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Reise in Südamerika. Zweiter Band.
Reise in Südamerika. Zweiter Band.

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Reise in Südamerika. Zweiter Band.

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Язык: Немецкий
Год издания: 2017
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Das Exemplar, welches ich mit nach Deutschland brachte, schoß ich in einer bedeutenden Entfernung ebenfalls mit einer Kugel. Es stürzte momentan und blieb auf einem Felsenvorsprung liegen, wo ich seiner mit leichter Mühe habhaft werden konnte.

Später hatte ich Gelegenheit mich von der außerordentlichen Schärfe des Auges dieser Thiere zu überzeugen. Ich trug eine rothe Schärpe, wie es dort im Lande gebräuchlich, diese befestigte ich einstens an meiner Jagdtasche, legte dieselbe auf einen Felsen und versteckte mich in die Nähe, indem ich mit einer Schnur die Vorrichtung bisweilen in Bewegung setzte, so daß das Ganze das Aussehen eines blutenden zuckenden Thiers hatte. Obgleich anfänglich kein Condor zu sehen war, schwebten doch bald einige, nur wie schwarze Punkte sichtbar, ober mir, und kamen dann, Kreise betreibend, näher. Aber nur kurze Zeit bedurften sie um zu unterscheiden, daß kein wirklicher Köder oder kein Thier sich unter ihnen befand und keiner näherte sich weiter als auf etwa 5 bis 600 Schritte, um sich hierauf wieder zu entfernen.

Unter den Jagden auf Vogelwild war für die Küche die ergiebigste jene auf eine wilde Taube, Chamae pelia melanura Reichenb., welche unserer Turteltaube sehr ähnlich ist, und am Spieße gebraten oder mit Zwiebeln und Pfeffer gedünstet eine gute Speise abgab. Ich habe diese Species nie im Flachlande von Chile getroffen, aber auf den Anden, und das zwar so weit aufwärts, als sich nur noch spärlicher Graswuchs findet, ist sie so häufig, daß wenn der Jäger und ich in Gesellschaft jagten, wir nie auf eine allein schossen, sondern es stets so einzurichten suchten, mehrere zugleich zu treffen.

Eine andere höchst mühsame aber deßhalb anregende und interessante Jagd war die auf eine sehr seltene, ebenfalls nur die Gebirgswasser der hohen Cordillera bewohnende Entenart, Merganetta armata. Das Thier hat an dem Flügelgelenke einen scharfen und fast dreiviertel Zoll langen Sporn. Es schwimmt rasch und selbst gegen die reißende Strömung jener Gebirgswasser und schwingt sich von Zeit zu Zeit auf aus dem Wasser hervorstehende Felsblöcke, wozu ihr die Spornen an den Flügeln behülflich sind. Längere Zeit verfolgt, taucht es unter und verschwindet. Man muß häufig die Wasser durchwaten oder überspringen, um der Ente folgen zu können, da oft die Ufer so steil werden, daß man auf der Seite, auf welcher man sich eben befindet, nicht mehr fortkommen kann, aber hat man auch die Ente auf Schußweite, was oft der Fall ist, wenn sie auf irgend einem Felsblocke ausruht, so ist es ganz nutzlos, sie hier zu schießen, indem sie in das Wasser stürzend, unbedingt für den Jäger verloren ist, und stets von der heftigen Strömung mit abwärts gerissen wird. Man muß ihr deßhalb so lange folgen, bis sie sich freiwillig erhebt und über eine größere Felsenplatte oder das Ufer hinwegfliegt und beim Stürzen auf festen Grund fällt. Ich habe blos ein Exemplar dieser Ente mit nach Europa gebracht. –

Andere Entenarten und verschiedene kleinere Vögel wurden eben so in mehr oder minder großer Anzahl erlegt. Ich erwähne z. B. der Muscisaxicola maculirostris, ein kleiner in der Färbung lerchenähnlicher Vogel. Er ist, ehe man seine Art und Weise kennt, schwer zu beschleichen, indem er sehr rasch fliegt und sich auf die Spitze eines kleinen Strauches niederläßt, aber nach einigen Sekunden verschwindet. Geht man an den Strauch, so ist der Vogel nirgends zu finden, denn wahrscheinlich um Insekten zu haschen, schlüpft er rasch von Zweig zu Zweig auf die Erde, läuft auf derselben durch das Gras verborgen fort, und erhebt sich dann, um auf einen andern Strauch fliegend, dasselbe Spiel zu wiederholen.

