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Reise über Indien und China nach Japan.
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Reise über Indien und China nach Japan.

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Язык: Немецкий
Год издания: 2017
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Viele von den braunen Hindus tragen ziemlich grosse Ringe aus Golddraht mit eingelegten Perlen durch die oberen Theile der Ohrmuschel durchgezogen.

Die Hinduweiber sind auf den Strassen nicht viel zu sehen, da sie selten von ihrer Hütte und dem dieselbe umgebenden Vorraume fortkommen. Diese Weiber tragen ein farbiges Linnen um die Hüften und um den oberen Theil der Beine, ferner ein dunkles, enge anliegendes Leibchen, und dann und wann noch einen farbigen Leinenstreifen über den Oberleib, dazu kommen noch beinahe ausnahmslos fingerdicke Silberreifen an den unteren Enden der Arme und Beine, sowie grössere oder kleinere Ringe aus Golddraht mit eingelegten Perlen durch die Nasenflügel derart gezogen, dass sie einseitig über den Mund herabhängen. Selbst die bei dem Bau von Häusern oder zum Gassenkehren verwendeten Taglöhnerinnen haben Silberreifen um Hand- und Fussknöcheln, sowie auch Goldringe in den Nasenflügeln.

Die Ehe der Hindus wird von den beiderseitigen Eltern für ihre Kinder schon im Alter von drei bis sechs Jahren gegenseitig festgesetzt, und diese Verabredung gilt bereits als Ehe. Die beiderseitigen Gatten kommen indess erst zusammen, wenn der Mann 16-18 Jahre, die Frau 12-14 Jahre alt geworden ist, wobei dann eine Feier stattfindet, zu welcher die Brauteltern verpflichtet sind, möglichst viele Verwandte und Bekannte einzuladen. Dabei gibt es dann auch eine Musik von Trommeln, Trompeten, Schlägern u. s. w., mit welchen ein wahrer Heidenspectakel erzeugt wird. Die von den beiderseitigen Eltern für ihre Kinder in deren frühester Jugend verabredete Ehe ist für die beiden künftigen Eheleute absolut bindend, so dass das Mädchen, wenn der ihr zugesprochene Junge vor der wirklichen Heirat stirbt, in früheren Zeiten als Witwe verbrannt wurde, jetzt aber sich nicht mehr vermählen darf. Die Schwiegereltern aber schlagen und verfolgen ein solches Mädchen, weil sie nach ihrer Göttervorstellung annehmen, dass dasselbe am Tode ihres Sohnes schuld sei.

Die Mütter tragen ihre unbekleideten Kinder bis zum fünften oder sechsten Lebensjahre auf einer ihrer Hüften reitend in der Weise, dass die Vorderseite des Kindes gegen die Mutter zugewendet ist, und diese den betreffenden Arm um den Rücken des Kindes geschlagen hat. Im Allgemeinen ist dem Hinduweibe Eitelkeit und eine gewisse Geziertheit eigen. Die Männer, wenn sie eben nicht arbeiten, liegen oder hocken auf der Strasse herum, und zwar das letztere in der Art, dass die Waden die Oberschenkel, und diese wieder die Brust berühren. Sämmtliche Hindus unterstehen unbedingt den Regeln des Kastengeistes, und so folgen die männlichen Kinder stets der Thätigkeit ihres Vaters nach. Den Satzungen ihrer Religion gemäss glauben die Hindus an das Uebergehen der Seele der verstorbenen Menschen in Thierkörper. Sie halten deshalb alle Thiere sehr gut, tödten sie nicht und nähren sich nur von Pflanzenkost, besonders von Reis. Selbst die vornehmsten und vermögendsten Hindus führen die Speisen mit den Fingern in den Mund.

Der allerangesehenste Stamm der Hindus ist der der Brahmanen, welche die Selbstpeinigung als das höchste Ziel des Lebens ansehen. Da gibt es Brahmanen, welche z. B. eine Hand seit ihrer Jugend stets zur Faust geschlossen gehalten haben, so dass die Nägel durch den Handrücken gewachsen sind, oder die einen Arm immer senkrecht in die Höhe tragen, bis er ganz abgestorben und steif emporragt. Es zeigt dies wahrlich eine grosse Verkommenheit des menschlichen Geistes und beweist, auf welch' niederer Stufe diese Heiden stehen, wenn sie Menschen, die sich selbst künstlich verkrüppelt haben, als die Ersten ihres Volkes betrachten und verehren.

