein leises Pochen, als etwas die Tür auf beiden Seiten von ihr traf. Tabatha konnte sich nicht bewegen, da er sie an das Holz hinter ihr drückte. Sie hörte Donner draußen und fühlte, wie ihre Angst bei dem Geräusch zunahm.

Kane lehnte sich ein wenig nach vorne, bis seine Wange beinahe ihre berührte und atmete den Geruch ihrer Angst vermischt mit Wut ein. Er wirkte auf ihn wie ein Aphrodisiakum und erinnerte ihn daran, wieso er seine Seelenfreundin nicht genommen hatte, sobald er sie gefunden hatte. Tatsächlich kämpfte er gegen den Drang an, sie hier gleich an der Tür zu nehmen… schnell und kraftvoll.

Die Götter hatten sie vielleicht aneinander gekuppelt, aber sie hatten falsch gelegen in ihrer Wahl. Um ihretwillen… war es falsch. Als er sich weit genug zurücklehnte, um ihr Gesicht zu sehen, war er froh, dass die Wut und Angst dort noch immer waren.

Tabatha fühlte, wie ihre Stirnfransen sich bei jedem seiner Atemzüge bewegten, während er sie mit diesen hitzigen Augen anstarrte. Sie wurde verzaubert, als sie beobachtete, wie seine violetten Pupillen sich vergrößerten und fühlte, wie Enttäuschung durch sie brannte… sie wollte es nicht vergessen.

„Bevor du mich verzauberst… sag mir eine Wahrheit“, flüsterte sie. „Eine echte, völlig ehrliche Wahrheit.“

„Eine Wahrheit, Liebling?“ Kane senkte seinen Blick auf ihre Lippen und senkte seinen Kopf, bis seine Lippen beinahe die ihren berührten… nicht ein Kuss, sondern etwas viel Intimeres. „Ich bin für dich viel gefährlicher, als es ein Dämon je sein könnte.“

Tabatha blinzelte in das Sonnenlicht, das durch das Fenster strahlte, und setzte sich im Bett auf. Sie zog ihre Knie an und schlang ihre Arme um ihre Beine. Sie schenkte dem Tageslicht, das sie scheinbar verspotten wollte, einen bösen Blick. Knurrend schnaubte sie und blies ihre Stirnfransen in die Luft.

„Gefährlich, ja klar“, brummte sie. „Er ist so gefährlich, dass er mich noch ins Bett gesteckt und zugedeckt hat, bevor er ging.“

*****

Zachary betrachtete die Stadtkarte an der Wand und legte seinen Kopf zur Seite. Sie hatten eine Stecknadel an jeden Ort gesteckt, wo sich in den letzten paar Monaten ein merkwürdiger Vorfall ereignet hatte, um zu sehen, ob sie ein Muster feststellen konnten. Sie hatten mit nur wenigen farbigen Stecknadelköpfen begonnen, aber als mehr Berichte kamen, hatten die Stecknadeln begonnen, ein Muster zu ergeben.

Angelica nahm einen schwarzen Filzstift und zeichnete einen Kreis um die Slums und deren direkte Umgebung. „Misery hat in dieser Gegend ihr Unwesen getrieben“, erklärte sie. „Die anderen Vorfälle scheinen andere Dämonen zu sein, die mutig werden und aus ihren Verstecken kommen.“

„Was ist mit dem, was im Love Bites geschehen ist?“, fragte Trevor. „Das war nicht wirklich ihre übliche Vorgehensweise.“

„Wir müssen die Region vielleicht bald ausweiten“, bemerkte Chad. „Und was ist mit der Leiche, die wir heute Morgen gefunden haben?“

Sie alle erschauderten, als sie sich an den Tatort erinnerten. Sie hatten einen Anruf von der Polizei über die Leiche eines jungen Mannes bekommen, da sie meinte, dass sie das sehen sollten. Der Mann war etwa zwanzig Jahre alt und trug die Überreste eines T-Shirts mit dem Namen der lokalen Universität.

