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Versuch einer Ethnographie der Philippinen
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Versuch einer Ethnographie der Philippinen

Язык: Немецкий
Год издания: 2017
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Die Beweglichkeit ihrer Zehen ist eine auffallende, sie sind im Stande die Füsse zur Unterstützung ihrer Hände herbeizuziehen, mit Leichtigkeit erfassen sie die kleinsten Gegenstände mit den Zehen und heben sie vom Boden auf, um sich die Mühe des Bückens zu ersparen; beim Klettern kommt ihnen besonders diese Eigenschaft zu gute (Ilustr. 1858, n. 7, p. 53). Wir haben bereits oben Ähnliches bei den Negritos gefunden. Die grosse Zehe ist auch von den übrigen durch einen grösseren Zwischenraum getrennt (Buzeta I, 59).

Nicht minder ausserordentlich ist ihr Geruchssinn. Selbst in einer grösseren Gesellschaft erkennen sie an dem Geruche der Taschentücher deren Besitzer (Jagor, Skizzen 39). Es giebt Diener, welche durch Beriechen unter einem Dutzend fremder, frischgewaschener Hemden das Eigenthum ihres Herrn sofort herausfinden. Liebende tauschen Kleidungsstücke &c. aus, um sich am Beriechen derselben zu erfreuen, ist der fremde „Duft” durch den eigenen verdrängt, findet neuer Austausch Statt. Nach Mas (pobl. 87), dem ich auch das Obige entnehme, sollen die Weiber durch ihren Geruchssinn es erkennen, ob ein in ihrer Nähe befindlicher Mann geschlechtlich erregt ist oder nicht (?).

Die Tagalen siedeln sich stets unmittelbar an einem grösseren Wasser an, sei es ein Fluss, ein Bach, ein See oder das Meer selbst, ihr Name selbst soll soviel wie Flussbewohner bedeuten, die Ebene und das Thal sind ihre Heimath, die steilen Hänge, die Gebirgsgelände meiden sie nach Thunlichkeit. In den Zeiten ihrer Unabhängigkeit waren ihre Niederlassungen klein und zersplittert, die Spanier aber zwangen sie, sich in grössere Ortschaften zusammenzusiedeln, welche Pueblos (wenn sie eine autonome Gemeinde bilden) oder Barrios heissen. Es gehörte viel dazu, die zum isolirten Vegetiren sich hinneigenden Tagalen zu dieser Concentration zu bringen, zum Glück begegneten sich da die Absichten der Regierung mit den Interessen der Geistlichkeit und des durch kluge Concessionen gewonnenen eingeborenen Adels.

Die Hütten der Tagalen stehen auf Pfählen; der von den Pfählen eingeschlossene Raum wird durch Bambuslatten abgesperrt (Jagor, Phil. 20), in denselben werfen die Tagalen durch die Spalten des Bodens der Hütte den Kehricht herunter (Semper, Skizzen 50). Die Hütten selbst sind aus Rohr, bei Reicheren aus Brettern und Balken erbaut, meist besteht jedoch nur das Gerüste aus diesem Material, die Wände werden dann aus Pandanusblättern verfertigt. Die Fenster haben Läden aus Fächerpalmblättern oder Bambusrohr. Selten fehlt die Azotea oder Batalan, eine Art Galerie oder Veranda. Das Dach wird mit Blättern der Nipapalme gedeckt, welche oft zu förmlichen Ziegeln geformt sind. Es giebt Hütten, welche sammt dem Mobiliar zwei Centner wiegen (Jagor, Phil. 20). Beim Baue wird zuerst das Dach, dann erst die Hütte selbst hergestellt (Jagor, Phil. 46; Scheidnagel 54). Der Aufstieg geschieht auf einer Leiter oder einem eingekerbten Bambus, bei Nacht wird die Hütte durch Aufziehen der Leiter unnahbar. Die Hütten haben nur ein Stockwerk, dessen Fussboden ungefähr einen Meter über der Erde erhaben ist (Scheidnagel 54). Vornehme Indier, die Principales oder Glieder der Dorf-Aristokratie, haben bessere zum Theil aus Stein erbaute Häuser, welche mitunter ein mit Zink gedecktes Dach besitzen (Scheidnagel l. c.). Das Mobiliar besteht bei der Mehrzahl der Tagalen nur aus dem Kochgeschirr und Matten. Jagor fand die stattlichsten Tagalenhäuser in der Provinz Bulacán, in denselben fehlten weder Stühle, noch Tische, Bänke, Schränke, selbst Spiegel und Lithographien waren vorhanden (Jagor, Phil. 48).

