
Полная версия
Kritik der reinen Vernunft
3. Von der Synthesis der Rekognition im Begriffe
Ohne Bewußtsein, daß das, was wir denken, eben dasselbe sei, was wir einen Augenblick zuvor dachten, würde alle Reproduktion in der Reihe der Vorstellungen vergeblich sein. Denn es wäre eine neue Vorstellung im jetzigen Zustande, die zu dem Aktus, wodurch sie nach und nach hat erzeugt werden sollen, gar nicht gehörte, und das Mannigfaltige derselben würde immer kein Ganzes ausmachen, weil es der Einheit ermangelte, die ihm nur das Bewußtsein verschaffen kann. Vergesse ich im Zählen: daß die Einheiten, die mir jetzt vor Sinnen schweben, nach und nach zueinander von mir hinzugetan worden sind, so würde ich die Erzeugung der Menge, durch diese sukzessive Hinzutuung von Einem zu Einem, mithin auch nicht die Zahl erkennen; denn dieser Begriff besteht lediglich in dem Bewußtsein dieser Einheit der Synthesis.
Das Wort Begriff könnte uns schon von selbst zu dieser Bemerkung Anleitung geben. Denn dieses eine Bewußtsein ist es, was das Mannigfaltige, nach und nach Angeschaute, und dann auch Reproduzierte, in eine Vorstellung vereinigt. Dieses Bewußtsein kann oft nur schwach sein, so daß wir es nur in der Wirkung, nicht aber in dem Aktus selbst, d.i. unmittelbar mit der Erzeugung der Vorstellung verknüpfen: aber unerachtet dieser Unterschiede muß doch immer ein Bewußtsein angetroffen werden, wenn ihm gleich die hervorstechende Klarheit mangelt, und ohne dasselbe sind Begriffe, und mit ihnen Erkenntnis von Gegenständen ganz unmöglich.
Und hier ist es denn notwendig, sich darüber verständlich zu machen, was man denn unter dem Ausdruck eines Gegenstandes der Vorstellungen meine. Wir haben oben gesagt: daß Erscheinungen selbst nichts als sinnliche Vorstellungen sind, die an sich, in eben derselben Art, nicht als Gegenstände (außer der Vorstellungskraft) müssen angesehen werden. Was versteht man denn, wenn man von einem der Erkenntnis korrespondierenden, mithin auch davon unterschiedenen, Gegenstand redet? Es ist leicht einzusehen, daß dieser Gegenstand nur als etwas überhaupt = X müsse gedacht werden, weil wir außer unserer Erkenntnis doch nichts haben, welches wir dieser Erkenntnis als korrespondierend gegenübersetzen könnten.
Wir finden aber, daß unser Gedanke von der Beziehung aller Erkenntnis auf ihren Gegenstand etwas von Notwendigkeit bei sich führe, da nämlich dieser als dasjenige angesehen wird, was dawider ist, daß unsere Erkenntnisse nicht aufs Geratewohl, oder beliebig, sondern a priori auf gewisse Weise bestimmt seien, weil, indem sie sich auf einen Gegenstand beziehen sollen, sie auch notwendigerweise in Beziehung auf diesen untereinander übereinstimmen, d.i. diejenige Einheit haben müssen, welche den Begriff von einem Gegenstande ausmacht.
Es ist aber klar, daß, da wir es nur mit dem Mannigfaltigen unserer Vorstellungen zu tun haben, und jenes X, was ihnen korrespondiert (der Gegenstand), weil er etwas von allen unsern Vorstellungen Unterschiedenes sein soll, für uns nichts ist, die Einheit, welche der Gegenstand notwendig macht, nichts anderes sein könne, als die normale Einheit des Bewußtseins in der Synthesis des Mannigfaltigen der Vorstellungen. Alsdann sagen wir: wir erkennen den Gegenstand, wenn wir in dem Mannigfaltigen der Anschauung synthetische Einheit bewirkt haben. Diese ist aber unmöglich, wenn die Anschauung nicht durch eine solche Funktion der Synthesis nach einer Regel hat hervorgebracht werden können, welche die Reproduktion des Mannigfaltigen a priori notwendig und einen Begriff, in welchem dieses sich vereinigt, möglich macht. So denken wir uns einen Triangel als Gegenstand, indem wir uns der Zusammensetzung von drei geraden Linien nach einer Regel bewußt sind, nach welcher eine solche Anschauung jederzeit dargestellt werden kann. Diese Einheit der Regel bestimmt nun alles Mannigfaltige, und schränkt es auf Bedingungen ein, welche die Einheit der Apperzeption möglich machen, und der Begriff dieser Einheit ist die Vorstellung vom Gegenstande = X, den ich durch die gedachten Prädikate eines Triangels denke.
