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Reise über Indien und China nach Japan.
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Reise über Indien und China nach Japan.

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Язык: Немецкий
Год издания: 2017
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Aufenthalt in Steamer Port bei Aden

Am 10. Februar, um 9 Uhr Vormittags, landete das Schiff in Steamer Port, etwa 2 km westlich von Aden, welches seit dem Jahre 1839 den Engländern gehört, die sich indess den ungehinderten Besitz hiervon bis zum Jahre 1867 in blutigen Gefechten gegen die Araber erkämpfen mussten. Jetzt befindet sich hier eine grössere englische Besatzung.

Die Temperatur war auf 25° R. hinaufgegangen.

Zerklüftetes und kahles Felsengebirge fällt gegen das Meer ab, und dort auf einem schmalen, ebenen Streifen liegt der kleine Ort Steamer Port. Die Häuser in ihrer blendenden Weisse, versehen mit Säulen, Terrassen und Plattformen statt der Dächer, machen einen sehr gefälligen Eindruck. Braune und schwarze Gestalten kletterten wie die Katzen von ihren Kähnen auf das Deck des Schiffes. Die braunen Leute, meist in lange, weisse Linnen gehüllt, die Köpfe mit weissen oder bunten Schärpen umwunden, sind einheimische Araber, während die Schwarzen, fast ganz entblösst, nur ein kurzes Leinenstück um die Lenden gebunden, von dem jenseitigen afrikanischen Lande »Somali« herstammen. Sowohl die Einen, wie die Anderen sind meist schlanke, hohe Gestalten von auffallender Magerkeit; die Neger haben durchaus sehr kleine Köpfe mit meist kurzem, schwarzem, ganz gekraustem und nur hie und da mit braunem, längerem und in unzählig viele kleine Locken getheiltem Haare, und besitzen dabei eine blauschwarze Haut und perlenweisse Zähne. Ausser ihrer Muttersprache sprechen dieselben nur wenige englische Worte.

Die Kaufleute und Händler sind Engländer minderer Sorte. Die Hôtels sind von aussen recht hübsch, innen aber sehr schmutzig und vernachlässigt. Die interessantesten Handelswaaren sind weisse und graue Straussenfedern, welche nach langem Feilschen zu guten Preisen zu kaufen sind. Die Temperatur im Orte selbst beträgt über 30° R. Einspännige, mit weisser Leinwand gedeckte Miethfuhrwerke und Kameele, theils geritten, theils mit Bagage bepackt, durchziehen die Strassen. Die schwarzen Menschen sitzen oder liegen überall herum, ja man sieht dieselben mit blosser Haut sogar auf scharfkantigen Schotterhaufen schlafen. Unbegreiflich ist es, dass diese schwarzen Leute die heissen Sonnenstrahlen auf ihrer entblössten Haut und ihrem unbedeckten Haupte ertragen können, und dies umsomehr, als viele von ihnen die Haare ganz kurz geschoren tragen. Sehr ergötzlich ist es auch zuzusehen, wie die kleinen Somaliknaben behende bis auf den Grund des Meeres hinuntertauchen, um von dort die hineingeworfenen Münzen herauszuholen.

In Aden wird nach Rupien gerechnet und hat eine Rupie den Werth von ungefähr 80 kr. ö. W.; die Rupie hat wieder 16 Annas, und diese 12 Pice. Eine Annas beträgt somit ca. 5 kr. und ein Pice etwas mehr als ⅓ kr. Die Rupie ist eine Silbermünze, beiläufig in der Grösse eines österreichischen Guldens und zeigt das Bild der Königin Victoria. Auch die Halben-, Drittel- und Viertel-Rupien werden aus Silber geprägt.

Während meines Aufenthaltes in Steamer Port begegnete ich den beiden in der Kohlenkammer des Schiffes aufgefundenen Leuten, wie sie unter der Escorte eines ägyptischen Polizeimannes in den Arrest abgeführt wurden. Der dunkelblau gekleidete Polizeimann fiel mir dadurch auf, dass er unter dem Arme einen kurzen, braunen, mit breiten Messingringen versehenen Stock trug, an dessen Ende ein längerer, breiterer Lederriemen angebracht war. Die praktische Verwendung dieses Stockes konnte ich wahrnehmen, als ich später mit einem Kahne zum Dampfer zurückfahren wollte und sich die schwarzen Kerle an mich behufs der Ueberfuhr herandrängten. Da schwang ein ägyptischer Wachmann dieses Scepter seiner Macht, hieb mit dem Riemen den heranstürmenden Leuten auf die Beine, und schaffte auf diese Art rasch Ruhe. Ich konnte mich des Lachens über diese einfache und dabei etwas derbe Ausübung der Justiz nicht erwehren.