Die verstorbenen Hindus werden auf Holzstössen verbrannt. Zu diesem Zwecke werden längs der Mauern der sehr ausgedehnten Verbrennungsstätten grosse Scheiterhaufen errichtet, darauf die entkleideten Leichen gelegt, und dann die Holzstösse angezündet. Während der Verbrennung sehen die nächsten Verwandten dieser abscheulichen Procedur gleichgiltig zu. Dies ist doch menschenunwürdig und weit unter dem Verhalten der Thiere stehend. In Bombay befindet sich diese vor undenklicher Zeit errichtete Verbrennungsstätte schon beinahe in der Mitte der Stadt, und da sich eine ihrer Mauerseiten längs einer Hauptverkehrsstrasse hinzieht, so sieht man am Abend beim Vorbeifahren oder Gehen die rothscheinenden Rauchwolken aufsteigen, und gelangt in den Bereich dieses entsetzlichen Rauches. Es ist dies nicht nur grauenvoll, sondern auch hygienisch sehr nachtheilig, und dennoch ist die englische Regierung wegen des Fanatismus der Heiden nicht im Stande, die Verlegung der Verbrennungsstätte durchzusetzen.

Ein weiterer zwar nicht der Zahl aber dem Vermögen nach hervorragender Stamm der Eingeborenen in Bombay sind die Parsen, das sind die Nachkommen jener Perser, welche im 8. Jahrhundert nach Christi Geburt in Indien eingewandert sind, sich dort die Hindusprache zu eigen machten, aber dabei ihren heimatlichen heidnischen Glauben beibehalten haben. Ihr Glaube wurzelt in der Vorstellung, die Sonne sei das Sinnbild der Allmacht ihres Gottes, in Folge dessen sei das Feuer hoch zu verehren und heilig zu halten. Die Verstorbenen dürfen somit nicht verbrannt werden, weil das Feuer durch die Leichen, welche sie als etwas Unreines ansehen, entweiht werden würde; sie lassen also ihre Todten von Geiern und Raben auffressen! Hierzu sind in Bombay auf einer der höchsten Spitzen des nahe gelegenen Malabar-Hügels fünf grosse »Thürme des Schweigens« errichtet, auf deren Rost im Innern die Leichen, Männer, Frauen und Kinder, jeden Morgen reihenweise aufgelegt, und sodann von den schon darauf wartenden Vögeln verzehrt werden. Als vor drei Jahren in Bombay die Pest auftrat, und somit weit mehr Parserleichen als gewöhnlich zum Frasse aufgelegt werden mussten, stellte es sich heraus, dass die vorhandene Zahl von Geiern und Raben nicht ausreiche, und die englische Regierung musste aus hygienischen Gründen im Innern des Landes Geier einfangen und nach Bombay bringen lassen. Jetzt sollen in der Stadt gegen 400 solcher Vögel sein. Die am Abend die Stadt umkreisenden Geier, sowie die grosse Anzahl von Raben, welche den ganzen Tag, besonders aber zeitlich Morgens die Luft mit ihrem Gekrächze erfüllen, sind eine widerliche Eigenthümlichkeit von Bombay.

Die Parsen beschäftigen sich nur mit Handel und haben sich grosse Reichthümer erworben, welche sie durch die Schönheit ihrer Villen (Bungalos), durch die Eleganz ihrer Equipagen und, bei festlichen Gelegenheiten, auch durch die Pracht ihrer Toiletten zum Ausdrucke bringen, während die Hindus, wenn sie auch hie und da zu einer grossen Wohlhabenheit gelangen, immer in gleich ärmlicher Weise wie früher fortleben.

Es geben aber auch grossartige, dem Gemeinwohle in Bombay gewidmete Bauten Zeugniss von der vielen Parsen eigenen Grossmuth.