Häufig und in Zügen von etlichen Hundert zusammenlebend, aber auch nur auf den höheren Theilen des Gebirges, findet sich die Chrysomitris xanthomelaena Reichenb., eine neue von mir zuerst nach Europa gebrachte Art, glänzend schwarz und hochgelb gefärbt und in der Größe eines Zeisigs.

Auch der schon früher erwähnte und allenthalben in Chile anzutreffende Tapaculo und el Turco leben auf der Cordillera. Ersterer hat seinen Namen deßhalb erhalten, weil er stets mit hoch aufgerichteten Schwanzfedern einherläuft, denn Tapaculo heißt wörtlich: Bedecke deinen Steiß. Beide Vögel gewähren eine treffliche Speise, und ihr Fleisch kommt jenem des Haselhuhns sehr nahe. Auch Thinocorus Orbignianos, eine große Wachtelart, und paarweise nur dicht an der Schneegränze lebend, war ein schätzbares Wildpret.

Es fehlte uns, wie man sieht, nicht an frischem Vogelwild, und abgesehen von dem Interesse des Naturforschers und selbst der Nothwendigkeit, Material für unsere Küche beizuschaffen, bestand auch zwischen dem Jäger und mir eine Art Wettstreit, wer, jagten wir getrennt, des Abends am meisten heimbrachte. Die Knechte waren stets auf meiner Seite, und sahen es als eine Gunst an, wenn ich einen derselben, meist Carlos, mit mir nahm. –

Von Säugethieren bewohnen nur wenige Arten die hohe Cordillera, wie denn Chile überhaupt arm an denselben ist.

Der Cordillera-Fuchs, Canis Azarae, soll dort häufig vorkommen, aber ich habe nur ein einziges Exemplar erlegt. Oefters aber fanden sich des Morgens Fährten derselben um unser Lager, die Füchse umkreisten es, ohne Zweifel angezogen von dem Geruche der Speisen und der geschossenen Vögel. Der Cordillera-Fuchs ist etwas größer als der unsrige und ein wenig heller, in's Grau spielend. Aber sein Benehmen und seine Lebensweise gleicht ganz der des deutschen. Eben so vorsichtig, liebenswürdig und geschmeidig wie diese, sprang jener, den ich belauerte, von Stein zu Stein und drehte sich mit derselben Gewandtheit zur Flucht, als er plötzlich meiner ansichtig wurde. Ja, es gleichen sich alle Füchse, tragen auch nicht alle »rothe Bärte.«

Auch die Felis concolor, der sogenannte amerikanische Löwe, wird in der Cordillera getroffen. Als wir einstens schon bei vollkommener Dunkelheit von der Guanaco-Jagd heimkehrten, fanden wir das Feuer fast abgebrannt, die Speisen beinahe eingekocht, und Jose Maria verschwunden. Wir waren ängstlich, allein da auf Rufen und einige Signalschüsse keine Antwort erfolgte, warteten wir in Geduld das Weitere ab. Später erschien er mit den Pferden. Er hatte unfern des Lagers eine Löwenfährte gefunden, und war gegangen die Pferde einzufangen, um sie in der Nähe desselben zu versorgen.

Etwa gegen ein Uhr in der Nacht begann der Hund, den wir bei uns hatten, unruhig zu werden und zu knurren. Es war Mondschein, doch in der Thalschlucht ziemlich dunkel. Ich bedeutete durch Zeichen den Jäger nach der einen Seite der Schlucht hin aufmerksam zu sein, wand rasch meine Binde mir um den Leib, steckte meinen Dolch in dieselbe und kroch mit meiner Doppelflinte bewaffnet nach der Stelle zu, nach welcher hin der Hund Laute gegeben hatte. Stille und lautlos war ich, meiner Idee nach »indianerartig«, auf diese Weise etwa zwanzig Schritte weit in ziemlich hohem Grase vorwärts gekommen, als ich plötzlich ein leises Geräusch zu hören glaubte. Mein Herz pochte. Alle Indicien eines heftigen Jagdfiebers waren vorhanden! Ich nahm mir vor, der Puma »auf's Blatt zu halten,« um den Schädel nicht zu verderben. Da sah ich plötzlich im schwachen Strahle des Mondes, und etwa zehn Schritte von mir entfernt, zwei blitzende Augen, die mich anstarrten, wie ich sie. Aber unter den Augen war nicht der Rachen eines Löwen, sondern ein blitzendes Messer zwischen den Zähnen eines menschlichen, ziemlich braunen Antlitzes festgehalten. Indianer!