Als sie dort angekommen waren, hatte die Polizei die gesamte Umgebung in etwa hundert Metern Umkreis abgesperrt. Chad war das komisch vorgekommen und er war gegangen, um mit ein paar seiner Kumpels aus der Truppe zu reden. Als er zurückgekommen war, war seine Gesichtsfarbe deutlich blasser geworden.

„Was ist los?“, fragte Zachary.

„Sie sagten, dass wir es selbst sehen mussten… es ist mindestens so schlimm, wie das, was ihr von dem Bus letztens erzählt habt.“

Als sich die vier näherten, musste Trevor durch den Mund atmen, um zu verhindern, dass er sich durch den Geruch übergeben musste. Das schlimmste war, dass er den bitteren Geruch sogar schmecken konnte, und das war mindestens genauso schrecklich. Zach gab ihm einen Mundschutz aus seiner Jackentasche… er hatte immer ein paar bei sich, für genau solche Situationen. Als sie die Leiche sahen, musste sogar Zachary wegsehen und ein paarmal tief durchatmen.

Der Körper war buchstäblich auseinandergerissen worden und alles, was drinnen gewesen war, war draußen. Das Schlimmste war, dass sie alle sehen konnten, wo etwas tatsächlich Teile gefressen hatte, wo ganze Stücke Fleisch herausgerissen worden waren. Lange Spuren von Klauen waren in dem Bisschen Fleisch, das noch übrig war, und an den Knochen zu sehen, einige Knochen waren gebrochen und standen in absurden Winkeln ab.

Die Augenhöhlen waren das Schlimmste, denn sie starrten geradewegs zu ihnen hoch… die Augen waren herausgenommen worden. Ein Teil des Skalps war weggerissen worden und der Schädel durchlöchert, wo Teile des Gehirns noch aus dem Loch tropften. Der Mund war geöffnet worden und die Zunge war ebenfalls verunstaltet.

Ein Großteil der Innereien lag über den Körper verteilt und der Magen war weit geöffnet. Angelica drehte sich von der Leiche weg und drückte ihre Hand auf den Mund, um die Übelkeit zu unterdrücken… es half nichts.

„Armer Kerl“, flüsterte Zachary und kniete sich neben den Jungen. Die letzte Woche erschien ihm wie ein einziges Chaos aus dämonischer Aktivität und es schien nicht so, als würde es bald anders werden. „Was sagt der offizielle Bericht?“

„Die Polizei sagt, dass es ein tierischer Angriff war“, antwortete Chad.

Angelica schüttelte ihren Kopf. „Nein, das war kein Tier“, sagte sie mit rauer Stimme und ging zurück zum Auto. „Es war das Grab.“

Zachary schüttelte die Bilder aus seiner Erinnerung ab und sah von dem Stadtplan zu Angelica. „Was hast du gemeint, als du sagtest, es war das Grab?“

Angelica runzelte die Stirn. „Das war alles, was ich von der Leiche fühlen konnte. Die Wunden waren fast zu alt, sodass ich sie kaum spüren konnte. Ich weiß nicht, wie ich es besser beschreiben soll, als, dass das Grab ihn getötet hat.“

Zachary trat an den Kaffeetisch, wo sein Laptop stand. Er stellte eine Verbindung mit dem TEP-Netzwerk her und schickte Storm eine Nachricht, in der er die letzten Vorfälle beschrieb… die Antwort kam sofort.

„Es scheint, dass Storm die großen Spieler des TEP in den Fall holt“, erzählte Zachary den anderen, dann hielt er inne, ehe er zu seinen Kollegen hochsah. „Er hat den fabelhaften Ren hergeschickt… er ist schon hier.“

Trevor erzitterte sichtbar, als Rens Name erwähnt wurde. Ren war schon immer das Phantom der Gruppe gewesen… mehr eine Legende als eine echte Person, denn Storm war der einzige, der ihn je getroffen hatte. Er hatte Storm einmal gefragt, wer das mächtigste Mitglied des TEP war, und Storm hatte keine Sekunde mit seiner Antwort gezögert. Aber wenn Storm seinen Stellvertreter schickte, dann bedeutete das, dass er direkt dahinter eine Armee sandte.

