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Steinschlag im Suldnertal
Auch Befestigungsarbeiten sind dort angeblich nicht vorgesehen. Damit wissen die Ermittler jetzt, dort hat kein Arbeiter etwas getan. Jetzt bleiben noch die Bauern. Marco kann sich aber schlecht erklären, warum ein Bauer ausgerechnet dort nach Holz suchen sollte. An anderen Stellen liegt das vor seinen Füßen.
Energie- und andere Leitungen liegen dort nicht. Masten sind keine in der Nähe. Aufzüge und Lifte sind dort noch nicht vorgesehen. Gerade beim Bau von Seilanlagen sind in der Folgezeit, Steinschläge und Muren zu befürchten. Der Eingriff in das feste Gefüge des Gebirges führt zu Lockerungen und Verwerfungen.
Marco dachte zuerst, dort wäre vielleicht eine Trasse für Glasfaserkabel angelegt oder geplant gewesen. Der Gedanke war abwegig. Wer soll dort Wartungsarbeiten durchführen?
Bei der Nachfrage wurde Marco heftig ausgelacht. In Anbetracht der vergangenen Projekte, die bisweilen im Land ausgeführt wurden, war der Gedanke gar nicht abwegig. Immerhin gab es nach Neubauten und Erschließungen in vielen Regionen schwere Muren und Steinschläge.
Marco ruft Toni an. Sie sind schon im ersten Hotel. Im Trickhof von Schlanders. Das Hotel Germ werden sie gleich danach besuchen. Toni traut der Ruhe nicht. Er geht davon aus, die Fahrer aus der Mücke in Prad haben schon ihre Kollegen in den anderen Unterkünften angerufen. Der Vorsicht halber ruft Toni in Schluderns an. Die Carabinieri sind auch schon im ersten Betrieb, dem Burghof. Die Kollegen sagen Toni auch, welchen Betrieb sie als Nächstes nehmen. Den Krummel. Toni entschließt sich kurzer Hand, von Hinten über das Gewerbegebiet, in das Hotel Davons zu fahren. Monika fährt Toni mit dem Quad zum Aschbach. Jetzt muss es schnell gehen. Monika will mit fahren und helfen.
Schon in dreißig Minuten sind die Zwei von Rabland nach Spodinig gefahren.
‚Rekord‘, denkt sich Toni. So schnell war er um diese Zeit noch nie. Es sind immerhin schon einige Arbeiter unterwegs. Vor allem um die Gewerbegebiete Latsch und Vezzan; auch direkt in Schlanders. Dort hat Toni sogar mit dem Motorrad Schwierigkeiten, flüssig durch zu kommen. Manchmal träumt Toni von einem Warnsignal an seinem Motorrad. Das würde vielleicht helfen.
Toni nimmt sich vor, nicht durch das Gewerbegebiet in Prad zu fahren, sondern direkt über Schluderns. Er glaubt, damit schneller zu sein. In knapp fünfzig Minuten sind sie da. Zwei Kollegen von den Carabinieri warten schon auf ihn. Sie haben keine Utensilien für die Proben mit. Toni nur die Utensilien für die Fingerabdrücke.
„Das reicht mir“, sagt er den Zweien.
Die Tür ist noch verschlossen. Toni klingelt.
„Wir haben auch schon geläutet“, sagt ihm ein Kollege. Die etwas verschlafene Wirtin kommt an die Tür und bedankt sich für das Wecken. Sie hätte sonst verschlafen.
“Das erste Mal in zwanzig Jahren“, sagt sie.
„Martha“, stellt sie sich vor.
„Toni“, antwortet er ihr.
„Guten Morgen“, sagen Beide fast zeitgleich.
„Ich suche die Radfahrer der Mannschaft – Fickel.“
„Die sind schon um Drei Uhr abgereist. Deshalb habe ich verschlafen. Gebucht war eigentlich zwei Tage länger. Bezahlt haben sie die gesamte Zeit.“
„Darf ich mir mal deren Zimmer ansehen?“
„Gerne. Wir sind aber noch nicht zur Reinigung gekommen.“
„Gerade das, finde ich gut.“
„Wollt ihr einen Kaffee trinken?“
„Gerne. Reichlich bitte“, antwortet Monika.
„Ach. Ich habe noch genug da. Die Radfahrer haben ihr Frühstück fast stehen gelassen.“
Monika schaut Toni in die Augen und lacht.