Fahrt von Aden nach Bombay

Am 10. Februar, um 4 Uhr Nachmittags, dampfte unser Schiff in der Richtung nach Bombay ab.

Am 11. Februar befand sich der Dampfer zwar noch im Golfe von Aden, doch waren die beiderseitigen Küsten nicht sichtbar; die Temperatur war auf 22½° R. zurückgegangen. Wenn das Schiff die gleiche Fahrtgeschwindigkeit wie bisher einhält, so werden wir am Samstag, den 18. Februar, zur Mittagszeit in Bombay eintreffen.

Am 12. Februar betrug die Temperatur nur mehr 21° R. Es war ein windstiller, herrlich schöner Sonntag, dessen Feier über meine Initiative dadurch begangen wurde, dass der amerikanische Missionär im würdig dazu hergerichteten Schiffssalon andachtsvoll den Gottesdienst verrichtete.

Am 13. Februar hatten wir abermals eine entzückende Fahrt. Es schien die Sonne, eine leichte Brise machte die Temperatur von 21° R. ganz angenehm, und ruhig glitt das Schiff über den unabsehbar grossen Indischen Ocean dahin. Gegen Abend erhob sich plötzlich ein ziemlich heftiger Ostwind, der unser Schiff so stark rüttelte und schüttelte, dass der amerikanische Missionär und seine Gattin von der Seekrankheit befallen wurden.

Am 14. Februar drehte sich der Wind mehr nach Norden, und er blies tagsüber mit ziemlicher Heftigkeit aus Nordost, also aus der Richtung, in welcher Persien und Balutschistan liegen. Die Temperatur betrug nur 20° R. Der arme Missionär sammt Gattin litten fortgesetzt an der Seekrankheit.

Der 15. Februar brachte wieder Ruhe in Wind und Wellen, und es stellte sich eine angenehme Behaglichkeit in dem Dahingleiten unseres Schiffes ein, was dem guten Missionärpaare wohl sehr zu statten kam. Das Thermometer zeigte zu Mittag 19° R., später 18° R. Ein solcher Abend bei ruhiger See, im Mondenscheine auf Deck zugebracht, ist wahrlich ein hoher Genuss. Die weite, weite dunkle Fläche des Meeres wird in breiten und immer breiter werdenden Streifen vom Monde erleuchtet und schimmert hier wie von einem beweglichen Auerlichte erhellt; oben auf dem blassblauen Himmel erglänzen in voller Pracht die tausende und tausende Sterne, unter welchen im fernen Süden das Kreuz sich wie ein Wahrzeichen abhebt, und aus dem Meere ertönt ein dumpfes Wellen und Schwellen, ein Sausen und Brausen, ein Rauschen und Plauschen wie aus einer wunderbaren Märchenwelt, so dass auch den bejahrten Mann ein traumhaftes Schauen und Lauschen ergreift.

Am 16. Februar erfreuten wir uns wieder des hellsten Sonnenscheines, einer vollkommenen Meeresruhe und einer linden Luft von 18-19° R. In einem bis anderthalb Tagen werden wir in Bombay eingelangt sein; von da sind wir 8000 km oder beinahe um zwei Dritttheile des Erddurchmessers von Triest entfernt und fast um vier Stunden in der Tageszeit voraus.