Zachary und Trevor wussten beide, was das bedeutete… der Krieg begann.

Kapitel 3

Während seiner Jugendjahre hatte Ren es sich angewöhnt, sich in die Datenbank des Teams für Ermittlungen über Paranormales einzuloggen, um am Laufenden zu bleiben. Er war auch klug genug, um dann den Computer, den er verwendet hatte, zu zerstören, damit sie ihn nicht aufspüren konnten. Es war ein Nervenkitzel gewesen, die Schutzschilde zu durchbrechen, die eine Abteilung der Regierung errichtet hatte, die angeblich nicht einmal existierte.

Das Team für Ermittlungen über Paranormales, auch genannt T.E.P., wusste, dass Ren ihre Fälle verfolgte und ihre verschlüsselten Informationen heraussaugte, aber sie hatten ihn nie schnappen können und sie hatten keine Schutzschilde gefunden, die dicht genug gewesen wären, um ihn aus ihrem privaten System draußen zu halten. Er stahl nicht nur ihre Daten, sondern Ren ließ noch Daten von seinen eigenen paranormalen Ermittlungen zurück.

Nach mehreren Jahren, hatte der Chef des TEP begonnen, Ren Nachrichten hinter den dicksten, am besten verschlüsselten digitalen Schutzmauern zu hinterlassen, die Ren je gesehen hatte. Hinter diesen Wänden hatte Ren sich im Geheimen dem so schwer aufspürbaren TEP-Team angeschlossen, aber nur zu seinen eigenen Bedingungen… dass er alleine arbeitete.

Wer auch immer hinter dieser Mauer war, wusste nicht nur seinen Namen, sondern auch einige andere Dinge über ihn, die sonst niemand wusste… etwa die Tatsache, dass er nicht ganz menschlich war. Erst nachdem er einen Dämon der Klasse sieben angegriffen hatte, der einen menschenfressenden Kult im Kongo initiiert hatte, wobei er schwer verletzt worden war, hatte der Chef des TEP ihn schließlich aufgespürt.

Ren war mitten im Kampf gegen den Haut-Dämon, und zwar gerade dabei, zu verlieren, als eine Hand seine Schulter packte… und ehe er sich’s versah, war er auf einer kleinen, privaten Insel mitten im Meer. Ren hatte sich umgedreht und war dem Mann, der hinter den verschlüsselten Schutzschilden stand, von Angesicht zu Angesicht gegenüber gestanden… Storm.

Ren schüttelte seinen Kopf, als er sich an diese ersten kurzen Augenblicke erinnerte. Storm sah aus, als hätte er der Sänger einer Rockband aus den Achtzigern sein sollen und nicht das Gehirn hinter der geheimnisvollsten Gruppe der Welt.

Storm hatte nur gelächelt und die Hand zurückgezogen, die noch immer Rens Schulter festhielt. „Versuchst du, auf die grobe, schnelle Art aus dem TEP auszusteigen? Wieso bleibst du nicht noch eine Weile? Ich würde es richtig schade finden, meinen besten Freund zu verlieren, bevor wir auch nur die Chance bekommen, Freunde zu werden.“

„Was?“ Ren zog den Kopf ein und hielt seine Hand über seine Brust, wo der Dämon versucht hatte, sein Herz herauszukrallen.

„Tut mir leid“, seufzte Storm und griff wieder nach ihm. Sie waren plötzlich in der Einrichtung, die halb unter Grund und halb unter Wasser, tief unter der Insel war. „Es ist niemand mit der Macht zu heilen hier, aber ich kann dich jederzeit zu jemandem bringen, wenn dir das lieber ist.“

„Nein“, knurrte Ren praktisch. „Wenn du mir eine Nadel und einen Faden gibst, glaube ich, dass ich es ertragen kann, für ein paar verdammte Minuten an einem Ort zu bleiben.“ Er lehnte sich zurück gegen einen Tisch, um Storms Hand auszuweichen. „Und wenn du mich noch einmal anrührst, wirst du deine Hand verlieren.“

Storm lachte und öffnete einen der oberen Schränke, dann zeigte er mit der Hand auf all die medizinischen Utensilien dort. Sein Lächeln verschwand, als Ren sein Hemd aufknöpfte und Storm die tiefen Wunden sah, die der Haut-Dämon hinterlassen hatte. Nur wenige Sekunden später und Ren wäre verloren gewesen.