In den Provinzen laufen die Kinder ganz nackt herum oder tragen nur das philippinische Hemd, die Camisa, d. h. eine Jacke, welche nicht einmal den Nabel bedeckt. Selbst grössere Burschen begnügen sich mit dem Tapa-Rabo, einem Baumwollstoffe, welcher zwischen die Beine geschlagen und am Gürtel festgemacht wird (Vila 7). Die Tracht der erwachsenen Männer ist sehr einfach, sie besteht aus der erwähnten Camisa und Beinkleidern, nur pflegt hier das Hemd meist so lang wie das der Europäer zu sein, was aber um so unanständiger erscheint, indem das Hemd über den Hosen getragen wird. Die Hemden der Vornehmen sind oft reich gestickt oder wenigstens mit rothen Knöpfen versehen. Reiche Leute tragen Perlen oder Brillanten als Knöpfe (Scheidnagel 60). Die Mitglieder des eingeborenen Adels tragen über dem Hemde eine schwarze Tuchjacke, doch ist diess nicht ihr ausschliessliches Privileg, wie in einigen Werken zu lesen ist. Lächerlich nehmen sich die Kutscher europäischer Herren aus: Das Hemd über den Hosen, eine gallonirte Jacke, Gamaschen und Cylinderhut! Die Füsse tragen sie meist nackt, selbst die eingeborenen Truppen der Spanier tragen Schuhe nur zur Parade, und in der Stadt, bei Märschen und im Felde gehen sie barfuss, sonst würden sie bald marschunfähig werden. Die Vornehmen tragen mitunter selbst Lackschuhe (Scheidnagel 60).

Auf dem Kopfe tragen sie einen grossen Hut, den Salacot oder Salacó. Dieser hat die Form eines Kugelsegments und ist sehr häufig mit einer Spitze versehen, welche aus Silber oder gar aus Gold besteht (Scheidnagel, l. c.). Das Material sind Palmenblätter, Stroh &c. Vornehme tragen gern Hüte europäischer Façon, ja mit Vorliebe Cylinder.

Ärmere Frauen tragen nur die kurze Camisa und dann die Saya. Letztere ist ein Frauenrock, der von der Hüfte bis zu den Knöcheln reicht, oft aber auch die Waden ganz unbedeckt lässt. Bei der Kürze der Camisa bleibt häufig ein Streifen nackten Leibes den Blicken der Männer ausgesetzt. Reichere tragen noch den Tápis, dieser besteht aus einem Zeuge, welches um den oberen Theil der Saya herumgewunden wird. Sie wissen den Tápis in einen schönen Faltenwurf zu bringen. Man liebt besonders gestreifte Stoffe, am berühmtesten sind die Tápisstoffe, welche in Balívag (Provinz Bulacán) fabricirt werden, sie sind dunkelbraun und weiss gestreift. Die Stoffe zu diesen Kleidern werden aus Baumwolle, Abacá oder Seide verfertigt. Das Haar tragen die Weiber aufgelöst oder in einem durch einen Kamm zusammengehaltenen Knoten („pusod”) geknüpft. Zum Schmucke der Haare dienen Blumen. Geschmeide wird gleichfalls getragen, doch ist es meist europäischen oder chinesischen Ursprunges oder doch fremden Mustern entlehnt. Die Füsse stecken bei allen Bemittelten in eigenthümlichen Pantoffeln, den sogenannten Chinelas, deren Oberdecke so kurz ist, dass sie kaum die Zehen bedeckt.