Alles Erkenntnis erfordert einen Begriff, dieser mag nun so unvollkommen, oder so dunkel sein, wie er wolle: dieser aber ist seiner Form nach jederzeit etwas Allgemeines, und was zur Regel dient. So dient der Begriff vom Körper nach der Einheit des Mannigfaltigen, welches durch ihn gedacht wird, unserer Erkenntnis äußerer Erscheinungen zur Regel. Eine Regel der Anschauungen kann er aber nur dadurch sein: daß er bei gegebenen Erscheinungen die notwendige Reproduktion des Mannigfaltigen derselben, mithin die synthetische Einheit in ihrem Bewußtsein, vorstellt. So macht der Begriff des Körpers, bei der Wahrnehmung von etwas außer uns, die Vorstellung der Ausdehnung, und mit ihr die der Undurchdringlichkeit, der Gestalt usw. notwendig.
Aller Notwendigkeit liegt jederzeit eine transzendentale Bedingung zum Grunde. Also muß ein transzendentaler Grund der Einheit des Bewußtseins, in der Synthesis des Mannigfaltigen aller unserer Anschauungen, mithin auch, der Begriffe der Objekte überhaupt, folglich auch aller Gegenstände, der Erfahrung, angetroffen werden, ohne welchen es unmöglich wäre, zu unseren Anschauungen irgendeinen Gegenstand zu denken: denn dieser ist nichts mehr, als das Etwas, davon der Begriff eine solche Notwendigkeit der Synthesis ausdrückt.
Diese ursprüngliche und transzendentale Bedingung ist nun keine andere, als die transzendentale Apperzeption. Das Bewußtsein seiner selbst, nach den Bestimmungen unseres Zustandes, bei der inneren Wahrnehmung ist bloß empirisch, jederzeit wandelbar, es kann kein stehendes oder bleibendes Selbst in diesem Flusse innerer Erscheinungen geben, und wird gewöhnlich der innere Sinn genannt, oder die empirische Apperzeption. Das was notwendig als numerisch identisch vorgestellt werden soll, kann nicht als ein solches durch empirische Data gedacht werden. Es muß eine Bedingung sein, die vor aller Erfahrung vorhergeht, und diese selbst möglich macht, welche eine solche transzendentale Voraussetzung geltend machen soll.
Nun können keine Erkenntnisse in uns stattfinden, keine Verknüpfung und Einheit derselben untereinander, ohne diejenige Einheit des Bewußtseins, welche vor allen Datis der Anschauungen vorhergeht, und, worauf in Beziehung, alle Vorstellung von Gegenständen allein möglich ist. Dieses reine ursprüngliche, unwandelbare Bewußtsein will ich nun die transzendentale Apperzeption nennen. Daß sie diesen Namen verdiene, erhellt schon daraus: daß selbst die reinste objektive Einheit, nämlich die der Begriffe a priori (Raum und Zeit) nur durch Beziehung der Anschauungen auf sie möglich sein. Die numerische Einheit dieser Apperzeption liegt also a priori allen Begriffen ebensowohl zum Grunde, als die Mannigfaltigkeit des Raumes und der Zeit den Anschauungen der Sinnlichkeit.