„Ich denke, nachdem du so auf Dämonen stehst, dass du vielleicht noch ein wenig mehr über sie lernen solltest, bevor du den nächsten zum Kampf herausforderst.“ Storm schaute von den Wunden weg, wissend, wie die Narben aussehen würden. Er kannte Ren schon lange… die Freundschaft war nur einfach noch nicht entstanden.

Ren streckte die Hand nach dem offenen Schrank aus und nahm etwas heraus, das ihm nach einem sterilisierten Nähköfferchen aussah, dann ging er zu dem Spiegel an der Wand. „Wenn du einen Dämon getroffen hast, hast du sie alle getroffen… nicht wahr?“ Er konnte den Sarkasmus nicht aus seiner Stimme verdrängen, während er innerlich versuchte, den Schmerz zu ignorieren… es funktionierte nicht.

„Falsch“, korrigierte Storm. „Du weißt nur, was ich in die Datenbank hochladen habe lassen.“ Er setzte sich auf das Krankenbett in der Mitte des Zimmers.

Ren sah durch den Spiegel auf den Mann hinter ihm. Die Dinge, die in der Datenbank versteckt waren, genügten, um die Welt in Flammen aufgehen zu lassen… es war genug, sodass es schon gefährlich war, die Datenbank überhaupt zu haben. Es war schwer zu glauben, dass da noch mehr war… aber andererseits: er wusste einige Dinge, die nicht einmal in der Datenbank waren.

„Ich höre.“ Und er hörte zu… wochenlang.

Storm hatte recht damit, die Information, die er mit Ren teilte, nicht in die Archive zu lassen, aus denselben Gründen, weshalb der Vatikan das Zeug in ihren geheimen Kellern versteckte. Wenn auch nur ein Teil dieser Information die normale Bevölkerung erreichen sollte, würde das das Ende der Welt, wie wir sie kennen, bedeuten.

Ren wusste ohne jeglichen Zweifel, dass ihm der Mann noch immer Informationen vorenthielt, denn welche Götter ihm auch die Macht gegeben hatten, in Raum und Zeit zu springen, hatten es auch gefährlich für ihn gemacht, jemandem etwas zu erzählen, was über das Jetzt hinausging. Er könnte der beste Geschichtslehrer der Welt sein… aber wenn Storm versuchen würde, jemandem von der Zukunft zu erzählen, könnte das die Raum-Zeit-Verbindung zerreißen… und diese Verbindung war Storm selbst.

Er hatte auch recht, was ihre Freundschaft betraf. Sie waren vom ersten Tag an Freunde gewesen und das sagte viel, denn sie beide waren nicht die Art Person, die jemandem vertraute. In Wahrheit… ähnelten sie einander in vielfältiger Art und Weise.

Storms kleine Erholungsinsel war tatsächlich irgendwo in der Vergangenheit, aber Storm hatte sie mit allen Annehmlichkeiten einer modernen Villa ausgestattet. Eine Seite des Gebäudes erzeugte in Ren ein Gefühl, als wäre er in einer riesigen Glasschüssel, während die andere Seite in das harte Gestein der Insel gebaut worden war. Das Beste daran war die völlige Einsamkeit. Dies war der eine Ort, an den Ren kommen konnte, wo nichts Paranormales ihn berühren konnte, abgesehen von Storms Fähigkeit in der Zeit zu reisen.

Zuerst hatte er gedacht, dass Storm Mitte zwanzig war, aber nachdem er ihn seit mehr als zehn Jahren kannte und Storm keinen Tag älter geworden war, fragte er sich, wie lange Storm schon auf der Welt war. Selbst Ren alterte nun weniger schnell, da er so viel Zeit in der Nähe von Storm und seiner Macht verbrachte.