Die Tagalen leben vom Fischfang und Ackerbau. Der Reis ist ihre Hauptnahrung, deshalb wird er auch am meisten gebaut. Auf einer Ausstellung zu Manila wurden 60 angeblich verschiedene Reisgattungen ausgestellt, welche sämmtlich in den Philippinen gebaut werden (Jagor, Skizzen 37). Dem Reisbau wenden sie auch die grösste Sorgfalt zu, obwohl sie nicht viel mehr zu bauen pflegen, als sie selbst zum Unterhalte brauchen. Wo die Äcker an Waldwildnisse grenzen, werden sie durch lebendige Hecken aus einer sehr stacheligen Bambusart geschützt (Semper, Skizzen 135). Die Ackergeräthe sind sehr plump und meist aus Bambus zusammengesetzt. Den Pflug zieht der Carabao-Büffel, von dem ich noch weiter unten sprechen will. Reis ist ihre tägliche Nahrung, und man sieht die Weiber stets damit beschäftigt, den noch in der Hülle steckenden Reis – „pálay” genannt – durch Stossen in einem Holzmörser – lusong – zu enthülsen. Diejenige Speise, welche bei ihnen nicht nur die Stelle unseres Brotes vertritt, sondern für viele die ausschliessliche Nahrung ist, besteht nur aus in Wasser gekochtem, oft ungesalzenem Reis, der Name derselben ist: Morisqueta oder Canin. Auch ihre Leckereien und Delicatessen bestehen meistentheils aus Reis, so die Bibinca (gekochter Reis mit Cocosmilch) &c. Aus Reis wird auch ein Branntwein gebrannt. Die Vorliebe für den Reis ist so gross, dass selbst der Chocolade gerösteter Reis zugesetzt wird.

Nächst dem Reis werden noch Camóte und Mais gebaut. Camóte (Convulvulus batatas) wuchert beinahe ohne jede Pflege, sie ist „eine unversiegbare Vorrathskammer für den Besitzer, der das ganze Jahr hindurch seinen Bedarf dem Felde entnehmen kann” (Jagor 122). Von Nahrungspflanzen für heimischen Bedarf werden noch Gabi (Caladium), Ubi (Dioscorea) und zwei Arumarten cultivirt. Der Cacaobaum wird zwar gepflanzt, liefert aber bei der Indolenz der Eingeborenen und der Empfindlichkeit des Baumes einen schlechten Ertrag. Der Caffeebau, für den Export bestimmt, nimmt immer mehr zu, Zuckerrohr wird von den Tagalen nicht in der Menge gebaut, wie von den Visayern. Die Fruchtbäume des ostindischen Archipels werden auch von den Tagalen gezogen, ich gebe hier die wichtigsten nach der „Ilustracion filipina” (1859, n. 12, p. 99) mit den tagalischen Namen an: Manga (Mangifera indica), Saguing (Musa paradisiaca) von den Spaniern „plátano” genannt, Atte (Annona squamosa), Sapote (Sapote nigra), Tampoy (Eugenia Malaccensis), Piña (Bromelia ananas), Mangostan (Garciana mangostana), Sagú (Sagus Rumphii). Die Cocospalme ist nächst der Musa paradisiaca der wichtigste Fruchtbaum. Sie wird in grossen Wäldern oder Hainen (Cocales) gepflanzt, bekannt sind die Cocoteros von Pagsanjan, die Cocosnüsse werden von dort in haushohen Pyramiden über die Laguna de Bay und den Pasig nach Manila gerudert: „diese Massen haben keine weitere Unterlage als die Cocosnüsse selbst, deren unterste Schicht mit Stricken zusammengebunden ist” (Hügel 236). Aus der Milch der Cocosnuss bereiten sie verschiedene süsse Speisen und Bäckereien, insbesondere die Speise Macapumi (Scheidnagel 75), diese Palme liefert ihnen den so beliebten Tuba-Wein, und das Cocosöl dient zum allgemeinen Leuchtmaterial, sowie zur Pomade. Aus dem Zuckerstoffe der Buripalme bereiten sie die Zuckerspeise Chancaca, desgleichen aus Pilikörnern8 (Scheidnagel, l. c.). An den Flussläufen wird Nipa littoralis gezogen, von welcher auch Branntwein gewonnen wird. Von Nutzpflanzen werden von den Tagalen Baumwolle, Indigo und Abacá (Manilahanf) gebaut. Der Tabak wurde vor der Einführung des Monopols von den Tagalen fleissig gepflanzt, jetzt (seit 1781) ist sein Anbau auf bestimmte Provinzen beschränkt. Von den erwähnten Pflanzen sind folgende erst durch die Spanier eingeführt worden: Indigo(?), Tabak, Mais, Caffee, Cacao und Camóte.