Wenn ich in Kapiteln schriebe – welch eine herrliche Gelegenheit hier ein frisches zu beginnen! Einfach im Texte forterzählend aber muß ich berichten, daß jene Augen Carlos gehörten, der durch den Hund geweckt, ohne von mir zu wissen, denselben Streifzug wie ich unternommen hatte. Er hob lautlos den Finger mit demselben die Richtung bezeichnend, ich nickte, und wieder im Grase untertauchend, setzten wir unsere Wanderung fort.

Der günstige Leser entschuldige, daß Alles blinder Lärm gewesen, wenigstens sahen wir nichts und krochen vom Thaue bis auf die Haut durchnäßt, wozu bei unserm Anzug nicht viel gehörte, in unsere Pelze zurück.

Es mochte vielleicht die Puma gewesen sein, vielleicht aber auch nur Füchse, welche das Lager umschwärmt hatten. Bessere Resultate erzielten wir auf der Guanaco-Jagd. Der Jäger berichtete eines Tages Eines geschossen zu haben, welches aber, schwer verwundet in eine unzugängliche Schlucht gestürzt sei. Zwar zogen hinter seinem Rücken die Knechte schauderhafte Fratzen, welche Zweifel und Unglaube beurkundeten. Aber es wurde doch beschlossen, des andern Tags eine große Jagd auf diese Thiere zu veranstalten.

Die Expedition wurde zu Pferde unternommen, einmal weil, wie die Knechte und selbst der Jäger sagten, es zu gefährlich sei jene Stellen zu Fuße zu besteigen, zweitens aber, weil wir ohne Pferde schwerlich in einem Tage hin- und zurückgekommen wären.

Ich will nicht wieder jene verwünschten Pfade beschreiben, welche wir zu reiten hatten, um den Jagdplatz zu erreichen. Es war jener schon vorher geschilderte Felskamm, die Mauer mit Stufen in erhöhter Potenz, aber dabei oft so steil aufwärts gehend, daß die Pferde sich häufig zu besinnen schienen, ob sie anklimmen, oder sich rücklings überschlagen sollten. Wir hatten fast vier Stunden zu reiten, bis wir auf dem gewünschten Platz angelangt waren.

Häufig trifft man auf der Cordillera Schluchten, ja selbst freistehende Ebenen mit zwanzig bis dreißig Fuß tiefem, festem und körnigem Schnee erfüllt und bedeckt, welcher Jahre lang nicht schmilzt, ja es treten ganze mit ewigem Schnee bedeckte Berge auf, aber in einiger Entfernung weiter oben, trifft man wieder auf ein Plateau, welches Graswuchs zeigt, und wo an den felsigen Wänden die zierliche Flora der höchsten Regionen erst den letzten Markstein der Vegetation anzeigt.

Ein solches Plateau hatten wir erreicht. Dicht bei uns ansteigend auf einer Seite steile Schneeberge, häufig ganz mit Wolken umhüllt. Auf der andern Seite kraterartige, stets mit Wolken verhüllte Schluchten, unter unsern Füßen ziemlich üppiges Gras; nur stellenweise, wo sich die Vertiefungen befanden, der Boden mit festem Schnee bedeckt, gegen eine dritte Richtung hin ein fast endloser Blick über die schneebedeckten Gipfel des Gebirges, dann aber endlich auf der vierten Seite die reizendste Fernsicht über das Land bis an's Meer.

Wir ließen die Pferde und das Maulthier, welches wir vorsorglich mitgenommen hatten, grasen und zogen uns höher in die Gegend der Moräne. Der Jäger und Carlos umgingen dieselbe von der einen Seite, indem sie theilweise in die Schlucht stiegen und vielleicht dort selbst ein Guanaco zum Schuß zu bekommen hofften, d. h. der Jäger, denn Carlos hatte kein Gewehr, ich aber stellte mich hinter einigen Felsblöcken an.