Die gewöhnliche Strassenkleidung der Parsen besteht aus einem langen, weissen Musselinoberrock und darunter einer weissen, mit Aermeln versehenen Weste, aus langen weissen Beinkleidern, Schuhen und einer schwarzlackirten, turbanartigen Kopfbedeckung. Die Parserin ist im Allgemeinen hübsch, die jüngeren sind auch graziös; ihre Kleidung besteht aus einem einfärbigen (meist lichtgelb, lichtgrün oder rosa) leichten Stoffe, welcher den Körper zierlich umhüllt und dessen Enden über den Hinterkopf gelegt sind und auf den Oberkörper herabfallen. Dieselben besitzen eine gewisse Aehnlichkeit mit den Rumänierinnen, nur ist ihre Hautfarbe etwas dunkler.

Von Muhamedanern ist ganz Indien seit der Invasion der Mongolen im 14. Jahrhunderte sehr stark bevölkert und darunter bereiten jene, welche im Norden des Landes der Religionssecte der Araber angehören, am festesten an ihrem Glauben hängen und sehr fanatisch sind, den Engländern die grössten Schwierigkeiten. Der Muhamedamismus ist aber nicht nur in Indien, sondern auch auf den malayischen Inseln (Sunda-Inseln, Molukken) sehr verbreitet und gewinnt stark an Anhängern, während die christliche Religion, sowohl in Indien wie im übrigen Asien, nur sehr geringe Fortschritte macht.

Nachmittags besuchte ich eine eben stattfindende Hundeausstellung, bei welcher vom grossen Bernhardiner bis zum kleinen Schosshündchen eine namhafte Zahl von schönen Hunden aller möglichen, vornehmlich aber englischen Racen vorgeführt wurden. Recht zu bedauern waren bei der grossen Hitze die mit starken, wolligen Haaren bedeckten Hunde, darunter ein auffallend mächtiger weisser Pudel. Bei dieser Gelegenheit wurden wieder, wie Tags vorher, Reit- und Fahrkünste producirt, und haben dabei besonders englische Damen ihre Geschicklichkeit dargethan.

Am 22. Februar machte ich Vormittags abermals einen Spaziergang durch Bombay und erstand hierbei ein Buch, in welchem die hervorragendsten Gebäude und die schönsten Gegenden von Indien ausserordentlich gut dargestellt und mit erläuterndem Texte in englischer Sprache versehen sind. Dieses sehr gediegene, mit 500 prachtvollen Bildern ausgestattete Werk »Glimpses of India« kostet 17 Rupien, das sind 12 fl. 60 kr. ö. W. – ein wirklich fabelhaft billiger Preis für die selten schöne und gute Ausstattung. Während des Spazierganges machte ich aber auch die Entdeckung, dass in Indien nicht Alles billig ist. Ich wollte mich nämlich bei einem der ersten Photographen Kuja Deen-Dajaland sons in meiner Tropenkleidung in Cabinetsformat photographiren lassen, verzichtete jedoch hierauf, als ich aus dem Preisverzeichnisse wahrnahm, dass die erste Aufnahme 12 Rupien und ein Dutzend Photographien 30 Rupien kosten, und als ich erkannte, dass die Bilder gar nicht besonders gelungen sind.

Das bunt bewegte Leben auf den Strassen mit ihren grossartigen Gebäuden verfehlte auch dieses Mal nicht, mein Interesse im hohen Grade zu wecken.

Nach dem Tiffin begab ich mich mit der Eisenbahn nach dem von Bombay vier Stationen entfernten Ort Abahamatsi, wo an diesem Nachmittag ein grosses Rennen stattfand. Die Billigkeit der Eisenbahnfahrt zeigte sich auch hier durch den Preis von kaum einer Rupie für ein Billet erster Classe hin und zurück. Der Eintritt zu den Tribünen, sowie zum Sattelraum kostete 5 Rupien.

Der Rennplatz, mit Fahnen geschmückt, machte einen hübschen und eleganten Eindruck, und es fehlten hierbei weder Totalisateur noch Bookmaker, wovon sowohl Engländer, als auch Einheimische einen massenhaften und beträchtlichen Gebrauch machten. Auch hier hatten die Engländer neben den Tribünen einen für sich abgeschlossenen Raum hergerichtet, in welchem auf einem nach englischer Art sehr gut hergestellten Rasenplatze sich eine englische Militärmusik in ihrer kleidsamen rothen Uniform vernehmen liess, in welchem die Clubs ihre Zelte mit Erfrischungen aufgeschlagen hatten und in welchem sich in den Zwischenpausen die europäischen Herren und Damen aufhielten.