Ren zuckte zusammen, als eine Stimme ihn aus seinen Gedanken riss.

„Ich habe dich gerade zum stolzen Besitzer eines der ältesten Häuser von LA gemacht“, verkündete Storm, als er auf dem langen Landesteg erschien, der sich vor der Insel erstreckte. Er grinste, als er sah, dass Ren vor Schreck fast aus der Haut fuhr.

„Verdammt, kannst du vielleicht ein Geräusch machen, wenn du so aus dem Nichts springst?“ Ren drehte sich um und lehnte sich an das Geländer, während er den zufriedenen Ausdruck auf Storms Gesicht betrachtete.

„Hast du jemand anders erwartet?“ Storm lachte.

Ren schenkte ihm nur einen bescheuerten Blick, denn kein anderer hatte je einen Fuß auf die Insel gesetzt. „Okay, ich beiße an. Wieso hast du mir eine alte, heruntergekommene Hütte gekauft? Es ist noch nicht einmal mein Geburtstag.“

Ohne Vorwarnung griff Storm nach Rens Schulter und der Ozean kippte weg und plötzlich standen sie auf einem Rasen direkt vor einem Gebäude, das als eine moderne, gotische Villa aus dunklem Stein durchgehen könnte. Als er Wellenschlag hörte, sah Ren nach rechts und erkannte das Meer. Er drehte sich einmal im Kreis und runzelte die Stirn, als er erkannte, dass die Zufahrt so weit war, wie er sehen konnte, und auf der linken Seite war nichts als dichter Wald.

„Nicht so schlecht für eine heruntergekommene Hütte.“ Storm nicke in Richtung des Hauses. „Zwanzig Hektar am Meer und mit jedem modernen Luxus ausgestattet. Es ist schwer zu glauben, dass dies früher ein kleines Schloss war.“

„Nicht so schwer.“ Ren wandte sich Storm zu. „Wo ist der Haken?“

„LA braucht dich.“ Storm zuckte die Schultern und ging los. „Kannst du es nicht fühlen?“

Ren antwortete nicht, als er Storm ins Gebäude folgte. In Wahrheit sagte ihm sein Spinnensinn, dass er so schnell er konnte davonrennen sollte. Los Angeles… bisher klang es mehr wie ein aufgezwungener Urlaub.

Einmal drinnen fand er sich in einem riesigen, runden Raum mit einer offenen Wendeltreppe wieder, die zur nächsten Etage führte, die in zwei Flügel unterteilt war. Storm ging auf die große Doppeltür auf der rechten Seite zu, also seufzte Ren und folgte ihm.

„Na, das ist mehr mein Stil“, meinte Ren erleichtert, als er die Überwachungsmonitore sah, die die gesamte Wand bedeckten und einen Glasschreibtisch, in den ein Computer eingebaut war.

„Ich dachte mir, dass dir das gefallen würde.“ Storm machte es sich auf dem Sofa gemütlich, das einsam in einer leeren Ecke des riesigen Zimmers stand. Er beobachtete Ren, als dieser sich an den Schreibtisch setzte und begann, die Steuerungselemente zu erforschen. „Niemand kann dich hier aufspüren, außer dir… und zum Glück zählst du nicht.“

Storm sah, wie die Augen seines Freundes leuchteten, als Rens Finger über der Tastatur schwebten. Es war eine merkwürdige Macht, die er hatte, und er kannte sonst niemanden, der es tun konnte, aber so konnte Ren die Schutzwände des TEP durchbrechen, die noch hundert Jahre moderner waren, als die der Regierung. Er saugte buchstäblich all die Information aus diesem Computer und wer weiß, vielleicht fütterte er ihm sogar noch mehr.

Es war lustig, denn Ren sah nicht wie ein üblicher Computer-Nerd aus… sein Aussehen war recht auffällig. Er hatte gesehen, wie Frauen beinahe über ihre eigenen Füße stolperten, wenn sie ihn erblickten.