Wie wir hofften, sollten die Guanacos über die Moräne kommen, und dann konnte ich in einer Entfernung von etwa 150 Schritten wohl eins schießen. Mein alter deutscher Lehrer im edlen Waidwerk wäre sonder Zweifel wenig erbaut gewesen von der Art wie ich dort auf dem Anstande lag. Statt ruhig still zu liegen, beschäftigte ich mich mit den Pflanzen der nächsten Umgebung, den zierlichsten Pflänzchen, welche ich je gesehen, und mit einem goldgrün glänzenden Käfer, den ich wirklich in fünf Exemplaren haschte und welcher in Deutschland als eine neue Art erkannt wurde5, und welcher auf einer Saxi fraga zu leben schien. Plötzlich aber hörte ich den meckernden Ton, den die Guanacos auszustoßen pflegen, und der dem Rufe der sogenannten Himmelsziege ziemlich ähnlich ist. Aber die Thiere waren noch etwa 1500 Schritte weit von mir entfernt, und flogen nach einigen Augenblicken Halt, pfeilschnell über die Schneedecke hinweg, nach einer tiefer gelegenen Stelle zu.

Man darf, sobald diese Thiere ihren Ruf ausgestoßen haben, alle Hoffnung aufgeben, daß sie sich noch weiter nähern. Sie haben in diesem Falle bereits Verdächtiges bemerkt, und sind auf ihrer Hut. Ich lag jetzt still hinter einem Felsenblocke, da ich auf einen späteren Nachzügler wartete, und nach etwa einer halben Stunde kam auch wirklich ein Guanaco auf der Höhe der Moräne. Da ich keine Büchse, sondern nur meine mit Kugeln geladene Doppelflinte hatte, mußte ich das abwärts steigende Thier näher kommen lassen. Endlich aber gab ich Feuer. Das Guanaco machte einen Sprung, schüttelte mit den Ohren und blieb dann einige Sekunden ruhig stehen. Der Tragweite meiner Flinte nicht recht vertrauend, hatte ich wohl zu hoch und über das Thier hinweggeschossen. Da ich aus Erfahrung wußte, daß ein Schuß die Guanacos weniger erschreckt als der Anblick eines Menschen, so blieb ich ruhig in meinem Verstecke kauern, hoffend auf das Näherkommen meiner Beute. Da aber das Thier sich nach einigen Augenblicken in raschen Galopp setzte, schoß ich zum zweiten Male, und jetzt stürzte dasselbe sogleich zusammen, raffte sich wieder auf, stürzte nochmals und rollte dann einige Klafterlängen abwärts, wo es verendet liegen blieb. Ich ließ es, wo es war und suchte Pflanzen und Käfer, von welchen ich wirklich eine hübsche Ausbeute erhielt, bis nach einiger Zeit der Jäger mit dem Knechte erschien und nun zum Ausweiden der Beute geschritten wurde, indem wir die Decke des Thieres dazu benützten, die Keulen, den Rücken und was uns brauchbar vom Fleische erschien, einzupacken. Das Thier war feist und erreichte beinahe die Größe eines Maulthiers. Den Aufbruch ließen wir, um Condore anzulocken, liegen, allein merkwürdiger Weise ohne Erfolg. Während wir, durch Felsblöcke geborgen, das Mittagsbrod verzehrten, bemerkten wir plötzlich einen frischen Trupp Guanacos, welche Lust zu zeigen schienen, auf das Plateau hinabzukommen. Sie ziehen hiebei auf den von ihnen selbst getretenen Pfaden, eines hinter dem andern, ganz ähnlich einem Zuge beladener Maulthiere, und ziemlich langsam weiter, und sobald das erste stehen bleibt, rührt sich ebenfalls keines der nachfolgenden von der Stelle.