Eben diese transzendentale Einheit der Apperzeption macht aber aus allen möglichen Erscheinungen, die immer in einer Erfahrung beisammen sein können, einen Zusammenhang aller dieser Vorstellungen nach Gesetzen. Denn diese Einheit des Bewußtseins wäre unmöglich, wenn nicht das Gemüt in der Erkenntnis des Mannigfaltigen sich der Identität der Funktion bewußt werden könnte, wodurch sie dasselbe synthetisch in einer Erkenntnis verbindet. Also ist das ursprüngliche und notwendige Bewußtsein der Identität seiner selbst zugleich ein Bewußtsein einer ebenso notwendigen Einheit der Synthesis aller Erscheinungen nach Begriffen, d.i. nach Regeln, die sie nicht allein notwendig reproduzibel machen, sondern dadurch auch ihrer Anschauung einen Gegenstand bestimmen, d.i. den Begriff von etwas, darin sie notwendig zusammenhängen: denn das Gemüt konnte sich unmöglich die Identität seiner selbst in der Mannigfaltigkeit seiner Vorstellungen und zwar a priori denken, wenn es nicht die Identität seiner Handlung vor Augen hätte, welche alle Synthesis der Apprehension (die empirisch ist) einer transzendentalen Einheit unterwirft, und ihren Zusammenhang nach Regeln a priori zuerst möglich macht. Nunmehro werden wir auch unsere Begriffe von einem Gegenstande überhaupt richtiger bestimmen können. Alle Vorstellungen haben, als Vorstellungen, ihren Gegenstand, und können selbst wiederum Gegenstände anderer Vorstellungen sein. Erscheinungen sind die einzigen Gegenstände, die uns unmittelbar gegeben werden können, und das, was sich darin unmittelbar auf den Gegenstand bezieht, heißt Anschauung. Nun sind aber diese Erscheinungen nicht Dinge an sich selbst, sondern selbst nur Vorstellungen, die wiederum ihren Gegenstand haben, der also von uns nicht mehr angeschaut werden kann, und daher der nichtempirische, d.i. transzendentale Gegenstand = X genannt werden mag.
Der reine Begriff von diesem transzendentalen Gegenstande, (der wirklich bei allen unsern Erkenntnissen immer einerlei = X ist,) ist das, was in allen unseren empirischen Begriffen überhaupt Beziehung auf einen Gegenstand, d.i. objektive Realität verschaffen kann. Dieser Begriff kann nun gar keine bestimmte Anschauung enthalten, und wird also nichts anderes, als diejenige Einheit betreffen, die in einem Mannigfaltigen der Erkenntnis angetroffen werden muß, sofern es in Beziehung auf einen Gegenstand steht. Diese Beziehung aber ist nichts anderes, als die notwendige Einheit des Bewußtseins, mithin auch der Synthesis des Mannigfaltigen durch gemeinschaftliche Funktion des Gemüts, es in einer Vorstellung zu verbinden. Da nun diese Einheit als a priori notwendig angesehen werden muß, (weil die Erkenntnis sonst ohne Gegenstand sein würde) so wird die Beziehung auf einen transzendentalen Gegenstand d.i. die objektive Realität unserer empirischen Erkenntnis, auf dem transzendentalen Gesetze beruhen, daß alle Erscheinungen, sofern uns dadurch Gegenstände gegeben werden sollen, unter Regeln a priori der synthetischen Einheit derselben stehen müssen, nach welchen ihr Verhältnis in der empirischen Anschauung allein möglich ist, d.i. daß sie ebensowohl in der Erfahrung unter Bedingungen der notwendigen Einheit der Apperzeption, als in der bloßen Anschauung unter den formalen Bedingungen des Raumes und der Zeit stehen müssen, ja daß durch jene jede Erkenntnis allererst möglich werde.
4. Vorläufige Erklärung der Möglichkeit der Kategorien, als Erkenntnissen a priori
Es ist nur eine Erfahrung, in welcher alle Wahrnehmungen als im durchgängigen und gesetzmäßigen Zusammenhange vorgestellt werden: ebenso, wie nur ein Raum und Zeit ist, in welcher alle Formen der Erscheinung und alles Verhältnis des Seins oder Nichtseins stattfinden. Wenn man von verschiedenen Erfahrungen spricht, so sind es nur so viel Wahrnehmungen, sofern solche zu einer und derselben allgemeinen Erfahrung gehören. Die durchgängige und synthetische Einheit der Wahrnehmungen macht nämlich gerade die Form der Erfahrung aus, und sie ist nichts anderes, als die synthetische Einheit der Erscheinungen nach Begriffen.