„Volltreffer!“
Bei eiligen Abreisen wird allgemein viel vergessen. Auf alle Fälle kann Toni die Fingerabdrücke ziehen. Vielleicht sind auch ein paar Genproben dabei. Die holen sich dann die Kollegen. Toni spekuliert auf den Sanitärbereich.
Bei der Durchsuchung merken sie, im Bad haben die Jungs ziemlich eilig poliert. Die Spurenfahnder werden viel Arbeit haben. Fingerabdrücke hat Toni hingegen reichlich. Die paar Möbel im Zimmer haben die Sportler nicht komplett geschafft. Wahrscheinlich ist die Warnung sehr spät eingegangen. Marco könnte jetzt mal die Telefongesellschaft fragen, wann Telefonate statt gefunden haben. Plötzlich lacht Monika ziemlich laut. Sie hat etwas in der Hand und hält es hoch. Toni muss auch sofort lachen.
„Eine Gummischnalle“, ruft Monika. Sie kennt das. In ihren Zimmern auf der Hütte finden sie auch gelegentlich so ein Teil.
„Die Abreise war wirklich sehr eilig. Die haben sogar ihre Braut vergessen“, scherzt Toni.
„Ich dachte, Radfahrer sind impotent.“
„Das sind sicher windige Meldungen“, sagt Toni.
„Ich denke eher, Motorradfahrer sind da am meisten gefährdet.“
„Bei Auffahrunfällen, ganz sicher“, lacht Monika.
Sie kann sich gut erinnern, wie der Tank nach dem Unfall von Toni aussah.
„Lach du nicht zu früh. Schambeine brechen auch bei einem Auffahrunfall.“
„Ja schon. Du hast Recht. Aber das Futter bleibt frisch.“
Die Anspielung hat Toni sofort begriffen. Das wird wieder eine wilde Nacht.
„Hast du etwa den Heizboiler schon angesteckt?“
„Du bist heute bei mir auf der Hütte.“
„Was gibt es denn zu Essen?“
„Ultner Kalb.“
„Als Braten?“
„Nein. Als Fleischkrapflen.“
„Ah, die Reste.“
„Den Braten haben wir schon verkauft.“
„Lass uns aufbrechen.“
Die Zwei haben ihre Spuren gesichert und werden zu Hause den Rest auswerten. Marco wird sich freuen.
Eigentlich wollten sie bei ihm vorbei schauen. Er hat aber per Telefon abgesagt. Zu viel Trubel. Toni kann sich das gut vorstellen mit den vielen Ausländern.
Die Carabinieri haben zwei Rennfahrer mitgenommen. Deren Werte waren viel zu hoch. Die Teamchefs haben gleich mit den Medien gedroht.
Eine Mannschaft hat sich beim Eintreffen der Carabinieri verdrückt. Fluchtartig. Marco sagt, es wäre das Draft – Team. Die wollten sie noch aufhalten. Das hat aber nicht funktioniert. Der Fluchtwagen stand schon bereit. Daraufhin haben die Carabinieri die Grenzposten informiert. Dort ist Keiner von denen durch gekommen.
„Die sind geflogen“, sagt Toni.
„Tja. Das nenne ich eine gut organisierte Flucht“, antwortet Marco.
„In den Zimmern werden wir genug Material finden.“
„Mach bitte keine Pressemitteilungen. Wir müssen ermitteln.“
„Versprochen.“
Die Zwei fahren mit dem Moto durch den Vinschgau. Die Zeit ist günstig. Der Feierabendstau ist vorbei. In Richtung Schlanders ist der Verkehr noch etwas rege. Aber danach ist es schon ziemlich ruhig.
Seilbahn fährt keine mehr. Die Zwei müssen mit dem Moto bis zum Aschbach. Am späten Feierabend gibt es einfach keine Verbindung. Wehe, der Dienst geht zu lange. Dann steht man im Regen. Toni schimpft vor sich hin.
„Wir stehen morgen etwas später auf“, sagt Monika zu ihm tröstend.
Mit dem Quad fahren die Zwei in Monis Hütte. Papa Lukas ist noch da. Er richtet den Zweien die Kalbspflanzerln. Toni möchte drei. Monika auch. Lukas lauscht den Zweien. Langsam zieht es ihm die Augen zu, trotzdem das, was die Zwei erzählen, spannend ist. Er kann das einfach nicht fassen. Er bewunderte Marco P. ganz besonders.