Unsere Pferde waren nicht weit entfernt, Carlos brachte dieselben, und wir näherten uns den Guanacos so vorsichtig und gedeckt als möglich, in der Absicht eine Jagd nach Art der Chilenen zu machen, wobei man die Thiere zu Pferde verfolgt, bis es gelingt, sie mit dem Lasso zu fangen. Die Wahrheit zu gestehen, hatte ich mir vorgenommen, wäre ich einmal dem Wilde auf Lasso-Weite nahe gekommen, zu halten und nach ihm zu schießen, denn obgleich ich den Lasso ein wenig werfen konnte, hatte ich doch zu Pulver und Blei mehr Vertrauen. Als uns die Thiere erblickt hatten, und zu meckern anfingen, jagten wir wie verrückt hinter denselben her. Aber auf einem der Schneestreifen, welche sich von oben herab auf das Plateau zogen, brach ich mit meinem Pferde ein und versank bis über die Brust in den Schnee. Unter mir hörte ich Wasser rauschen, mein Pferd sank ersichtlich tiefer, und ich sah eben noch Carlos, welcher mit seinem leichteren Pferde schlittschuhartig über den Schnee geglitten war, am Ende desselben seinen Lasso in Bereitschaft setzen, ohne Zweifel, um mich im schlimmsten Falle mit demselben herauszufangen.

Ich glaube, daß ich dort keine besonders geistreiche Miene zur Schau gestellt habe, indessen spornte ich mein Pferd so gut es des Schnees halber eben ging, und dasselbe fußte unten wieder auf einem festen Gegenstande, ob Eis, ob ein Felsen, ich weiß es nicht, aber es arbeitete sich in die Höhe, erreichte mit den Vorderfüßen die harte Schneedecke, welche einige Male einbrach, aber doch immer etwas Halt gewährte, und war plötzlich mit einigen gewaltigen Sprüngen oben, und mit zwei oder drei weiteren Sätzen über den Schnee hinweg. Wir hatten bald den vorausreitenden Jäger eingeholt, aber die Guanacos waren verschwunden und hatten sich in Klüfte und auf Abhänge geflüchtet, wohin ihnen selbst ein chilenischer Reiter nicht zu folgen vermochte.

Ich habe an jenem Tage auf dem Plateau hübsche Käfer gefangen, schöne geognostische und für die Höhe des Gebirgs bezeichnende Stufen geschlagen und von jener zwergartigen Flora verschiedene Exemplare mitgebracht, welche in Deutschland sämmtlich später als Novitäten bezeichnet wurden.

Während ich so meine eigenen Wege verfolgte, lag der Jäger auf dem Anstande, um ein etwa versprengtes Guanaco zu erlegen, aber fruchtlos.

Spät in der Nacht kamen wir unten im Lager an, und vor uns in der Thalschlucht einige hundert Steine, welche unter den Füßen der Pferde wichen und abwärts rollten. Daß wir dort nicht sämmtlich die Hälse brachen, ist mir heute noch ein Räthsel.

Dort habe ich gesehen, wie sehr die Thiere, welche wir bei uns hatten, zusammengewöhnt waren. Hoch oben, so daß wir wenigstens noch eine halbe Stunde zu reiten hatten, bis wir im Lager ankamen, hörte uns eins der zurückgelassenen Pferde, welches sich in der Nähe des Lagers befand; es wieherte, als es seine Kameraden kommen hörte und alle unsere Thiere gaben sogleich freudige Antwort.

Die meteorologischen Verhältnisse von Chile überhaupt werde ich, was das Flachland betrifft, mit einigen Worten später berühren, hier aber dahin Einschlagendes die Anden Betreffendes sogleich erwähnen.

Die Temperatur war in der Cordillera eine ziemlich wechselnde. An der Stelle des Lagers, des Nachts, und besonders gegen früh, + 5 bis + 6° R., des Mittags aber im Schatten + 15 bis + 16° R. Zu verschiedenen Malen aber war des Nachts die Temperatur bis auf + 3 R. gesunken. In der Sonne aber, und an den derselben am meisten ausgesetzten Felswänden war + 28 R. und + 30° R. eine gewöhnliche Erscheinung.

Auffallend aber war der enorm wechselnde Feuchtigkeitszustand der Luft. Ich hatte ein Fischbein-Hygrometer bei mir, welches freilich nur relative Resultate giebt, die indessen vollkommen ausreichen, um das eben Gesagte zu bethätigen. In dem Augenblicke, in welchem die Sonne die Gipfel der westlichen Bergspitzen unserer Schlucht zu bescheinen anfing, während sie noch eine halbe Stunde zu steigen hatte, bis sie in die Tiefe der Schlucht zu unserm Lager gelangte, und wir also noch so lange vollkommen im Schatten waren, begann das Hygrometer schon stark zu steigen, so daß der Unterschied, bis die Sonne auf die Sohle des Thales kam, öfters 35° bis 40° der Scala betrug, und das war täglich der Fall.