Einheit der Synthesis nach empirischen Begriffen würde ganz zufällig sein und, gründeten diese sich nicht auf einen transzendentalen Grund der Einheit, so würde es möglich sein, daß ein Gewühle von Erscheinungen unsere Seele anfüllte, ohne daß doch daraus jemals Erfahrung werden könnte. Alsdann fiele aber auch alle Beziehung der Erkenntnis auf Gegenstände weg, weil ihr die Verknüpfung nach allgemeinen und notwendigen Gesetzen mangelte, mithin würde sie zwar gedankenlose Anschauung, aber niemals Erkenntnis, also für uns soviel als gar nichts sein.
Die Bedingungen a priori einer möglichen Erfahrung überhaupt sind zugleich Bedingungen der Möglichkeit der Gegenstände der Erfahrung. Nun behaupte ich: die eben angeführten Kategorien sind nichts anderes, als die Bedingungen des Denkens in einer möglichen Erfahrung, sowie Raum und Zeit die Bedingungen der Anschauung zu eben derselben enthalten. Also sind jene auch Grundbegriffe, Objekte überhaupt zu den Erscheinungen zu denken, und haben also a priori objektive Gültigkeit; welches dasjenige war, was wir eigentlich wissen wollten.
Die Möglichkeit aber, ja sogar die Notwendigkeit dieser Kategorien beruht auf der Beziehung, welche die gesamte Sinnlichkeit, und mit ihr auch alle möglichen Erscheinungen, auf die ursprüngliche Apperzeption haben, in welcher alles notwendig den Bedingungen der durchgängigen Einheit des Selbstbewußtseins gemäß sein, d.i. unter allgemeinen Funktionen der Synthesis stehen muß, nämlich der Synthesis nach Begriffen, als worin die Apperzeption allein ihre durchgängige und notwendige Identität a priori beweisen kann. So ist der Begriff einer Ursache nichts anderes, als eine Synthesis (dessen, was in der Zeitreihe folgt, mit anderen Erscheinungen,) nach Begriffen, und ohne dergleichen Einheit, die ihre Regel a priori hat, und die Erscheinungen sich unterwirft, würde durchgängige und allgemeine, mithin notwendige Einheit des Bewußtseins, in dem Mannigfaltigen der Wahrnehmungen, nicht angetroffen werden. Diese würden aber alsdann auch zu keiner Erfahrung gehören, folglich ohne Objekt, und nichts als ein blinden Spiel der Vorstellungen, d.i. weniger, als ein Traum sein.
Alle Versuche, jene reinen Verstandesbegriffe von der Erfahrung abzuleiten, und ihnen einen bloß empirischen Ursprung zuzuschreiben, sind also ganz eitel und vergeblich. Ich will davon nichts erwähnen, daß z.E. der Begriff einer Ursache den Zug von Notwendigkeit bei sich führt, welche gar keine Erfahrung geben kann, die uns zwar lehrt: daß auf eine Erscheinung gewöhnlichermaßen etwas anderes folge, aber nicht, daß es notwendig darauf folgen müsse, noch daß a priori und ganz allgemein daraus als einer Bedingung auf die Folge könne geschlossen werden. Aber jene empirische Regel der Assoziation, die man doch durchgängig annehmen muß, wenn man sagt: daß alles in der Reihenfolge der Begebenheiten dermaßen unter Regeln stehe, daß niemals etwas geschieht, vor welchem nicht etwas vorhergehe, darauf es jederzeit folge: dieses, als ein Gesetz der Natur, worauf beruht es, frage ich? und wie ist selbst diese Assoziation möglich? Der Grund der Möglichkeit der Assoziation des Mannigfaltigen, sofern es im Objekte liegt, heißt die Affinität des Mannigfaltigen. Ich frage also, wie macht ihr euch die durchgängige Affinität der Erscheinungen, (dadurch sie unter beständigen Gesetzen stehen, und darunter gehören müssen,) begreiflich?