Die Hausthiere der Tagalen vor Ankunft der Spanier bestanden nur aus dem Carabao-Büffel, dem Schweine, Hunde und Geflügel, unter letzterem besonders Hühner und Enten. Erst die Spanier brachten Rind, Pferd, Schaf und Esel, doch haben diese beiden letzteren Thiergattungen sich in diesem Lande nicht bewährt und werden demgemäss auch nicht mehr oder nur hie und da gezüchtet. Der Carabao dient nicht nur als Zugthier, er wird auch zum Reiten benutzt (Cañamaque, Recuerdos I, 152). Das Schwein galt bei den Tagalen der Conquista als ein äusserst wichtiges Thier, wesshalb es bei Opferfesten stets als Schlachtopfer diente, bei vielen religiösen Ceremonien war wenigstens Schweineblut erforderlich. Auch heute noch bildet Schweinefleisch eine Lieblingskost der Tagalen, doch pflegen sie gar keine Sorgfalt auf diese Thiere zu verwenden, welche sich meist nur von menschlichen Excrementen nähren (Jagor, Phil. 124). Vom Rinde kommen zwei Gattungen vor, die spanische, im XVI. Jahrhunderte über Neuspanien eingeführt und der indische Zebu (Scheidnagel 104), der erst in neuerer Zeit eingeführt worden sein muss, da ältere Werke hierüber gar Nichts erwähnen. Beide Rindergattungen werden hauptsächlich des Fleisches wegen gezogen, zur Arbeit gebraucht man nur den Büffel. Ziegen sind sehr selten (Scheidnagel 105), ebenso wie Schafe. Die Pferderasse ist ein kleiner Schlag, gemischt aus andalusischem, chinesischem und japanischem Blute (Jagor 123 und 315, nach Morga fol. 130 und 161).

Von Geflügel werden hauptsächlich Hühner und Enten gehalten, erstere nicht blos des Fleisches oder der Eier wegen, sondern, wie ich es weiter unten ausführlicher besprechen werde, um die Hähne zum Kampfsport aufzuziehen. Die Entenzucht der Tagalen hat auf den Philippinen einen weiten Ruf, insbesondere sind es die Ortschaften am Pasig und der Laguna de Bay, deren Bewohner sich mit der Entenzucht im grossartigsten Maassstabe befassen, besonders Pateros erfreut sich einer grossen Berühmtheit, und zwar werden die Eier künstlich ausgebrütet. Die Ilustracion filipina (1860, n. 4, p. 38) berichtet darüber folgendes: Das Weib – mit dieser „Industrie” befassen sich nur die Weiber – richtet 1000–1500 Enteneier zu, dann schlägt sie Pálay (Reis in der Hülse) in ein rohes Gewebe („tigbó”) und macht diesen Haufen entweder durch ein Feuer oder die Glut der Sonnenstrahlen warm. Darauf wird ein grosser Korb genommen und in diesem eine Schicht des gewärmten Pálay’s ausgebreitet, darauf folgt eine Schicht Eier und so abwechselnd fort, bis die oberste Schicht wieder von Pálay gebildet wird. Diese Operation wird durch mehr als zwei Wochen täglich zwei Mal ausgeführt, hierauf werden die Eier in einen Trog, der mit Reishülsen gefüllt ist, gelegt und mit Zeug bedeckt, um ein Ausstrahlen der Wärme zu verhindern, andererseits wird wieder gelüftet, um die nöthige gleichmässige Temperatur zu erhalten. 12 oder 14 Tage nachher kriegen die jungen Enten aus den Eiern hervor, 800–1000 an der Zahl. Sie werden sofort in eingezäunte Wasserplätze gebracht. „Vor jeder Hütte befindet sich gegen den Fluss (Pasig) zu ein grosser eingezäunter Platz, wo diese Thiere sich sonnen und nach Belieben im Wasser baden können. Der vom Fluss bespülte Boden des kleinen Geflügelhofes wird jeden Morgen mit Sorgfalt gereinigt, umgegraben und täglich von Neuem mit einer grossen Menge von Schalthieren angefüllt, welche den Enten zum Futter dienen und von den Eingeborenen in kleinen Canoës aus dem See (Laguna de Bay) geholt werden, wo dieselben zu Milliarden im Schlamm leben. In Pateros werden jährlich Millionen von Enten als Handelsartikel gezogen, indem die Tagalen, gleich den Chinesen, halbausgebrütete Eier und Küchlein für besondere Leckerbissen halten” (Scherzer, Novara-Reise I, 602). Gänse wurden von den Spaniern aus China importirt (Jagor, l. c.).