Der 17. Februar brachte die gleichen Witterungs- und Fahrtverhältnisse, wie selbe Tags vorher waren, und somit ist die Ankunft in Bombay für morgen Vormittag gesichert. Drei volle Wochen befinde ich mich dann an Bord des Dampfers Maria Theresia, während welcher Zeit es mir vorzüglich gut ergangen ist. In geistiger Hinsicht habe ich mich an den wechselvollen Eindrücken der Reise ergötzt und diese zu Papier gebracht, beschäftigte mich mit der Lectüre der Reisebeschreibungen von Indien und China von Sr. k. u. k. Hoheit dem Herrn Erzherzog Franz Ferdinand und von Baron Hübner, und füllte die übrige Zeit mit Lesen von anderen deutschen und englischen Büchern aus, und in physischer Beziehung konnte ich mich an der herrlichen Seeluft und an den ausgezeichnet guten Mahlzeiten erfreuen, sowie an einem famosen Schlafe erquicken. Mit voller Anerkennung muss ich es hier noch hervorheben, dass der Schiffscapitän während der ganzen Zeit gegen die Reisenden sehr zuvorkommend war. Bei Tische wurde stets eine animirte Conversation geführt und fehlte es somit auch nicht an erwünschter Unterhaltung.

Aufenthalt in Bombay

Samstag, den 18. Februar, langten wir in dem Hafen von Bombay um 8 Uhr Morgens an, woselbst das Schiff verankert wurde, um Nachmittags in die Docks zu fahren. Bombay präsentirt sich als eine sehr grosse Stadt, da sich dieselbe längs des Meeresufers auf ein Länge von 8 km ausdehnt. Die Stadt befindet sich aber nicht auf dem Festlande, sondern auf einer, dem Festlande vorgelagerten Insel. Sie ist von mehr als 800.000 Menschen bewohnt, von welcher Zahl nur etwa 3000 Seelen auf Europäer, hauptsächlich Engländer, entfallen, während das Hauptcontingent aus Hindus, Parsen und Muhamedanern besteht. Eine grosse Menge von Fabriksschloten ist sichtbar, welche meist zu Wollspinnereien und Webereien gehören, da in Bombay vier Millionen Spindeln und 15.000 Webstühle im Betriebe stehen und hierbei gegen 70.000 Menschen verwendet werden. Auf der Seeseite, sowie landeinwärts auf den Spitzen von Hügeln sieht man je drei Forts, welche sämmtlich zum Schutze des Hafens und der Stadt errichtet wurden. Die Besatzung von Bombay besteht aus einem englischen Infanterieregimente, drei englischen Artilleriecompagnien, zwei einheimischen Infanterie- und zwei einheimischen Cavallerieregimentern, Marinemineurs, Eisenbahncompagnien u. s. w.

Unser Consul hatte die Freundlichkeit, an Bord des Lloydschiffes einen Mann zu entsenden, welcher mir mittheilte, dass im Hôtel auf der Esplanade für mich eine Wohnung bestellt wurde. Ich liess mich nun gleich einschiffen, begab mich in das Consulatsgebäude, und lernte dortselbst den Generalconsul, den Viceconsul und das Consulatspersonale kennen. Der Generalconsul ertheilte mir den Rath, mir für die eventuell nach dem Norden von Indien zu unternehmende Reise von Cook & Son die nöthigen Aufklärungen geben und ein Reiseprogramm entwerfen zu lassen. Die genannte Gesellschaft schlug mir vor, Jaipur, Delhi, Agra und Benares zu besuchen, wozu mindestens zehn Tage erforderlich wären. Der Fahrpreis I. Classe würde nur 160 Rupien, das sind 120 fl. ö. W., betragen, da die Eisenbahnfahrten in Indien fabelhaft billig sind. Hierzu muss ich noch bemerken, dass der Reisende I. Classe für die Nacht im Waggon ein Bett erhält und dass zu entsprechenden Zeiten in den Stationen europäisch eingerichtete Restaurants mit fixen Preisen angetroffen werden.