Monika geht zuerst aufs Zimmer. Sie steht unter der Dusche als Toni ihr folgt. Drei aufreizende Gesten von ihr und Tonis Müdigkeit scheint überwunden. Toni schüttelt mit dem Kopf bei dem Anblick. Ein Engel steht unter der Dusche. Allein. Nichts hält ihn.
Lukas weckt die Zwei am späten Morgen. Er hält das Telefon in der Hand. Marco ist dran.
„Nach unseren Erkenntnissen waren es ein oder mehrere Fahrer aus einem gegnerischen Team.“
„Wie? Was?“
Toni ist noch nicht bei der Sache.
„Wir haben an den Steinproben, Spuren von Radfahrerhandschuhen gefunden.“
„Die Handschuhe benutzt doch jeder Amateur heutzutage.“
„Aber nicht die. Eigentlich waren die Handschuhe nur die Überträger.“
„Ich kann deiner Spur nicht folgen.“
„Wir haben Spuren von einer Sitzcreme gefunden, die noch nicht auf dem Markt ist und von Profis als Test benutzt wird.“
„Da muss erst Mal Einer drauf kommen.“
„Für uns war das auch neu. Ein italienischer Kollege, Radfahrer, hat uns drauf gebracht.“
„Jetzt müssen wir nur das Team finden, das die Creme benutzt.“
„So einfach ist das nicht. Der Hersteller hat mehrere Teams beliefert.“
„Wir fangen also wieder von Vorne an?“
„So auch nicht. Jetzt geht es darum, heraus zu bekommen, wer an diesem Tag oder zuvor, in dieser Gegend gefahren ist.“
„Naja. Das ist wenigstens auch genug Arbeit.“
„Wir sehen uns frühestens heute Abend. Ich warte immer noch auf Proben und Laborergebnisse.“
Monika hat Alles mit gehört.
„Wir können noch Mal.“
„Unersättlich das Weib.“
Toni fügt sich in Erwartung eines richtigen Wiener Schnitzels.
‚Etwas Lohn muss sein‘, denkt er sich.
Papa Lukas hat schon Kaffee und Kuchen mit gebracht.
„Den hat Frieda gebacken.“
„Der schmeckt nach Frieda“, sagt Monika.
Lukas schaut Monika in die Augen und verschwindet ohne ein Wort zu sagen.
‚Was hat sie ihm für ein Zeichen gegeben?‘, fragt sich Toni.
Gegen Mittag wecken Beide auf. Sie gehen nach Unten in die Küche. In der Küche steht, wie in vielen Südtiroler Küchen, der Personaltisch. Alle sitzen beisammen und essen Krapfelen vom Kalb. Luici der Koch, hat eine Zwiebelsauce und Stampfkartoffeln dazu gekocht. Es riecht köstlich. Als sie Toni und Monika bemerken, kichern sie etwas.
„Geht es dir gut, Toni?“, fragt Lukas. Alle kichern noch einmal. Monika wird etwas rot.
„Ich hab Hunger“, antwortet Toni. Jetzt lacht Monika.
„Ich auch.“
„Und du, Luici? Hast du auch Hunger?“
Jetzt wird Magdalena, die Tutto fare, rot.
‚Volltreffer‘, denkt sich Toni. Monika lacht etwas lauter. Sie kennt Luici schon lange und weiß von dem Verhältnis. Luici ist verheiratet. In Mailand.
Die Hüttenwirte erwarten heute einen großen Ansturm. Vor der Hütte sind schon sehr viele Wanderer mit Kindern. Sie reiten gerade auf dem Hausesel. Dem Esel scheint das zu gefallen. Toni hört ihn in der Küche. Die Grauen sind etwas weiter Unten auf der Weide. Kommende Woche will sie Lukas umsetzen. Toni soll ihm dabei helfen. Monika auch.
Die Zwei sind dankbar, bei all dem Schlechten, auch Gutes erleben zu dürfen. Ein schöner Zeitvertreib.
Die ersten Kräuter zeigen sich schon. Auch der Bärlauch im Familienversteck.