Nächst dem Reis und der Camóte bilden Fische die Hauptnahrung der Tagalen. Die Hauptbeute liefert der Dalag-Fisch (Ophicephalus vagus, Peters). „Wenn in der Dürre die Bäche zu einer unzusammenhängenden Kette von Tümpeln einschrumpfen, dann beginnt der Dalag-Fang. Der Dalag gräbt sich im Schlamme weiter fort, deshalb werden zunächst flussabwärts in den Schlamm engmaschige Bambusgitter gesteckt, um ein Entweichen des Fisches zu verhindern, darauf wird das Wasser aus den Lachen herausgeschöpft und die Fische ausgegraben” (Jagor, Phil. 47). In der nassen Zeit sind sie auch so häufig in allen Gräben und Reisfeldern zu finden, „dass sie mit Knitteln todtgeschlagen werden” (Jagor, l. c.). In Flüssen und Bächen werden die Fische dadurch gefangen, dass man die betäubende Frucht des Tuba-Tuba-Baumes in das Wasser wirft oder in der Nacht sie durch Fackeln, besonders die Aale, in den Handbereich lockt (Scheidnagel 151). Die Strandbewohner des Meeres und der Binnen-Seen fangen die Fische auf ähnliche Weise und durch Harpunirung (Semper, Skizzen 31), oder sie fangen sie durch besonders construirte Netze und Fangapparate, welche die Küstenschifffahrt behindern. Die Netze beruhen auf einem Hebelapparate, der auf einem grossen von Bambusrohr gebauten Floss steht (Semper, Skizzen 111). Die kleinen Fische werden meist an der Sonne getrocknet oder gesalzen (Scheidnagel 60), sie bilden die picante Zukost zum faden Reis.

Der Jagd verdanken sie den geringsten Theil ihrer Nahrung. Der wilde Carabao wird zu Pferde, welche zu diesem Zwecke besonders abgerichtet sind, und mit der Lanze gejagt (Näheres: Ilustr. 1859, n. 10, p. 78) oder man lockt ihn durch eine zahme Carabao-Kuh heran und haut ihm dann in seiner blinden Liebesbrunst die Sehnen mit dem scharfen Campilan entzwei (l. c.). Gefangen wird er mit dem Lazo. Hirsche und Wildschweine kommen häufig vor. Wildenten werden gejagt, indem der Tagale den Kopf sich mit Zweigen bedeckt und schwimmend oder watend sich den Enten nähert und eine nach der anderen unter das Wasser zieht (Scheidnagel 150). Der fliegende Hund wird seines wohlschmeckenden Fleisches wegen gleichfalls verfolgt (Jagor, Skizzen 217). Heuschrecken werden in irdenen Pfannen geröstet, jedoch nur die Köpfe und Rücken gegessen (Jagor, Phil. 219). Trotz ihres hochentwickelten Geruchssinnes essen die Indier gern faules Fleisch (Jagor, Skizzen 39). Der Tagale isst drei Mal des Tags, um 7 Uhr Morgens, 12 Uhr Mittags und um 7 oder 8 Uhr Abends. Alle Speisen sind stark mit spanischem Pfeffer gewürzt (Jagor, Phil. 126).

Die Waffen der Tagalen in der Zeit der Conquista bildeten Lanze, Schild und Campilan (säbelartiges Waldmesser), alles noch heute vorhanden. Bogen und Pfeile sind noch heute im Gebrauche (Meyer, Negr.). Zahlreich sind ihre verschiedenen Schiffsgattungen. Da ist die Falúa oder Lorcha, ein grosses, bequemes, aber schwerfälliges Ruderschiff, das Pontin, ein Zweimaster mit Mastensegeln von etwa 100 Tonnen Gehalt. Am häufigsten ist am Pasig der Casco, ein Zweimaster ohne Deck, jedoch mit Strohmatten überdacht, längs der Bordseiten läuft ein Trittbret, auf welchem die Schiffsleute sich bewegen, wenn sie mit ihren langen Stangen das Fahrzeug vorwärts stossen. Der Casco führt einen Holzanker und ist am Vordertheile meist weiss und roth bemalt (Ilustr. 1860, n. 5, p. 49). Barotos sind kleine Handelsschiffe. Die Bancas sind Kähne mit einem Schutzdache, sie werden mit Rohrstangen vorwärts bewegt. Die tagalischen Fischerboote in der Bai von Manila haben sämmtlich Auslieger (Hügel 95). In den Zeiten der Conquista besassen noch die Tagalen niedrige, leichte Schiffe ohne Verdeck mit Ausliegern, Barangay oder Balangay genannt. Die Barangayes besassen ein bis zwei Maste, konnten aber auch durch Ruder fortgetrieben werden, über den Ruderbänken befand sich eine Galerie aus Bambus, auf welcher die Krieger standen (Jagor 311, Morga fol. 128, Morga-Stanley 297).