Aus den mir gemachten Mittheilungen ergab es sich aber, dass mir kaum die erforderliche Zeit zu dieser Reisetour erübrigt wird, da ich mich doch etliche Tage in Bombay aufhalten wollte, um diese grösste Stadt Indiens wenigstens theilweise kennen zu lernen. Ich fuhr hierauf zu dem Generalagenten des Oesterreichischen Lloyd, um auch mit diesem meine Reiseprojecte zu besprechen, und hierbei vor Allem in Erfahrung zu bringen, an welchem Tage der Dampfer Marie Valerie, auf welchem ich meine Reise fortzusetzen habe, voraussichtlich von hier abdampfen werde. Der Termin für diese Abfahrt wurde für den 1. März, spätestens den 2. März angegeben, so dass bei einem nur zweitägigen Aufenthalte in Bombay nicht mehr als eine Woche für die beabsichtigte Reise in das Innere des Landes übrig bliebe. Es entfiel demnach die Idee für eine solche Tour. Der Generalagent erbot sich dann, mich am nächsten Tage, Sonntag, Vormittag in Bombay herumzuführen, und lud mich ein, hierauf bei ihm um 2 Uhr das Tiffin (zweites Frühstück) zu nehmen. Bevor ich mich nun nochmals auf den Dampfer Maria Theresia zurückbegab, kaufte ich für 5 Rupien, das sind 4 fl., 80 Stück Ansichts-Correspondenzkarten, um dieselben auf dem Schiffe mit den nöthigen Adressen zu versehen. Um 4 Uhr Nachmittags kam ich in den Docks an und übergab dort das mitgenommene Schreiben des englischen Botschafters in Wien an die indische Zollbehörde, dem höchsten Zollbeamten. Wir kamen dann überein, dass ich die Kiste mit den Gewehren und Patronen vor der Hand noch auf dem Dampfer so lange belasse, bis ich dieselben auf dem Lande benöthigen werde, und dass ich bei der Einhändigung der Waffen einen bestimmten Betrag zu erlegen habe, der mir seinerzeit, sobald die Gewehre wieder an Bord des Schiffes gelangen, restituirt werden wird. Im Uebrigen liessen die Zollbeamten meine Bagage ganz unbehindert passiren.

Als ich in meinem Hôtel ankam, wurde mir ein hübsches Zimmer mit einem kleinen Balkon und der Aussicht auf das Meer angewiesen. Dasselbe enthielt ein grosses, quadratförmig construirtes Bett, welches ringsum mit einem Mosquitonetze umgeben war, zwei Kästen, einen Waschtisch, Stühle und Tische, sowie elektrische Beleuchtung, und hat einen Nebenraum, in welchem sich eine Badewanne mit Pipen für kaltes und warmes Wasser und sonstiges Geräthe befanden. Die Hôtelzimmer sind sehr hoch (gegen 6 m), die sehr breiten Fenster reichen bis zum Boden und sind nach aussen hin mit Jalousien versehen. Bei dem Bau des Hauses wurden viele eiserne Säulen und Eisentraversen, dann Balken und Bretter, und nur wenig und sehr schmales Mauerwerk in Verwendung gebracht. Das ganze Hôtel ist somit recht luftig, dafür aber auch sehr geräuschvoll, ein Umstand, welcher speciell zur Schlafenszeit sehr lästig wird.

Der Eindruck, welchen ich bei dem Eintritte in die Stadt erhielt, war in erster Linie der des Erstaunens über die grosse Anzahl herrlicher Gebäude mit ihren Bogengängen, Kuppeln, Thürmen und Zieraten, die durch die Verschiedenartigkeit ihrer Farben sehr zur Geltung gelangen, und dann, im geraden Gegensatze hiervon, über die überaus einfache Kleidung der braunen und schwarzen Menschen, denen man auf der Strasse begegnet. Häufig besteht diese Kleidung bei den Männern nur aus einem Stückchen von weissem Linnen, welches um die Lenden geschlungen ist, und bei den Frauen aus färbigem Linnen, welches aber auch den Oberkörper bedeckt. Dabei sind diese Menschen jämmerlich mager und haben ein anscheinend sehr stupides Aussehen. Wenn man die Ueppigkeit und die Pracht der hiesigen Pflanzen- und Thierwelt in Betracht zieht, so erscheint es um so auffallender, dass die Menschen hier so schlecht entwickelt sind.