In Betreff des Windes bin ich nicht im Stande eine allgemeine Hauptrichtung desselben in der Cordillera anzugeben. So constant wie im Flachlande von Chile der Wind zu einer bestimmten Stunde und von einer bestimmten Richtung kommend auftritt, so constant tritt er in den einzelnen Schluchten und Thälern der Cordillera und an den einzelnen Felswänden ebenfalls auf, aber dies ist nichts anderes als eine locale Luftströmung, bedingt durch eine ungleiche Erhitzung und Abkühlung jener gewaltigen Massen.

So begann z. B. regelmäßig des Morgens gegen 10 Uhr in der Schlucht, in welcher wir unser Lager aufgeschlagen hatten, der Wind direkt von Süd zu wehen, indem er dem Streichen der Schlucht von Süd nach Nord folgte und hielt bis gegen Mittag an, wo Windstille eintrat. Des Abends aber um 7 Uhr begann Nordwind in gerade entgegengesetzter Richtung und hielt bis um Mitternacht an. Zufällig stimmt dies mit der Windrichtung in Valparaiso auch zusammen, aber dies ist zufällig, denn in andern Schluchten des Gebirges war die Richtung des Windes oft eine ganz andere.

Die Wolken, die oberhalb der Cordillera standen, und bei höherem Standpunkte des Beobachters unterhalb derselben hinziehen, gaben mir ebenfalls keine Anhaltspunkte, um auf eine allgemeine bestimmte Richtung des Windes schließen zu können. In geringer Entfernung von einander folgten diese Wolkenmassen oft ganz entgegengesetzten Richtungen, und wurden mithin, wie es scheint, ebenfalls von den Luftströmungen getrieben, welche von den mehr oder weniger erwärmten Felsmassen aufstiegen.

Ich habe öfters in gleicher Höhe mit dem Standpunkte, welchen ich einnahm, Wolkenmassen von zwei entgegensetzten Seiten auf einer mir gegenüberstehenden Felsenklippe herankommen sehen. Sie zogen mit gleicher Geschwindigkeit, vereinigten sich, nachdem sie eine kurze Strecke am Felskamme aufwärts gezogen waren und verschwanden hierauf, offenbar als Niederschlag am Gesteine selbst. Sowohl bei schneebedeckten als auch vollkommen schneefreien Bergspitzen habe ich dieß beobachtet. Ich habe nur selten in bedeutender Höhe über den Anden Wolken schweben gesehen und es schien die Wolkenbildung, wenigstens zur Zeit meines Aufenthalts auf der Cordillera, wo fast immer heiterer Himmel war, auf das Gebiet der Andes-Kette selbst beschränkt zu sein, indem von einem Punkte aus aufsteigende Wolken längere Zeit über ein und demselben Orte zu schweben schienen und dann wieder verschwanden, oder auch sich zwischen den höchsten Gipfeln des Gebirges hindurch windend, sich endlich dem Blicke entzogen.

Thau fiel täglich in der Cordillera, wenigstens in der Gegend des Lagers, Regen nur einmal, allein nur in einzelnen Tropfen und ganz vorübergehend.

Wie sehr die Temperatur der Gebirgswasser sich verändert, mag die Angabe eines Mittels zeigen, welches sich aus einer längeren Reihe von Beobachtungen ergeben hat, die ich mit dem neben unserm Lager fließenden Flusse angestellt habe. Es ergiebt sich für Morgens 6 Uhr + 4.12° R., für Mittags 2 Uhr + 8.15° R. und endlich für Abends 8 Uhr + 5.08° R. Das frisch gethaute Schneewasser, welches gegen Abend und während der Nacht jene Flüsse verstärkt, bewirkt die starke Abkühlung derselben.