Auf dem Zimmer besprechen die Zwei das weitere Vorgehen. Monika will mitfahren und helfen. Toni sagt nicht Nein. Zuerst wollen sie zu Luise nach Prad fahren. Es geht immer noch um die Mannschaften, Zeugenaussagen, andere Hotels und um Spuren. Monika traut den Ermittlungen – so, nicht.
Die ersten Motive
Nach dem Mittag brechen die Zwei auf. Luise in Prad erwartet sie schon. Vielleicht bleiben Monika und Toni über Nacht. Das Zimmer steht bereit.
Die Fahrt vom Aschbach in die Töll ist heute etwas abenteuerlich. In der Nacht hat es ziemlich streng geregnet. Am Morgen ist kaum noch etwas zu sehen am Himmel.
Frieda hat den Zweien, Kalbskrapfelen und Ultner Brot eingepackt. Toni schüttelt mit dem Kopf.
„Frieda hat tatsächliche Angst, wir würden unterwegs verhungern.“
„Ohne Speis und Trank im Gepäck, verlassen wir nie das Haus“, antwortet Monika.
Toni muss lachen. Eigentlich sollte er ihr Recht geben. Er verzichtet.
Zuerst fahren sie ins Hotel Suldenklotz in Prad. So viel sie erfahren haben, sind dort zwei Mannschaften. Team – Kette und Team – Griff. Das sind wahrscheinlich deutsche Firmen. Die Fahrer dürften gemischt sein wie bei den anderen Teams. Das spekulieren die Beiden. Marco war schon mal dort. Die Teams hat er dort aber nicht komplett angetroffen. Damit fehlen den Ermittlern ein paar Aussagen.
In Prad angekommen, bemerken die Zwei einen gewaltigen Trubel vor dem Hotel Mücke. Das macht sie neugierig. Vorm Hotel steht auch der Gemeindepolizist, Seppi. Bei dem halten die Zwei an und fragen, was da los ist.
„Das Team Schoko hat eine Pressekonferenz gegeben und hundert Kilo Schokolade verschenkt.“
„Wie scheint, ist das deren Gewohnheit.“
„Die machen das überall.“
„Verschenken die richtige Schokolade oder Pilotenschokolade?“
„Ich weiß nicht. Hier sind zwei solche Minitafeln für euch. Was ist Pilotenschokolade?“
Seppi hat auch zu gegriffen. Toni würde eine probieren und die andere ins Labor schicken. Heimlich. Es gibt keine Anzeige.
„Pilotenschokolade ist mit Koffein.“
„Hab ich nicht gewusst.“
„Es gibt auch Schokolade mit Abführmitteln.“
„Die ist aber sicher nicht für Piloten“, antwortet Seppi lachend.
„Gab es Medienanfragen wegen dem Tod von Marco?“
„Unser Südtiroler Regionalfernsehen hat das aufgezeichnet.“
„Wir werden dort mal eine Kopie anfordern. Mich interessiert die Reaktion des Teams.“
„Viel Glück bei der Klärung des Falles. Wir können das nicht gebrauchen hier in Prad. Obwohl das zu mehr Popularität bei getragen hat.“
„Die Hoteliers wird es freuen.“
„Die sind so und so belegt mit den Radfahrern und Fans.“
‚Deswegen sind hier so viele Caravan – Fahrzeuge‘, denkt sich Toni. Er fragt sich langsam, woher das die Leute gewusst haben. Wie scheint, haben ausländische und Italienische Nachrichtenagenturen fleißig Meldungen verkauft. Komisch. Ein Toter bringt diesen Leuten auch noch Gewinn. Dabei scheint es Unterschiede zu geben. Ein toter Afghane oder Libyer bringt offensichtlich, weniger.
Nach dem Gespräch mit Seppi, dem Ortspolizist, fahren sie Zwei weiter zu Luise. Vor dem Hotel arbeitet Reinhold, der Wirt. Toni ruft Guten Tag. Reinhold reagiert nicht.
„Reinhold hat immer in der Disco gearbeitet. Sein Gehör hat darunter gelitten“, sagt Monika zu Toni.
Luise bemerkt die Zwei und kommt sofort gelaufen. „Frederico ist schon wieder da. Er kann euch etwas sagen.“
Eigentlich hatte Toni auch vor, Frederico zu befragen.