Um 8 Uhr Abends dinirte ich in dem sehr schönen und grossen Speisesalon des Yachtclubs als Gast unseres Generalconsuls, in der weiteren Gesellschaft des dortigen Viceconsuls und des k. u. k. Gesandten in Japan. Das Diner war sehr gut und verlief in einer recht animirten Stimmung. Sowohl in dem genannten Club, wie auch in den Hôtels sind in den Salons und den Wohnzimmern 1·5-2 m lange und 0·5 m breite, in Rahmen gespannte Zeugstreifen in entsprechender Anzahl vom Plafond aus aufgehängt, welche durch Anziehen und Nachlassen von Schnüren durch Schwarze in schwingende Bewegung gebracht werden, um dadurch die Abkühlung der Luft zu erzielen, eine Einrichtung, welche bei der hier herrschenden grossen Hitze (jetzt 24° R.) sehr zweckmässig ist. Während des Mittagessens verabredeten wir für den morgigen Tag eine Partie nach der Insel Elephanta.

Am 19. Februar fuhren wir um 9 Uhr Morgens mit einem Dampfboote zur genannten Insel, wo sich ein in den Felsen ausgehauener Riesentempel der Brahmanen aus dem 8. oder 9. Jahrhundert n. Chr. befindet. Die ganze Tempelhöhle zeigt in ihrer weit ausgedehnten Grösse, in der ausnehmenden Schönheit der vielen lebensgrossen Steinfiguren an den Wänden und den prachtvollen Decorationen an den Säulen, ein grossartiges Werk der Architektur in ältester Zeit und liefert ein höchst interessantes historisches Material. Wären diese Steinmonumente nicht durch die Decke der Höhle gegen die Einflüsse der Witterung geschützt gewesen, so wären sie wohl schon längst verschwunden, so aber besitzen sie heute noch beinahe die gleiche Frische und Schönheit, wie zur Zeit ihrer Herstellung. Der Tempel wird noch heutigen Tages von den Hindus aus der Banya-Kaste zu ihren Festlichkeiten benützt. Die Insel hat ihren Namen von den Portugiesen nach einem dort befindlichen Heidenaltar erhalten, auf welchem ein Elephant in Frauengestalt ausgehauen war.

Die Wohnungsverhältnisse in Bombay sind recht ungünstige, da die Zahl der Wohnungen für die Europäer nicht ausreicht, und somit viele derselben in Zelten untergebracht sind. So müssen z. B. auch unser Viceconsul und der Generalagent des Lloyd mit Zelten vorlieb nehmen. Sie haben sich hierzu gemeinschaftlich eine halbe Stunde vom Centrum der Stadt entfernt, im Hofe von Baulichkeiten, welche einem vom Lloyd abhängigen Parsen gehören, mehrere Zelte aufschlagen lassen. Das Hauptzelt besteht aus fünf Zimmern, ist recht hübsch und gut eingerichtet, und dient den beiden Herren als Wohnung. Das Zelt ist doppelt mit Segeltuch und mit färbigem Linnen überdeckt, um dadurch die heisse Wirkung der Sonnenstrahlen möglichst abzuschwächen. Die vier sich anschliessenden kleineren Zelte sind für die Dienerschaft und die Küche bestimmt, während die den Herren gehörigen Pferde in einer offenen Schupfe stehen. Bei dem Umstande, als das Wetter hier Monate lang bis zum Eintritte der Regenzeit, das ist bis ungefähr 10. oder 15. Juni, ununterbrochen schön bleibt, so ist eine solche Zeltwohnung für die trockene und heisse Zeit ganz gut und passend. Nun aber müssen die beiden Herren schon dafür Vorsorge treffen, in einem Steinhause Unterkunft zu finden, denn in der Monsumzeit regnet und stürmt es unablässig in einer Weise fort, dass das Bewohnen der Zelte ganz unmöglich wird, und sich selbst in den solidest aus Stein gebauten Häusern überall Schimmel ansetzt. Die Wohnungen in solchen Häusern stehen in Bombay sehr hoch im Preise, sie kosten 300-400 Rupien monatlich, oder pro Jahr etwa 3000 fl. ö. W.; die Hausbesitzer sind meist reiche Natives (Einheimische), und zwar vorzüglich Parsen. Die Steinhäuser befinden sich zum kleineren Theile im Centrum der Stadt zwischen dem Bakk-Bay einerseits und dem Hafen und den Docks anderseits mit dem Abschlusse im Norden durch den Stadttheil der Einheimischen, zum grösseren Theile liegt indess das von Europäern bewohnte Viertel jenseits der Nativesstadt auf dem Malabar Hill, wo sich die Bungalos (Villen) mit kleinen Gärten kilometerweit aneinanderreihen.