Nach meinen Grundsätzen ist sie sehr wohl begreiflich. Alle möglichen Erscheinungen gehören, als Vorstellungen, zu dem ganzen möglichen Selbstbewußtsein. Von diesem aber, als einer transzendentalen Vorstellung, ist die numerische Identität unzertrennlich, und a priori gewiß, weil nichts in das Erkenntnis kommen kann, ohne vermittels dieser ursprünglichen Apperzeption. Da nun diese Identität notwendig in der Synthesis alles Mannigfaltigen der Erscheinungen, sofern sie empirische Erkenntnis werden soll, hineinkommen muß, so sind die Erscheinungen Bedingungen a priori unterworfen, welchen ihre Synthesis (der Apprehension) durchgängig gemäß sein muß. Nun heißt aber die Vorstellung einer allgemeinen Bedingung, nach welcher ein gewisses Mannigfaltige, (mithin auf einerlei Art) gesetzt werden kann, eine Regel, und wenn es so gesetzt werden muß, ein Gesetz. Also stehen alle Erscheinungen in einer durchgängigen Verknüpfung nach notwendigen Gesetzen, und mithin in einer transzendentalen Affinität, woraus die empirische die bloße Folge ist.
Daß die Natur sich nach unserem subjektiven Grunde der Apperzeption richten, ja gar davon in Ansehung ihrer Gesetzmäßigkeit abhängen solle, lautet wohl sehr widersinnig und befremdlich. Bedenkt man aber, daß diese Natur an sich nichts als ein Inbegriff von Erscheinungen, mithin kein Ding an sich, sondern bloß eine Menge von Vorstellungen des Gemüts sei, so wird man sich nicht wundern, sie bloß in dem Radikalvermögen aller unserer Erkenntnis, nämlich der transzendentalen Apperzeption, in derjenigen Einheit zu sehen, um derentwillen allein sie Objekt aller möglichen Erfahrung, d.i. Natur heißen kann; und daß wir auch eben darum diese Einheit a priori, mithin auch als notwendig erkennen können, welches wir wohl müßten unterwegs lassen, wäre sie unabhängig von den ersten Quellen unseres Denkens an sich gegeben. Denn da wüßte ich nicht, wo wir die synthetischen Sätze einer solchen allgemeinen Natureinheit hernehmen sollten, weil man sie auf solchen Fall von den Gegenständen der Natur selbst entlehnen müßte. Da dieses aber nur empirisch geschehen könnte: so würde daraus keine andere, als bloß zufällige Einheit gezogen werden können, die aber bei weitem an den notwendigen Zusammenhang nicht reicht, den man meint, wenn man Natur nennt.
Der Deduktion der reinen Verstandesbegriffe
Dritter Abschnitt
Von dem Verhältnisse des Verstandes zu Gegenständen überhaupt und der
Möglichkeit diese a priori zu erkennen
Was wir im vorigen Abschnitte abgesondert und einzeln vortrugen, wollen wir jetzt vereinigt und im Zusammenhange vorstellen. Es sind drei subjektive Erkenntnisquellen, worauf die Möglichkeit einer Erfahrung überhaupt, und Erkenntnis der Gegenstände derselben beruht: Sinn, Einbildungskraft und Apperzeption; jede derselben kann als empirisch, nämlich in der Anwendung auf gegebene Erscheinungen betrachtet werden, alle aber sind auch Elemente oder Grundlagen a priori, welche selbst diesen empirischen Gebrauch möglich machen. Der Sinn stellt die Erscheinungen empirisch in der Wahrnehmung vor, die Einbildungskraft in der Assoziation (und Reproduktion), die Apperzeption in dem empirischen Bewußtsein der Identität dieser reproduktiven Vorstellungen mit den Erscheinungen, dadurch sie gegeben waren, mithin in der Rekognition.
Es liegt aber der sämtlichen Wahrnehmung die reine Anschauung (in Ansehung ihrer als Vorstellungen die Form der inneren Anschauung, die Zeit,) der Assoziation die reine Synthesis der Einbildungskraft, und dein empirischen Bewußtsein die reine Apperzeption, d.i. die durchgängige Identität seiner selbst bei allen möglichen Vorstellungen, a priori zum Grunde.