Monika ist auch ganz gespannt. Frederico hört die Zwei kommen und geht sofort zu ihnen. Die Zwei kommen nicht schlecht ins Staunen, weil Frederico sie deutsch anspricht. Er kann zwar nicht viel Deutsch, aber genug für die höfliche und oberflächliche Unterhaltung.
„Ich wollte mit Ihnen mal sprechen“, sagt er zu Monika. Monika gefällt ihm wahrscheinlich etwas mehr als Toni. Sie findet Frederico auch schön und etwas anziehend. Toni bemerkt das Liebesgeplänkel und lacht.
Frederico erzählt von den gemeinsamen Touren und auch von den Gesprächen, die sie während der Touren so führen. Monika und Toni erfahren sehr viel über Blutdoping und Streitereien der Fahrer untereinander. Fast würden sich daraus bestimmte Motive ergeben. Zumindest Motive, dem Anderen, Schaden zufügen zu wollen. Keine körperlichen Schäden, sondern eher Schäden am Leumund. Die einzelnen Gegner sind demnach bemüht, den jeweils Anderen, gelegentlich und versteckt, auf diese Art zu schaden. Sabotagen an Rädern und wichtigen Zubehör gibt es auch. Das ist aber nicht die Aufgabe der Fahrer. Die würden das in den seltensten Fällen tun. Das ist die Aufgabe von bestochenen Technikern des Gegners. Gleiches gilt natürlich auch für Substanzen und Präparate, die dem Gegner untergeschoben werden sollen. Die Aufgabe übernehmen sowohl Journalisten, Gastronomen, Zimmermädchen als auch Kollegen des Fahrers. Und darüber haben sich Marco P. und Frederico auf ihren langen, einsamen Runden unterhalten. Marcos Personaltrainer Colo und seinem Freund Frederico ist das aufgefallen. Colo hat bisweilen Präparate, Getränke, Speisen und Substanzen untersuchen lassen. Angefangen bei Zahnpasta bis zu Wasser und Speisen. Darunter fällt auch Schokolade. Marco hat keine Sachen zu sich genommen, die nicht untersucht waren.
Der Hinweis zwingt Monika, sich zu setzen. Sie ist schockiert, wie weit solche Auseinandersetzungen gehen können. Daran hätten die zwei Ermittler nie gedacht oder wenn, nur ansatzweise. Auf die Frage, ob das Colo und Frederico auch bezeugen würden, haben Beide geantwortet. Erst dann, wenn sie nicht mehr in Abhängigkeiten arbeiten müssten. Selbst als Pensionäre wären sie dabei sehr vorsichtig.
Toni wird sofort klar, sie müssen die Beweise finden nach einem Tipp. Der Tipp ist jetzt ausgesprochen. Leider können sie dann keine Beziehung zu den eigentlichen Tätern herstellen. Sie stacheln sozusagen im Moos. Vielleicht gäbe es noch die Möglichkeit, mit Markern zu arbeiten. Bei der üblichen Dopingkontrolle, könnte man dann die Spuren der Marker finden. Damit wäre eine Überführung oder die Vorbereitung einer Überführung möglich. Colo gefällt der Gedanke. Frederico fährt nicht mehr bei Wettkämpfen. Er hat sich das abgewöhnt. Von den Verhältnissen zwischen Colo, Frederico und Marco P. wissen nur die Drei. Sonst Niemand.
Frederico hat Marco nur beim Training geholfen. Sozusagen, als Schrittmacher. Keiner kannte Marco so gut wie er. Genau aus dem Grund, wollen Toni und Monika, Frederico so genau kennen lernen und mit ihm sprechen. Frederico reist nicht ab. Er möchte die Klärung des Falles miterleben. Das hat er versprochen. Toni geht es auch um die fachlichen Ratschläge. Bei dem Gespräch um Doping erfährt Toni viel Neues. Jedes Team benutzt die Präparate seines Vertragspartners. Ist das einem gegnerischen Team nicht recht, wird einfach bei der Doping Kommission ein Protest eingelegt. Und das regelmäßig und oft. Bei zu vielen Protesten wird eben ein Hilfsmittel, das zweifelsfrei notwendig ist in diesem Sport, als verboten erklärt. Der Hersteller mit dem meisten Einfluss scheint zu gewinnen. Sportveranstaltungen sind eigentlich die Testläufe für neue Erfindungen. Ob das jetzt technisch sind oder medizinisch, ist egal. Bestimmte Substanzen, die nachweislich Schaden anrichten, sind verboten. Was ist dazu besser geeignet als ein Wettkampf unter Testpersonen? Profisportler sind die Testpersonen für normale Verbraucher.