Es sind die Nächte auf der hohen Cordillera wirklich reizend, wundervoll zu nennen, und dieß vorzüglich, wenn ein erhöhter Standpunkt und klares Mondlicht dem Blicke in die Ferne zu schweifen erlaubt. Ich bin verschiedene Male, nachdem ich einmal die Wege genauer kannte, länger auf den höheren Theilen des Gebirges geblieben, so daß ich den vollen Anblick jener prachtvollen Mondnächte genießen konnte.

Keine Feder vermag in der That den feenhaften Zauber zu schildern, der dort, hat man einen glücklichen Standpunkt gewählt, über die Landschaft ausgebreitet ist.

Die phantastischen pittoresken Formen des nächsten Gebirges traten doppelt imponirend und gehoben durch das Helldunkel unter und neben uns aus der Tiefe hervor, und fast ist die Phantasie versucht, riesige menschliche Formen, fabelhaftes tolles Gethier sich aus ihnen zu bilden. Mitten unter diesem Chaos von düsteren schwarzen Gestalten heben einzelne schneebedeckte Berge ihr Haupt bläulich-glänzend im Mondschein. Aber die diesseitige im Mondlichte zitternde, schwimmende Ferne des Flachlandes bietet den mächtigsten Reiz. Sie spricht, gehoben durch den Vordergrund, eine Mystik aus, die sich nicht schildern, mit Nichts vergleichen läßt. Dazu die lautlose Stille, die tiefste Ruhe und das mächtig erregende und doch wieder so beruhigende Gefühl absolutester Einsamkeit. Und über dieß Alles ist ein Himmel gebreitet, dessen Blau sich mit dem tiefsten Ultramarin vergleichen läßt. Zwar glänzen an ihm nicht die Sterne, die unsere Jugendzeit mit frommen Träumen erfüllten, aber auch die fremden, uns wenig bekannten Sternbilder der südlichen Halbkugel, sprechen in solchen einsamen Nächten zu uns von der Unendlichkeit des Weltalls, und von Dingen, welche kaum die Gedanken zu fassen, noch weniger aber Worte auszudrücken vermögen. –

Ich will noch des Zodiakallichtes gedenken, von dem ich bereits früher gesprochen habe, welches aber in der hohen Cordillera in einer ganz außerordentlichen Intensität auftritt.

Ich habe dort eine Erscheinung gleichzeitig mit demselben auftreten sehen, von welcher ich kaum glaube, daß sie irgendwo erwähnt worden ist.

In allen wolkenfreien Nächten nämlich, in welchen das Zodiakallicht in seiner ganzen Stärke zu sehen war, zeigten sich etwa in der halben Höhe des pyramidal ansteigenden leuchtenden Scheins helle Flecke, ähnlich den Maghellan'schen Wolken. Der eine dieser Flecke trat südlich auf, und war der größere, er hatte die scheinbare Größe der kleineren Maghellan'schen Wolke und stand etwa um die Breite seines Durchmessers entfernt an dem äußeren Rande des Zodiakallichtes.

In gleicher Höhe mit ihm, aber nördlich und auf der andern Seite der leuchtenden Pyramide, standen zwei kleinere Flecke übereinander. Die Lichtstärke dieser drei Flecke war unter sich gleich, aber etwas schwächer, als die des Zodiakallichtes selbst. War das letztere nicht in vollster Intensität zu sehen, so waren diese Nebenflecke kaum oder gar nicht zu bemerken.

Man darf also vielleicht annehmen, daß dieselben als zu demselben gehörig betrachtet werden können, und der Ausdruck hoher Intensität desselben sind, ähnlich dem, wie die sogenannte Krone des Nordlichts den höchsten Grad desselben, die vollständigste bis jetzt beobachtete Ausbildung der Erscheinung bezeichnet.

Hiedurch hätte ich nun freilich gewissermaßen ausgesprochen, daß ich das Zodiakallicht in einem Grade seiner Lichtstärke gesehen, wie noch keiner der beobachtenden Reisenden, welche demselben ihre vollste Aufmerksamkeit zugewendet haben. Aber selbst auf die Gefahr hin unbescheiden zu erscheinen, darf dennoch in der Wissenschaft die Wahrheit nicht verletzt werden. Findet sich aber meine Wahrnehmung bereits irgendwo erwähnt, so habe ich mich zwar geirrt, wenn ich glaubte eine Novität zu bringen, aber die Sache selbst ist bestätigt.

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