Wollen wir nun den inneren Grund dieser Verknüpfung der Vorstellungen bis auf denjenigen Punkt verfolgen, in welchem sie alle zusammenlaufen müssen, um darin allererst Einheit der Erkenntnis zu einer möglichen Erfahrung zu bekommen, so müssen wir von der reinen Apperzeption anfangen. Alle Anschauungen sind für uns nichts, und gehen uns nicht im mindesten etwas an, wenn sie nicht ins Bewußtsein aufgenommen werden können, sie mögen nun direkt oder indirekt darauf einfließen, und nur durch dieses allein ist Erkenntnis möglich. Wir sind uns a priori der durchgängigen Identität unserer selbst in Ansehung aller Vorstellungen, die zu unserem Erkenntnis jemals gehören können, bewußt, als einer notwendigen Bedingung der Möglichkeit aller Vorstellungen, (weil diese in mir doch nur dadurch etwas vorstellen, daß sie mit allem anderen zu einem Bewußtsein gehören, mithin darin wenigstens müssen verknüpft werden können). Dies Prinzip steht a priori fest, und kann das transzendentale Prinzip der Einheit alles Mannigfaltigen unserer Vorstellungen (mithin auch in der Anschauung), heißen. Nun ist die Einheit des Mannigfaltigen in einem Subjekt synthetisch: also gibt die reine Apperzeption ein Prinzipium der synthetischen Einheit des Mannigfaltigen in aller möglichen Anschauung an die Hand5.
Diese synthetische Einheit setzt aber eine Synthesis voraus, oder schließt sie ein, und soll jene a priori notwendig sein, so muß letztere auch eine Synthesis a priori sein. Also bezieht sich die transzendentale Einheit der Apperzeption auf die reine Synthesis der Einbildungskraft, als eine Bedingung a priori der Möglichkeit aller Zusammensetzung des Mannigfaltigen in einer Erkenntnis. Es kann aber nur die produktive Synthesis der Einbildungskraft a priori stattfinden, denn die reproduktive beruht auf Bedingungen der Erfahrung. Also ist das Prinzipium der notwendigen Einheit der reinen (produktiven) Synthesis der Einbildungskraft vor der Apperzeption der Grund der Möglichkeit aller Erkenntnis, besonders der Erfahrung.
Nun nennen wir die Synthesis des Mannigfaltigen in der Einbildungskraft transzendental, wenn ohne Unterschied der Anschauungen sie auf nichts, als bloß auf die Verbindung des Mannigfaltigen a priori geht, und die Einheit dieser Synthesis heißt transzendental, wenn sie in Beziehung auf die ursprüngliche Einheit der Apperzeption, als a priori notwendig vorgestellt wird. Da diese letztere nun der Möglichkeit aller Erkenntnisse zum Grunde liegt, so ist die transzendentale Einheit der Synthesis der Einbildungskraft die reine Form aller möglichen Erkenntnis, durch welche mithin alle Gegenstände möglicher Erfahrung a priori vorgestellt werden müssen.
Die Einheit der Apperzeption in Beziehung auf die Synthesis der Einbildungskraft ist der Verstand, und eben dieselbe Einheit, beziehungsweise auf die transzendentale Synthesis der Einbildungskraft, der reine Verstand. Also sind im Verstande reine Erkenntnisse a priori, welche die notwendige Einheit der reinen Synthesis der Einbildungskraft, in Ansehung aller möglichen Erscheinungen, enthalten. Dieses sind aber die Kategorien, d.i. reine Verstandesbegriffe, folglich enthält die empirische Erkenntniskraft des Menschen notwendig einen Verstand, der sich auf alle Gegenstände der Sinne, obgleich nur vermittelst der Anschauung, und der Synthesis derselben durch Einbildungskraft bezieht, unter welchen also alle Erscheinungen, als Data zu einer möglichen Erfahrung stehen. Da nun diese Beziehung der Erscheinungen auf mögliche Erfahrung ebenfalls notwendig ist, (weil wir ohne diese gar keine Erkenntnis durch sie bekommen würden, und sie uns mithin gar nichts angingen) so folgt, daß der reine Verstand, vermittelst der Kategorien, ein formales und synthetischen Prinzipium aller Erfahrungen sei, und die Erscheinungen eine notwendige Beziehung auf den Verstand haben.