Monika hat das in der Dimension nie betrachtet. Trotzdem ist Beiden als Motorradfahrer klar, Einer oder Mehrere müssen das testen, was sie als Motorrad kaufen.
Die Feindseligkeiten unter den Fahrern werden oft über genau diese Produkte und deren Anwendung ausgetragen. Die Preisgelder sind einfach zu verlockend. Eigentlich ist das bei jedem Rennsport der Fall. Ob das jetzt Ski sind, Motorräder oder Autos. Den Rennfahrer interessiert dabei der jeweilige Titel. Herr Ammann bei den Skispringern, ist ein solcher Athlet, der stets Proteste auf sich zog wegen seiner Erfindungen.
Toni erfährt von Frederico und Colo, Informationen mit dem gleichen Hintergrund. Marco hatte neuartige Pedalen und Schuhe entwickelt und wollte die ausprobieren. Auch Modifikationen an der Gangschaltung hat Marco P entwickelt. Paolo ist sein Techniker. Der ist gerade angereist. Der kennt sich damit aus.
Toni sagt zu Colo, er soll mal bitte Paolo rufen.
Paolo kommt gerade in den Garten und nimmt bei Toni und den Anderen, Platz.
„Wir möchten gern etwas über die Entwicklungen von Marco erfahren.“
„Sehr Viel gibt es dazu nicht zu sagen. Wir sind gerade bei der Erprobung.“
„Sind das schon Patente oder noch nicht.“
„Eigentlich noch nicht. Sämtliche Entwicklungen von Marco sollten zuerst einmal getestet werden.“
„Hast du Marco bei der Entwicklung geholfen?“
„Nur bei der technischen Umsetzung. Von den Entwicklungen selbst, habe ich bis auf die Gangschaltung, kaum Kenntnisse.“
„Wer hat Marco dann bei den Pedalen und Schuhen geholfen?“
„Die Pedalen hat Marco eine Werkstatt in seinem Wohnort gebaut. Die Schuhe hat Marco bei einem heimischen Schuhmacher anfertigen lassen.“
„Habt ihr Ersatz mit, wenn die Neuentwicklungen nicht funktionieren?“
„Ja, aber natürlich.“
Toni ruft Marco, seinen Kollegen an.
„Habt ihr das Fahrrad sicher gestellt?“
„Natürlich. Ist etwas damit?“
„Das ist nach Aussagen von seinem Techniker, ein Prototyp. Habt ihr auch noch die Anziehsachen von Marco?“
„Im Labor.“
„Da sind auch Prototypen dabei. Stellt das mal bitte sicher.“
„Wir wollten das nach der Untersuchung der Familie schicken. Das geht dann nicht mehr.“
„Ich muss Luise fragen, ob die Familie schon da ist.“
„Gut. Sag mir bitte Bescheid, wenn die kommen. Die Familie muss zu mir ins Büro kommen.“
Vorerst haben Toni und Monika mehr erfahren, als sie vermuten konnten. Trotzdem sind beide im Suldenklotz angemeldet. Dort treffen sie die Teams Kette und Griff. Das wird ein Stück Heidenarbeit. Zwei Teams mit etwa zehn Fahrern pro Mannschaft. Marco hat keine zusätzlichen Kräfte abgestellt. Es gibt keine zusätzlichen Kräfte. Toni dachte, vielleicht kann uns die Carabinieri Mannschaft aus Prad etwas helfen. Er telefoniert mit dem Maresciallo – Carlo. Kaum ist Carlo am Telefon, erfährt Toni, Marco, sein Chef, ist befördert worden. Er ist jetzt Maggiore. Toni dreht fast durch als er das hört.
„Der hat uns nicht gesagt, dass er befördert wurde.“
„Wer?“, fragt Moni.
„Marco!“
Er wird Marco nur noch mit Maggiore anreden. Das wird ihn etwas ärgern. Etwas Rache muss sein. Vielleicht wollte er auch die Feier etwas verschieben wegen dem Fall.
Gerade in dem Augenblick ruft Marco an.