Die Rennbahn ist für Flachrennen bestimmt und die Pferde werden von Jockeys geritten. Die Pferde, Hengste und Stuten, waren der Race nach theils arabischen, theils australischen Ursprunges, doch schon durch englisches Blut verbessert; auch erschienen einige von England direct importirte Pferde. Sämmtliche Thiere befanden sich in gut trainirtem Zustande. Die Jockeys waren zum grossen Theile Einheimische und ritten mit sehr viel Schneidigkeit und auch mit viel Geschick, so z. B. hatte beim vorletzten Rennen ein Jockey sein Pferd beim Auslauf nur durch seine bewunderungswürdige Geschicklichkeit um Kopflänge zum Siege gebracht. Die Preise waren sehr schön und werthvoll.

Der Zuschauerraum bot ein höchst interessantes Bild. Da waren alle Glaubensbekenntnisse und alle Nationen des Orients und der Tropenländer in vielfärbigen, eigenartigen und auch mitunter reichen Costumen vertreten, und weiter erblickte man in überwiegend grosser Zahl englische Herren oder Damen. Das ganze Sportfest gestaltete sich für mich zu einem höchst fesselnden und unterhaltenden Schauspiele.

Am 23. Februar erhielt ich einen Brief des deutschen Generalconsuls, den ich bei der Pferdeausstellung kennen gelernt hatte, worin er mich, um mir als Durchreisenden einige Abwechslung zu bieten, zu sich in seinem Bungalo auf Malabar Hill für Sonntag, den 25. Februar, um 8 Uhr Abends, zum Diner einlud – eine Einladung, welche ich mit grossem Danke annahm.

Nun will ich einige nähere Aufklärungen über das Lohnfuhrwerk in Bombay geben. Für den gewöhnlichen Stadtverkehr gibt es einspännige, halbgedeckte Kutschen und die Pferdetramway, für besondere Fahrten findet man in den Hôtels zweispännige Landauer und die Einheimischen benützen häufig zweispännige Ochsenwagen. Die Wagen der Einspänner haben die gleiche Form wie jene in Europa, doch sind die Halbdächer aus Naturleder erzeugt und so eingerichtet, dass man an der Rückwand des Daches einen Theil desselben erheben kann, damit die Luft besser durch den Wagen streicht. Die Kutscher sind Einheimische der schwarzen Race, mit einfachen, weissen oder weiss sein sollenden Leinenkleidern angethan; sie verstehen sehr wenig englisch und kennen sich in der Stadt gar nicht aus. Der Fuhrlohn ist sehr mässig, auf geringe Entfernungen beträgt derselbe 4 Anas = 20 kr., auf weitere Distanzen, wie z. B. zu den Docks, 8 Anas = 40 kr., und endlich auf die wirklich grossen Fahrten, wie zum Malabar Hill oder zu dem Victoria garden eine Rupie = 80 kr. Für die Rückfahrt ist der gleiche Betrag und für die Wartezeit per halbe Stunde 4 Anas zu zahlen. Die dortigen Kutscher haben aber auch gleich vielen europäischen Rosselenkern die Eigenheit, sich nie mit ihrer Gebühr zufrieden zu stellen. Die Tramway ist schmutzig und wird meist nur von Einheimischen benützt. Die zweispännigen Hôtelwagen sind gut, mit buntlivrirten Kutschern und Dienern ausgestattet, und demgemäss auch kostspielig. Eine besondere Eigenart Bombays sind die zweispännigen Ochsenwagen. Die vorgespannten Ochsen gehören der einheimischen kleinen Race mit sehr stark entwickeltem fleischigen Widerriste an und bewegen sich meist in kurzem Trab, die Wagen selbst sind buntbemalte zweirädrige Karren. Diese Gespanne werden, wie gesagt, in Bombay nur von den Hindus benützt. Die Parsen fahren nur in von Pferden gezogenen eigenen oder Miethwagen. Auch die Frachten werden von den obbeschriebenen Ochsen befördert. Zu diesem Zwecke sind je zwei Ochsen in grosse Lastkarren gespannt und ziehen dann ungeheuere Lasten fort. Geführt werden diese Ochsen von Kutschern, welche dicht an deren Schwänzen sitzen und sie von da aus grausam vortreiben. Die Thiere werden mit Stricken dirigirt, welche durch das Mittelstück ihrer Nase gezogen sind. Die Karren sind oft mit langen Hölzern so beladen, dass die armen Zugochsen nur zur Hälfte unter diesen Hölzern herausstehen. Ein weiteres, sehr stark benütztes Beförderungsmittel ist das Bicycle, dessen sich hauptsächlich die englischen Damen, im geringen Masse die Einheimischen und niemals die indischen Frauen bedienen.