Als die Spanier mit den Tagalen zum ersten Male in Berührung kamen, fanden sie bei ihnen bereits den Islam vor, der erst kurz vorher von Borneo aus importirt worden war; aber, obwohl überall unter den Tagalen verbreitet, waren in den Binnendistricten es nur die Häuptlinge, die den neuen Glauben angenommen hatten (Morga-Stanley 307 f.). In einem Berichte, den der Vicekönig von Neuspanien, Dr. Martin Enriquez, an Philipp II. am 5. December 1573 von Méjico aus richtet, bemerkt er über die Luzon, dass der Islam seinen Bewohnern aufgezwungen wäre und noch keine festen Wurzeln gefasst hätte, „weil viele von ihnen Wein trinken und Schweinefleisch essen” (Cartas de Indias, fol. 291). In der That hing noch der grösste Theil der Tagalen fest an seinem alten heidnischen Glauben, und als dann das Christenthum ihre Religion wurde, blieben noch die meisten religiösen Anschauungen ihres Heidenthums bei ihnen wach und sind es auch bis zum heutigen Tage, alle Bemühungen der Mönche vermochten nicht die nunmehr zum Aberglauben gestempelten altreligiösen Bräuche auszurotten.

Ihre alte Religion enthielt den Glauben an einen Weltschöpfer und Hauptgott, der im Himmel throne, überdiess noch an eine grosse Zahl von bösen und guten Dämonen, neben dieser Mythologie besassen sie noch den Ahnencultus, indem die Seelen der als Grossväter verstorbenen, die Anitos oder Nonos, zu Hausgöttern oder Schutzgottheiten gewisser Plätze werden. Sie besassen auch Priester (Catalonanes) und Priesterinnen (Catalonas), welche von ihrem Hohenpriester, dem „Sonat”, zu ihrem Amte geweiht wurden.

Noch heute existirt die heilige Scheu vor den Seelen der Verschiedenen, den Nonos, ich werde bei Gelegenheit der Todtenbestattungen noch darauf zurückkommen. Freilich in Manila und dort, wo die Spanier zahlreicher wohnen, treten diese Erscheinungen nicht so grell zu Tage. Abergläubische Indier pflegen (wohl nur Abends) etwas Speise am Tische liegen zu lassen, damit die Geister der Verstorbenen sich sättigen können (Mas, pobl. 94). In vielen Dörfern besteht noch der Brauch „Pasing-tabi sa Nono”, d. h. die Tagalen bitten die Seelen ihrer verschiedenen Ahnen, sie mögen die Arbeit oder das Werk, womit sie sich gerade beschäftigen wollen, zu einem guten Ende führen (El Indio viejo von F. de P. Martinez in Ilustracion 1859, n. 7, p. 54). Grosse stattliche Bäume, charakteristisch geformte Berge gelten ihnen als Wohnsitze der Nonos oder Anitos. Niemand geht vorbei, ohne zu rufen: „mit Deiner Erlaubniss”, sonst würde ihnen der Nono schweres Unheil oder Krankheit senden. Wenn sie einen Baum (Waldbaum?) fällen müssen, so bitten sie den Nono um Entschuldigung und rufen unter anderem: der Padre (Pfarrer) hat es befohlen, es ist nicht unsere Schuld und auch nicht unser Wille (Mas, pobl. 90). Die alten Götter und Dämonen Tigbalang, Patianac, Sava &c. leben in ihrem Glauben noch heute, nur sind sie zum Range von Gespenstern heruntergesunken (Mas, l. c.). Sie glauben auch an eine Art Wünschelruthe, den „Antinantin”, welcher ihnen Reichthümer und Glückseligkeit verschaffen soll (Mas, pobl. 91). Einen eigenthümlichen Aberglauben hegen sie Schlafenden gegenüber; es gilt für die schwerste Beleidigung, über einen Schlafenden hinwegzuschreiten oder ihn plötzlich und schroff aus dem Schlafe zu wecken (Jagor, Phil. 132). Mas führt diese Sitte auf die Furcht der Indier zurück, im Schlafe zu sterben (Mas, pobl. 77).