Sein Haar war ein wenig mehr als schulterlang, nachtschwarz mit blauen Strähnen, wenn die Sonne es im richtigen Winkel traf. Aber sogar ohne die Sonne konnte man die dicken, silbernen Strähnen nicht übersehen, die Ren mehr wie ein wildes Kind aussehen ließen. Dazu kam das Kreuz, das von seinem Ohr baumelte und die Tatsache, dass er immer schwarz gekleidet war, was eine ziemlich beeindruckende Kombination ergab. Um den Effekt noch zu verstärken, waren Rens Iris wie poliertes Silber mit blauen Flecken und ein pechschwarzer Ring umgab sie. Er hatte aufgrund dieser Besonderheit immer Sonnenbrillen bei sich.

Was ihn an Ren am meisten verwunderte, war, dass Computer eine Sache waren, die Ren glücklich machten, was seine Macht betraf. Ren war auf jede Art ein Sukkubus. Wenn er in der Nähe eines Computers war, dann ernährte er sich von der Energie des Computers, fast als würde er sie herunterladen… aber seine Art von Sukkubus erlaubte es ihm auch, jedermanns Macht zu nehmen und sie für sich selbst zu nutzen.

Zum Beispiel… wenn er in der Nähe eines Formwandlers war, konnte er sich verwandeln. Wenn er in der Nähe eines Dämons war, hatte er jede Macht, die diese Art von Dämon hatte, aber der Nachteil davon war, dass es war, als würde er einen Spiegel verwenden. Er konnte dem Dämon seine Macht nicht wegnehmen. Beide Seiten hatten dann dieselbe Macht, und das war nicht immer eine Situation, von der beide Seiten profitierten… vor allem, wenn dein Gegner die Macht schon länger hatte, und besser wusste, wie er sie verwenden konnte.

Eine Art, auf die Ren dies zu seinem Vorteil nutzen konnte, war, wenn es mehr als eine paranormale Macht in der Reichweite seines Sukkubus gab… denn musste man sich in Acht nehmen, denn er konnte sie alle zu seinem Vorteil verwenden.

Ein weiterer Nachteil war, dass Ren kein guter Teamspieler war, also weigerte er sich, mit anderen zusammenzuarbeiten, was ewig schade war. Storm hätte ihn gemeinsam mit mächtigen Leuten arbeiten lassen können, und er hätte all ihre Mächte nutzen können. Selbst jetzt, wenn Ren sich um die halbe Welt und fünfzig Jahre in die Vergangenheit teleportieren wollte, dann könnte er es. Zum Glück hatte er kein Interesse an derartigen Dingen. Er beobachtete, wie das Licht in Rens Augen erlosch, als er aus der Welt des Cyberspace zurückkam.

Ren blinzelte und zog seine Hände von der Tastatur zurück, als er sich in seinen Drehstuhl zurücklehnte. „Niemand weiß, dass ich hier bin?“

„Nur Zachary“, gab Storm zu, obwohl er wusste, dass er hierüber eine schwere Diskussion mit Ren führen würde müssen. „Ich werde Zachary die meisten derjenigen, die schon hier sind, beaufsichtigen lassen.“

„Wieso gefällt mir nicht, wie das klingt?“ Rens Augen wurden schmal, aber er hatte das Gefühl, dass er diesmal verlieren würde. „Was ist mit der Villa und all dem hier? Wieso willst du mich bestechen?“

Storm hob eine Augenbraue. „Es ist irgendwie schwierig, jemanden zu bestechen, der zu jedem beliebigen Geldautomaten gehen und Geld herausholen kann.“

„Du weichst meiner Frage aus“, bemerkte Ren.

„Ich habe bisher zugelassen, dass du dich vor den Teams für paranormale Ermittlungen versteckst, und verdammt… ich habe deine Einsamkeit öfter mit dir verbracht, als ich es tun hätte sollen.“ Storm hob seine Hand, als Ren ihm widersprechen wollte. „Du hast immer behauptet, dass du mir etwas schuldest… ich bitte dich jetzt, deine Schuld zu bezahlen.“

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