Nachmittags fuhr ich mit unserem Viceconsul zum Malabar Hill, wo sich der eleganteste europäische oder, besser gesagt, englische Spielplatz »Ladies Gymkhana« befindet, und auf welchem fünf bis sechs Lawn Tennis-Partien von englischen Herren und Damen vorzüglich und sehr lebhaft gespielt wurden.

Bei einbrechender Dunkelheit promenirten wir in dem weiteren Theile des Spielplatzes, wo um einen Pavillon ein hübscher Garten angelegt ist. Eben als wir dahin kamen, erschlug ein Gartenarbeiter eine langsam nach vorwärts schleichende Cobra. Es ist dies eine jener anderthalb Meter langen Schlangen, welche in Bombay nicht selten vorkommen und deren Biss absolut tödlich ist. Von diesem Garten gingen wir hierauf in ein dicht anliegendes, weit ausgedehntes und hohes Zelt, in welchem bei elektrischer Beleuchtung auf drei Plätzen Balminster gespielt wurde. Diese Plätze sind ähnlich hergerichtet wie zum Tennis, nur mit dem Unterschiede, dass das Netz auf zwei Meter Höhe gespannt wird, und dass die anliegenden Rechtecke weit kleiner sind. Das Spiel erinnert an das Federballspiel. Auf jeder Seite des Netzes befinden sich je zwei oder drei Mitspieler und es muss der Federball (shuttlecock) jedesmal über das Netz fliegen und darf nicht aus dem Rechtecke kommen. Sobald der Federball den Boden berührt oder in das Netz oder über das Rechteck geht, hat die andere Partei eine Einheit gewonnen. Auch dieses Spiel wurde von den englischen Herren und Damen mit grosser Virtuosität gespielt.

Am 24. Februar fuhr ich zur bereits beschriebenen Zeltwohnung des Viceconsuls und des Generalagenten, um dort verabredeter Weise ihre Reitpferde zu versuchen. Das eine Pferd war ein australischer Braun, etwa 162 cm hoch, kräftig gebaut und nach englischer Art gesattelt und gezäumt, befriedigte mich aber nicht besonders als Reitpferd; das zweite Pferd, ein etwas kleinerer Braun, hatte bessere Gänge und entsprach mehr seinem Zwecke als das andere.

Von dort begab ich mich mit dem Generalagenten in seiner reizenden Equipage zum Victoria-Dock, wo eben drei österreichische Lloydschiffe, und zwar: Maria Theresia, Marie Valerie und Imperatrix vor Anker lagen. Zuerst besuchte ich das Dampfschiff Maria Theresia respective dessen Commandanten, überzeugte mich davon, dass meine dort zurückgelassene Bagage auf den Dampfer Marie Valerie gebracht worden war und kam dann an Bord des letztgenannten Schiffes, um den Capitän zu ersuchen, mein Gepäck bis zu meiner Einschiffung sorgsam aufbewahren zu lassen. Endlich besichtigte ich noch das Dampfschiff Imperatrix, welches am 1. März seine Fahrt von Bombay nach Triest antreten wird. Die Besichtigung dieser drei mächtigen und wunderbar schön gehaltenen Dampfer bewies mir in erfreulicher Weise, dass wir durch unseren Lloyd in Indien gut vertreten sind.