Jetzt wollen wir den notwendigen Zusammenhang des Verstandes mit den Erscheinungen vermittelst der Kategorien dadurch vor Augen legen, daß wir von unten auf, nämlich dem Empirischen anfangen. Das Erste, was uns gegeben wird, ist Erscheinung, welche, wenn sie mit Bewußtsein verbunden ist, Wahrnehmung heißt, (ohne das Verhältnis zu einem, wenigstens möglichen Bewußtsein, würde Erscheinung für uns niemals ein Gegenstand der Erkenntnis werden können, und also für uns nichts sein, und weil sie an sich selbst keine objektive Realität hat, und nur im Erkenntnisse existiert, überall nichts sein). Weil aber jede Erscheinung ein Mannigfaltiges enthält, mithin verschiedene Wahrnehmungen im Gemüte an sich zerstreut und einzeln angetroffen werden, so ist eine Verbindung derselben nötig, welche sie in dem Sinne selbst nicht haben können. Es ist also in uns ein tätiges Vermögen der Synthesis dieses Mannigfaltigen, welches wir Einbildungskraft nennen, und deren unmittelbar an den Wahrnehmungen ausgeübte Handlung ich Apprehension nenne6. Die Einbildungskraft soll nämlich das Mannigfaltige der Anschauung in ein Bild bringen, vorher muß sie also die Eindrücke in ihre Tätigkeit aufnehmen, d.i. apprehendieren.
Es ist aber klar, daß selbst diese Apprehension des Mannigfaltigen allein noch kein Bild und keinen Zusammenhang der Eindrücke hervorbringen würde, wenn nicht ein subjektiver Grund da wäre, eine Wahrnehmung, von welcher das Gemüt zu einer anderen übergegangen, zu den nachfolgenden herüberzurufen, und so ganze Reihen derselben darzustellen, d.i. ein reproduktives Vermögen der Einbildungskraft, welches denn auch nur empirisch ist.
Weil aber, wenn Vorstellungen, sowie sie zusammengeraten, einander ohne Unterschied reproduzierten, wiederum kein bestimmter Zusammenhang derselben, sondern bloß regellose Haufen derselben, mithin gar kein Erkenntnis entspringen würde, so muß die Reproduktion derselben eine Regel haben, nach welcher eine Vorstellung vielmehr mit dieser, als einer anderen in der Einbildungskraft in Verbindung tritt. Diesen subjektiven und empirischen Grund der Reproduktion nach Regeln nennt man die Assoziation der Vorstellungen.
Würde nun aber diese Einheit der Assoziation nicht auch einen objektiven Grund haben, so daß es unmöglich wäre, daß Erscheinungen von der Einbildungskraft anders apprehendiert würden, als unter der Bedingung einer möglichen synthetischen Einheit dieser Apprehension, so würde es auch etwas ganz Zufälliges sein, daß sich Erscheinungen in einen Zusammenhang der menschlichen Erkenntnisse schickten. Denn, ob wir gleich das Vermögen hätten, Wahrnehmungen zu assoziieren, so bliebe es doch an sich ganz unbestimmt und zufällig, ob sie auch assoziabel wären; und in dem Falle, daß sie es nicht wären, so würde eine Menge Wahrnehmungen, und auch wohl eine ganze Sinnlichkeit möglich sein, in welcher viel empirisches Bewußtsein in meinem Gemüte anzutreffen wäre, aber getrennt, und ohne daß es zu einem Bewußtsein meiner selbst gehörte, welches aber unmöglich ist. Denn nur dadurch, daß ich alle Wahrnehmungen zu einem Bewußtsein (der ursprünglichen Apperzeption) zähle, kann ich bei allen Wahrnehmungen sagen: daß ich mir ihrer bewußt sei. Es muß also ein objektiver, d.i. vor allen empirischen Gesetzen der Einbildungskraft a priori einzusehender Grund sein, worauf die Möglichkeit, ja sogar die Notwendigkeit eines durch alle Erscheinungen sich erstreckenden Gesetzes beruht, sie nämlich durchgängig als solche Data der Sinne, anzusehen, welche an sich assoziabel, und allgemeinen Regeln einer durchgängigen Verknüpfung in der Reproduktion unterworfen sind. Diesen objektiven Grund aller Assoziation der Erscheinungen nenne ich die Affinität derselben. Diesen können wir aber nirgends anders, als in dem Grundsatze von der Einheit der Apperzeption, in Ansehung aller Erkenntnisse, die mir angehören sollen, antreffen. Nach diesem müssen durchaus alle Erscheinungen, so ins Gemüt kommen, oder apprehendiert werden, daß sie zur Einheit der Apperzeption zusammenstimmen, welches, ohne synthetische Einheit in ihrer Verknüpfung, die mithin auch objektiv notwendig ist, unmöglich sein würde.