Die Hütten der Einheimischen bestehen aus wenigen Latten und darüber und herum aus dünnen, oft durchlöcherten Matten, welche bei trockener Witterung wohl noch bewohnbar sind, für die Regenzeit aber ganz ungenügend erscheinen.

Ich nahm das Tiffin bei den beiden obgenannten Herren in ihrem Zelte ein; das Essen war von ihrem Koche, einem sogenannten »Portugiesen«, sehr gut zubereitet und wurde von den beiden schwarzen Dienern flink servirt. Nach Tisch besichtigte ich die Pferde der Herren, und zwar zwei australische Reitpferde, sowie ein australisches und ein ungarisches Wagenpferd. Die australischen Pferde sind zwar kräftig gebaut, aber blutlos, und werden deshalb durch Kreuzung mit englischen Pferden auf einen besseren Stand gebracht. Die Pferde werden hier zu Lande täglich zweimal mit Wasser ganz überschüttet, gewaschen, abgewischt und schliesslich am ganzen Körper massirt. Sie sind im Haar schön glänzend, befinden sich indess, der sie stark angreifenden Hitze halber, zumeist nicht in einem sehr wohlgenährten Zustande.

Gegen Abend machte ich mit den Herren eine Ausfahrt auf der Wagenpromenadestrasse längs des Strandes gegen Malabar Hill und konnte da eine grosse Anzahl von ein- und zweispännigen Equipagen sehen, deren Besitzer zum grossen Theile Einheimische, vorzüglich Parsen waren. Wagen, Pferde und Geschirre sind nach europäischem Zuschnitt, und Kutscher und Bediente, ganz schwarze Leute, sind eigens gekleidet. Dieselben tragen auf dem Kopfe einen hübsch ausgestatteten Fez, und im Uebrigen schöne, mit Goldknöpfen versehene Livréen nach europäischer Art; nur bleiben die Beine und Füsse nackt, so dass es von der Ferne den Anschein hat, als ob die Leute schwarze Lackstiefeln angezogen hätten. Burlesk sehen solche in rothen, goldbetressten Röcken und Bridges angezogene schwarze Kerle mit den blossen, schwarzglänzenden Beinen allerdings aus. Die Bedienten haben noch einen ½ m langen Stab mit daran hängenden Pferdeschweifhaaren in der Hand, laufen beim Anfahren des Wagens eine Strecke neben den Pferden mit, schwingen sich sonach auf den Bock, verschlingen die Arme und halten den besprochenen Wedel senkrecht in die Höhe. Bei den vornehmen zweispännigen Equipagen stehen rückwärts auf dem Trittbrette zwei livrirte baarfüssige Bediente und halten in strammer Stellung jeder einen Wedel in der äusseren Hand senkrecht nach aufwärts. Diese Wedel haben die Bestimmung, von den Pferden die Fliegen und Mücken wegzutreiben.

Am 20. Februar war die Hitze noch mehr gestiegen und betrug 25° R. im Schatten.

Ich gab nun endgiltig die Idee einer Reise nach Delhi und Agra auf, und entschloss mich, die Zeit bis zur Weiterfahrt dazu zu benützen, Bombay und Umgebung eingehend zu besichtigen und dann noch auf einige Tage nach dem fünf Stunden entfernten Orte Poona, der fashionablen Sommerstation von Bombay, zu fahren.

Zu jeder Excursion nach dem Inneren von Indien muss man unbedingt einen eigenen Diener mitnehmen. Hierzu gibt es speciell dafür bestimmte Leute, welche ausser ihrer Muttersprache auch der englischen Sprache mächtig sind, und welchen man für etwa zehn Tage 12 bis 15 Rupien, das sind 10-12 fl. Lohn und ausserdem pro Tag 8 Anas, das sind 40 kr., für ihre Verpflegung zu geben hat. Wohl erheben diese Leute hie und da noch den Anspruch, ihnen einen besonderen Anzug zu geben, doch braucht man nicht auf diese Forderung einzugehen. Die Reisen in Indien sind gewiss nicht theuer. So z. B. hätte, wie bereits gesagt, die Eisenbahnfahrt von Bombay nach Agra und Delhi und zurück, das ist eine Strecke von 3000 km, für mich auf der ersten Classe nur 120 Rupien und für den Diener 20 Rupien gekostet. Hierzu wären noch für mich Hôtel- und Kostcoupons von Cook, das sind 4 Rupien pro Tag oder 40 Rupien für zehn Tage, hinzu zu rechnen gewesen. Mithin wäre die ganze Reise von acht Tagen für mich und den Diener sammt Verpflegung und Unterkunft auf 200 Rupien oder 160 fl. gekommen. Das ist doch ausserordentlich billig!