Äusserlich9 hängen sie fest an dem katholischen Glauben. Das Tragen von Scapulieren, Rosenkränzen, Reliquien und Heiligenbildern ist allgemein (Mas, pobl. 100). Baron Hügel sah 1834 bei den Tagalen an der Laguna de Bay, dass sie am Boden des Salacó ein Heiligenbild oder Amulet trugen, von welchem sie glaubten, dass es sie schütze. Sie beteten zu ihm, indem sie den Hut abnahmen und auf das Bild starrten; sah irgend ein Anderer in den Hut und erblickte er das Bild, so war die Zauberkraft desselben vollständig erloschen (Hügel 207). Festlichen Gottesdienst, Processionen und Kirchenfeste machen sie sehr gern mit (Scheidnagel 62), in Manila soll diess weniger der Fall sein als auf dem Lande (Mas, pobl. 103). Die Beichte ist bei allen dieselbe, sie haben stets nur drei Sünden: am Fasttage Fleisch gegessen, am Sonntage die Messe versäumt und eitel geschworen zu haben (Mas, l. c.). Sie erzählen gern von Visionen, die sie gehabt hätten (Mas, pobl. 95), noch zu Anfang dieses Jahrhunderts war der Glaube an Hexen weit verbreitet (Mas, pobl. 122). Die tagalischen Maler malen gewöhnlich die Christus- und Heiligenbilder nach Modellen ihrer eigenen Rasse, diesen Heiligenbildern erweisen sie aber geringere Verehrung, indem sie sagen, die Heiligen wären sämmtlich Spanier gewesen (Mas, pobl. 102). Um Diebe zu entdecken, bedienen sie sich verschiedenartiger katholisch gefärbter Bräuche: so, um nur einen herauszugreifen, wird eine Kerze dem hl. Antonius von Padua angezündet, rings herum knieen die Verdächtigen, neigt sich die Kerze oder Fackel gegen einen derselben, so ist dieser der Schuldige (Mas, pobl. 93, nach Fr. Tomas Ortiz, Práctica del Ministerio). Neben den Heiligenbildern und Reliquien, welche meist von Weibern getragen werden, tragen sie noch andere Amulete mit sich herum, welche aus Wurzeln, Rinden, Fellstückchen, Knochen &c. bestehen, denen sie die Gewalt zuschreiben, sie entweder in Gefahren zu schützen oder Reichthümer und Liebesgenuss zu verschaffen (l. c.). Der Glaube an Prophezeiungen und Unglückstage ist gleichfalls verbreitet (l. c.).

Machen sich bei einer Frau die Geburtswehen fühlbar, dann trifft der Gatte alle Anstalten, um dem Patianac und dem Usuang entgegenzutreten, beides sind böse Dämonen. Der Patianac sucht die Geburt unmöglich zu machen und ebenso wie der Usuang die neugeborenen Kinder zu tödten (Mas, pobl. 92). Man schreibt dem Vogel Tictic es zu, dass er diesen beiden Unholden durch seinen Gesang jene Orte anzeige, wo eine Kreisende sich befinde. Um nun diese bösen Geister abzuhalten, steigt der Gatte der Wöchnerin ganz nackt10 oder nur mit einem Schurze bekleidet auf das Dach seiner Hütte, bewaffnet mit dem Campilan, der Lanze und womöglich mit einem Schilde, um das Haus stellen sich seine Freunde auf und nun haut und sticht er wüthend in der Luft herum, damit die beiden Unholde nicht in die Hütte eindringen können (Mas, pobl. 123). Oft suchen sie den Patianac dadurch irre zu führen, dass sie die Kreisende schnell in eine andere Hütte bringen und so den Unhold im Besitze des leeren Hauses lassen (Fr. Tomas Ortiz in Mas, pobl. 92).

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