Nachmittags wohnte ich im Yachtclub dem Concerte einer englischen Militärcapelle bei. Von der hochgelegenen Terrasse des Clubgebäudes aus geniesst man eine herrliche Aussicht auf das unmittelbar anliegende, von unzählig vielen Schiffen bedeckte Meer und auf die dem Hafen vorgelagerten Inseln. Inmitten der Terrasse dehnt sich ein grosser Rasenplatz aus, welcher, mit englischem Gras bewachsen, trotz des tropischen Klimas einem grünen Teppiche gleicht. Längs der zum Abschlusse gegen das Meer errichteten niederen Mauer war eine grosse Anzahl von Tischen aufgestellt, an welchen viele Clubmitglieder mit ihren Familien Platz genommen hatten.

Am 25. Februar stellte ich mir Vormittags Notizen über die jüngst vergangenen Tage in Bombay als Anhaltspunkte für dieses Tagebuch zusammen. Die mir von unserem Consulate in zuvorkommender Weise verschafften Eintrittskarten zur Besichtigung der Hindu-Verbrennungs- und Begräbnissstätte, sowie der Parsen-Todtesstätte »Thürme des Schweigens« benützte ich deshalb nicht, weil ich gegen die eine, wie die andere Vernichtungsart der Verstorbenen einen unüberwindlichen Widerwillen empfinde, und weil ich es unvorsichtig fand, zu einer Zeit zu diesen Begräbnissorten zu gehen, zu der so viele an der Pest gestorbene Leute dahin gebracht werden.

Auch das allgemeine grosse Thierspital »Pinjra Pol« besuchte ich nicht, weil dort fast ausschliesslich nur ekelerregende Thiere zu sehen sind. Dieses Spital ist inmitten des Eingeborenenviertels errichtet, und werden dorthin alle hinfälligen und arbeitsunfähigen Thiere gebracht und bis zu ihrem Eingehen gut gehalten, weil, wie bereits erwähnt, bei den Hindus der Glaube herrscht, dass in jedem Thiere die Seele eines der Ihren weile.

Bei dieser Gelegenheit will ich hier noch anführen, dass ich die Absicht, auf die Jagd zu gehen, definitiv aufgegeben habe. In der Nähe von Bombay ist mehr oder weniger Alles abgeschossen und könnte man im besten Falle nur auf einige Rebhühner zum Schusse kommen, und die Jagd auf aussereuropäische Thiere kann nur mit der Bewilligung eines weiter entfernten Madharadschas und mit der Zustimmung des dort angestellten englischen Commissärs veranstaltet werden – ein Unternehmen somit, das weit mehr Zeit erfordert hätte, als mir zur Verfügung stand.

Nach dem Tiffin, welches ich in Gesellschaft des Consularsecretärs und Attaché's in meinem Hôtel eingenommen hatte, fuhr ich durch den von den Einheimischen bewohnten Theil der Stadt zu dem Victoria garden. Die Strassen in diesem Nativesviertel sind ziemlich rein gehalten, aber die Häuser und die gegen die Strassenseite offenen Werkstätten und Verkaufsbuden aller Art sind schmutzig und von Menschen überfüllt. Auf den Strassen selbst eilen tausende braune und schwarze Leute in bunter, jedoch meist sehr mangelhafter Bekleidung hin und her. Längs des sehr langen Weges bis zum Victoria garden sind indess auch viele schöne Gebäude für gemeinnützige Zwecke eingestreut. So z. B. stehen dort mehrere Hindutempel, das Gefängnisshaus, das grosse medicinische Collegium mit seinem Laboratorium zur Ausbildung von Einheimischen, das Spital für arme Indier, das Gebärhaus, sowie das Weiber- und Kinderspital für Einheimische, die jüdische Synagoge, das Polizeihaus, die von katholischen Geistlichen geleitete grosse Schule, um in derselben die Kinder zum Christenthume zu erziehen, ein Pensionat für europäische Kinder, das St. Elisabethhaus für europäische Witwen und Frauen, welche sonst kein Unterkommen finden, und die schottische Erziehungsschule.