Nachmittags besichtigte ich eine Pferdeausstellung, bei welcher die Pferde theils im Hürdenspringen, theils im Kunstfahren producirt wurden. Die Hürden waren wohl 1 m hoch, aber bis zur halben Höhe so weich, dass sie gestreift werden konnten. Zum Kunstfahren waren wie beim Croquetspiele in verschiedenen Richtungen Durchfahrten markirt, die im gleichmässigen Trabtempo durchfahren werden mussten.

Bei dem Springen wurden australische und arabische Pferde vorgeführt, welche von Gentlemen, hauptsächlich von englischen Officieren in Civil, recht schneidig geritten wurden. Die Pferde waren mit Pritsche gesattelt und mit Wischzaum, hie und da auch mit Pelham gezäumt. Bei dem Fahren sah man hauptsächlich nur arabische Pferde, welche theils von Gentlemen, theils von Damen, mitunter auch von vermögenden Einheimischen, in zweirädrigen leichten Wagen kutschirt wurden.

Der Platz war recht hübsch hergerichtet, mit Fahnen reich geschmückt, und auf demselben hatten die verschiedenen Clubs Zelte aufgeschlagen, in welchen Erfrischungen genommen werden konnten. Eine Militärmusik von Einheimischen concertirte recht gut Piècen aus Operetten, Walzern u. s. w. Grosse, magere englische Damen in eleganten Toiletten stolzirten mit englischen Herren in steifer Haltung herum, und reiche Einheimische, speciell Parsen, sassen vorne an der Leine, ein buntes Gemisch tropischer Trachten.

Am 21. Februar machte ich einen Spaziergang durch die Stadt, um das Volksleben zu studiren. Die hiesigen Eingeborenen gehören hauptsächlich drei Stämmen, und zwar den Hindus, den Parsen und Mohamedanern an. Die Hindus zerfallen wieder in sehr viele verschiedene Kategorien, welche durch Zeichen mit Oelfarbe auf der Stirne sich den Religionssecten gemäss von einander unterscheiden. Diese Farbenzeichnung erinnert an jene, wie sie in einem Bienenhause auf den verschiedenen Körben gemacht werden, damit die Biene ihre Familie leichter erkenne. Auch in der Körperfarbe selbst gibt es Verschiedenheiten, und stehen Leute mit brauner Hautfarbe in höherem Ansehen als jene mit schwarzer. Da nun die Hindus, sowie die Heiden überhaupt, uns Europäer als Christen und Fleischesser sehr verachten, und da eine Bedienung von uns, speciell das Serviren von Fleischspeisen, von den etwas besseren, braunen Hindus ihrer Religion gemäss verschmäht wird, so sind es nur die Leute von der geringer angesehenen schwarzen Hindurace, welche bei den Europäern und in den europäischen Hôtels und Clubs als Diener fungiren.

Die Bekleidung der männlichen Hindus besteht aus einem Stück Linnen, welches um die Hüften geschlungen ist, und hie und da aus einem kurzen, weissen Leibchen auf dem Oberleib, sowie aus einem langen, breiten, weissen Leinenstreifen, welcher in ebenfalls breiter Form um den Kopf getragen wird. Die Köpfe sind vielfältig glatt rasirt.

Die schwarzen Diener bei Privaten, in den Hôtels und Clubs tragen im Allgemeinen weisse Kleider nach europäischem Schnitte, tragen das Haupt im Hause unbedeckt und das tiefschwarze Haar nach unserer Weise geordnet. Beim Ausfahren haben die Kutscher und Diener buntfärbige und verschiedenartig, turbanähnlich geformte Kopfbedeckungen.

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