„Ich habe heute Abend auf dem Aschbach ein Abendessen für uns Alle bestellt. Wir treffen uns dann unten an der Seilbahn.“
Die Zwei kommen gerade im Suldenklotz an. Sie werden von einem Familienmitglied begrüßt. Julia, die Chefin. Monika kennt Julia noch aus der Fachschule. Sie sind gute Freundinnen. Toni hofft auf ein leichtes Spiel bei den Ermittlungen. Bei der Hilfe. Er rollt mit den Augen. Julia ist eine schöne Frau. Monika lächelt verschmitzt über Tonis Blick.
Auf die Frage, wo denn die Radmannschaften seien, antwortet Julia ohne nachzudenken. Die sind in der Garage. Alle. Der Suldenklotz hat eine Riesengarage. Die ist in den Berg gearbeitet. Im Winter nutzt der Suldner Straßendienst bei Bedarf diese Garage mit.
Beim Betreten der Garage, die sogar ziemlich warm wirkt, treffen unsere zwei Detektive die Fahrer samt Techniker der zwei Mannschaften. Die Fahrer sitzen auf ihren Rädern, die in Ständer gehangen sind. Sie fahren sich warm oder trainieren. Eigentlich müssten sie schon fertig sein mit ihrer Giro. Die Techniker, nicht wenige, hantieren an den Rädern, während die Jungs treten. Sie scheinen an den Einstellungen zu arbeiten, die für jeden Fahrer, extra, eingerichtet werden müssen. Die Fahrer hören nicht auf mit Strampeln, als die Zwei herein kommen. Sie werden von zwei Trainern angesprochen. Zum Glück reden die Zwei Deutsch. Italienisch wäre auch gegangen. Bei den anderen Sprachen sähe es schon etwas komplizierter aus.
Monika kann etwas Englisch; Toni etwas Französisch. Für Befragungen wären die spärlichen Kenntnisse aber ungeeignet.
„Haben sie etwas vom Tod Marcos gehört?“
„Marco war bei uns einmal Teammitglied. Ein hervorragender Bergfahrer.“
Der zweite Trainer, der vom Team – Griff, kannte Marco nur von seinem Auftreten bei Wettkämpfen her. Trainiert hat er mit ihm noch nie.
„Wie sieht das mit den Fahrern aus?“
„Einzelne ältere Fahrer, kennen Marco noch. Die jungen -, nicht.“
„Ah; die sind erst neu als Profi dabei.“
„Ja. Die haben als Amateure angefangen und haben dann gewechselt.“
„Was verdient so ein Fahrer?“
„Das ist unterschiedlich. Ohne Titel wird er etwa so viel verdienen wie ein Schlosser der Industrie.“
„Also, ist er damit ein normaler Arbeiter.“
„So in etwa.“
„Verstehen die Fahrer alle Deutsch? Kann ich sie etwas fragen?“
„Zwei ältere Fahrer verstehen Deutsch. Der größte Teil kann etwas Englisch.“
„Wie verständigen sie sich mit den Fahrern?“
„Wir haben Dolmetscher für die wichtigen Fahrer. Oft übernimmt das auch deren Manager.“
„Sind deren Manager vielleicht zugegen?“
„Aber sicher. Dort steht Perone.“
Monika wartet nicht lange. Sie geht gleich zu Perone. Er ist Spanier, glaubt sie. Etwas Italienisch wird der schon verstehen. Kaum ist sie bei ihm, stellt sich heraus, er ist Kolumbianer. Er versteht Monika sehr gut. Perone spricht auch Deutsch. Monika ist überrascht davon. Perone spürt das und fängt gleich an zu flirten.
„Sie sind eine schöne Frau. Wollen sie nicht in meinem Team arbeiten?“
„Sie suchen wohl einen Koch?“
„Unser Catering könnte schon eine Verstärkung gebrauchen.“
„Was bieten sie mir denn als Gehalt?“
Monika geht wirklich jedes Mal bis an die Grenze. Toni staunt immer wieder, mit welchen Methoden, Monika ihre Gesprächspartner aushört. Monika setzt wirklich auch ihr Aussehen und ihre weibliche Figur ein. Offensichtlich trifft sie mit ihrer Südtiroler Figur genau den Geschmack des Kolumbianers. Der rollt sichtbar mit den Augen.
„Das kommt etwas darauf an, was du kannst.“