Der Victoria garden ist ein sehr grosser, der Bevölkerung stets offen stehender Garten, welcher sehr gut gehalten ist, und der alle Bäume, Pflanzen und Blumen des Landes in sehr schönen Exemplaren, sowie in zerstreut stehenden, vielen grossen eisernen Käfigen alle in Indien vorkommenden wilden Thiere enthält. Anschliessend an diesen Garten steht das Victoria- und Albert-Museum, in welchem die Rohproducte, Mineralien, Manufacturen und die naturhistorischen Muster von Indien ausgestellt sind.

Nach meiner Rückkehr in das Hôtel entsprach ich der liebenswürdigen Einladung des deutschen Generalconsuls und fuhr in Gesellschaft des österreichisch-ungarischen Vertreters in die elegante Villa unseres Gastherrn auf dem Malabar Hill, wo uns ein ausgezeichnetes Diner erwartete. Wir sassen dort vor, wie nach der Tafel in einem des Luftzuges halber nach allen Seiten hin weit geöffneten Salon. Die in den Tropengegenden allgemein eingeführte Sitte, sich in den Häusern der Zugluft auszusetzen, hatte in diesem besonderen Falle für mich ein recht verdriessliches Nachspiel. Kaum zu Hause angelangt, wurde ich von choleraartigen Krämpfen befallen, und ich verdanke es nur meiner mitgebrachten Hausapotheke und der eigenen kräftigen Massage, dass ich des nächsten Morgens ohne ärztliche Beihilfe wieder auf den Beinen war.

Als am 26. Februar, um 9 Uhr Früh, der deutsche Generalconsul bei meinem Hôtel vorfuhr, um mich Tags vorher verabredeter Weise abzuholen, befand ich mich wieder so weit wohl, dass ich denselben begleiten konnte. Wir begaben uns zusammen zu einem Thierarzte, bei welchem das eine seiner Wagenpferde, welches er vor kurzer Zeit um 700 Rupien gekauft hatte, nun seit sechs Wochen in Behandlung stand. Ich war in Rücksicht auf das geringe Vertrauen, welches ich den Einheimischen bei Behandlung von Pferden entgegengebracht hatte, sehr erstaunt über ihre Erfahrung und Geschicklichkeit. Der englische Einfluss war dabei nicht zu verkennen.

Während unserer Rückfahrt sahen wir eben einen Mann, welcher auf der Strasse von der Pest befallen worden und zusammengestürzt war. Diese böse Krankheit hat jetzt in Bombay schon einen hohen Grad erreicht und ist noch stets im Zunehmen begriffen. Täglich werden beinahe 300 Menschen von dieser Epidemie befallen, und davon sterben die Meisten binnen längstens 24 Stunden. Langsam breitet sich die Krankheit über das ganze Land aus, und auch die beiden nächstgrossen indischen Städte Calcutta und Madras wurden hiervon bereits ergriffen.

Die englische Regierung ist in Folge des fanatischen Aberglaubens im Volke, dass die bösen Götter die Krankheit gesendet haben, und dass man diesen nicht entgegenarbeiten dürfe, ausser Stand gesetzt, energische Massregeln gegen das stetige Umsichgreifen der Pest einzuführen. Ja, vor drei Jahren, als die Pest zuerst auftrat und die englischen Behörden mit aller Strenge dagegen einschreiten wollten, kam es zu einem bösen Aufstande der einheimischen Bevölkerung, wobei der Pöbel jeden ihm entgegenkommenden Europäer tödtete. Erst durch Waffengewalt konnte die Ruhe wieder hergestellt und durch das Zurücknehmen aller angeordneten hygienischen Massnahmen weiter erhalten werden.

Bewunderungswürdig ist es, dass die in Bombay weilenden Europäer von der furchtbaren Epidemie keine Notiz nehmen, ruhig und ganz furchtlos auf ihren Posten verbleiben und hierdurch auch den Einheimischen, welche sonst haufenweise fliehen würden, den Muth einflössen, auszuharren.

Bombay und vielleicht so ziemlich ganz Indien haben kein gesundes Klima. Dies beweist ebenso das immerwährende Fortbestehen der Cholera neben der Pest, als auch, dass alle Krankheiten einen raschen und bösen Verlauf nehmen und so viele Menschen an heftigen Husten leiden, wie ich dies in meinem Hôtel Tag und Nacht bei den nebenwohnenden Passagieren wahrnehmen konnte.

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